Von: APA/dpa
Auf der COP29 haben sich Dutzende Entwicklungsländer und von der Klimakrise bedrohte Inselstaaten mit milliardenschweren Geldforderungen an die Industrieländer gewandt. Allein die Allianz kleiner Inselstaaten – vom Anstieg des Meeresspiegels und häufigeren Stürmen teils existenziell gefährdet – pocht auf eine jährliche Klimahilfe von mindestens 39 Milliarden US-Dollar, wie ihr Vorsitzender Cedric Schuster, der Umweltminister Samoas, auf dem UNO-Gipfel in Aserbaidschan sagte.
An die Vertreter der 200 Staaten dort appellierte Schuster, weiter für ehrgeizigen Klimaschutz zu kämpfen: “Schützt Leben, nicht die Profite aus fossilen Energien!” Die Gruppe der 45 am wenigsten entwickelten Staaten, vor allem aus Afrika und Lateinamerika, erwartet ebenfalls neue, zusätzliche und leicht zugängliche Klimahilfen, wie ihr Vorsitzender Evans Njewa betonte, der Umweltminister Malawis. Dabei gehe es um Zuschüsse aus staatlichen Geldern, und nicht um Darlehen, die die hohe Schuldenlast vieler Entwicklungsstaaten nur erhöhten. Allein seine Staatengruppe erwartet für sich bis 2030 mindestens eine Billion US-Dollar.
Auf der UNO-Konferenz in Baku, die planmäßig am 22. November endet, haben alle Entwicklungsländer zusammen gefordert, dass die Industriestaaten künftig mindestens 1.300 Milliarden US-Dollar pro Jahr an Klimafinanzierung mobilisieren – 13 Mal mehr als derzeit. Die EU-Staaten erkennen zwar grundsätzlich an, dass mehr Geld fließen muss. Sie wollen aber, dass auch Länder wie China oder die Golfstaaten beitragen. Bisher gelten sie nach einer 30 Jahre alten UNO-Festlegung aber als Entwicklungsstaaten – und damit als Empfängerländer.
Im Zusammenhang mit der ungelösten Klimafinanzierung sind die G7-Staaten jedenfalls mit dem Negativpreis “Fossil des Tages” ausgezeichnet worden. Zur Begründung hieß es, die Staatengruppe sei angereist, ohne konkrete Zusagen für aufgestockten Finanzhilfen an ärmere Staaten im Gepäck zu haben. Verliehen wird der Preis vom Climate Action Network, einer Dachorganisation von Hunderten Klima- und Umweltorganisationen – darunter Greenpeace oder Oxfam.
An mehreren Tagen der Klimakonferenz wird er in einer humoristischen Zeremonie samt dramatischer “Fossil of the Day”-Hymne unter Buhrufen präsentiert. Die G7-Staaten – also die USA, Deutschland, Kanada, Frankreich, Japan, Italien und Großbritannien – würden Fortschritte auf dem Weg zum 1,5-Grad-Ziel blockieren – und damit auch nicht verhindern, “dass wir uns den Dinosauriern anschließen und aussterben”, hieß es in der Begründung. Gemeint ist das international vereinbarte Ziel, mit dem die schlimmsten Folgen der Klimakrise verhindert werden sollen.
Mehr Einsatz bräuchte es auch bei der Vermeidung von Treibhausgasen: Ein High-Tech-System zum Klimaschutz, das große Methanlecks bei der Öl- und Gasproduktion aufspürt, hat in den vergangenen zwei Jahren 1.200 Warnmeldungen an Regierungen und Konzerne übermittelt – aber nach neuen Daten des UNO-Umweltprogramms (UNEP) wurde nur in jedem hundertsten Fall darauf reagiert. Das sei enttäuschend, sagte UNEP-Exekutivdirektorin Inger Andersen in Baku. Denn die Lecks, aus denen das extrem schädliche Treibhausgas entweicht, könnten oft mit einfachen Reparaturen gestopft werden. Es gehe im wahrsten Sinne oft nur darum, “einfach ein paar Schrauben fester anzuziehen”, hieß es vonseiten des UNO-Umweltprogramms.
Kritik gab es auch an der UNO. In einem offenen Brief an deren Klimachef Simon Stiell hieß es, die UNO müsste strenge Zulassungskriterien anwenden, um Länder als Gastgeber auszuschließen, die die einmütig beschlossene Abkehr von Kohle, Öl und Gas nicht unterstützen. Hintergrund ist unter anderem eine Rede des aserbaidschanischen Staatschefs Ilham Aliyev auf der COP29, in der er die klimaschädlichen Energieträger Öl und Gas als “Geschenk Gottes” pries. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem Sandrine Dixson-Declève, globale Botschafterin des Club of Rome, Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung sowie der ehemalige UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon.
Was die pro-fossilen Gäste der COP29 betrifft, so sind nach einer Datenanalyse mindestens 1.773 Lobbyisten der Öl-, Gas und Kohleindustrie ganz offiziell beim UNO-Treffen in Aserbaidschan akkreditiert. Das gab die Koalition “Kick Big Polluters Out” in Baku bekannt, die unter anderem von den Organisationen Transparency International, Global Witness, Greenpeace und dem Climate Action Network getragen wird. Auf der letztjährigen Klimakonferenz in Dubai waren laut der damaligen Analyse sogar mehr als 2.450 Fossil-Lobbyisten akkreditiert – ein Rekord. Davor, in Ägypten, waren es 636. Eine Erklärung könnte auch die schwankende Gesamtzahl der Teilnehmer sein: Heuer liegt sie in Baku mit gut 52.000 deutlich unter der von Dubai mit rund 97.000 Teilnehmern.
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