Plenarsitzung des Südtiroler Landtags

Institutionelle Punkte; Rentenlücke von Frauen, Anpassung des Pflegegeldes

Dienstag, 07. Mai 2024 | 20:09 Uhr

Von: ka

Bozen – Der Verwaltungsrat für das Büro für politische Bildung und Bürgerbeteiligung wurde namhaft gemacht; Anträge von Grünen und PD.

Aufgrund der Bestimmungen zur „Par Condicio” beschränkt sich die Berichterstattung in der Vorwahlzeit der Europawahlen auf die wesentlichen Inhalte und verzichtet auf Namen der Kandidierenden. Die Arbeiten im Plenum werden jedoch wie üblich live auf www.landtag-bz.org und auf dem YouTube-Kanal des Landtages übertragen.

Nach der Aktuellen Fragestunde wurde die Landtagssitzung am Dienstagnachmittag mit der Behandlung der institutionellen Punkte fortgesetzt:

Namhaftmachung des Verwaltungsrates für das Büro für politische Bildung und Bürgerbeteiligung (Artikel 24 Absatz 5 des Landesgesetzes vom 3. Dezember 2018, Nr. 22): Als Mitglieder vorgeschlagen wurden die Landtagsabgeordneten Zimmerhofer, A. Ploner, Foppa, Scarafoni, Gennaccaro, Widmann, Wirth Anderlan, Repetto, Holzeisen, Bianchi, Mair und Deeg. Der Vorschlag wurde mit 29 Ja angenommen.

Namhaftmachung des wissenschaftlichen Beirates für das Büro für politische Bildung und Bürgerbeteiligung (Artikel 24 Absatz 5 des Landesgesetzes vom 3. Dezember 2018, Nr. 22): Die SVP beantragte eine Vertagung dieses Tagesordnungspunktes auf Donnerstag; dem Antrag wurde stattgegeben.

Es folgte die der Opposition vorbehaltene Zeit, in der zunächst der Beschlussantrag Nr. 26/24 Gegen die Rentenlücke von Frauen (eingebracht von den Grünen am 18.01.2024) behandelt wurde: Der Landtag möge die Landesregierung beauftragen, 1. das Thema der Rentenlücken von Frauen als gesamtgesellschaftliches Problem anzusehen und dafür verstärkt zu sensibilisieren; 2. ein Finanzierungsmodell auszuarbeiten, das jene Familien und Partnerschaften unterstützt, die nachweisen können, dass sie in der Phase der Familiengründung/der Kinderbetreuung/der Pflege keine:n der beiden Partner:innen finanziell benachteiligen (Beispiel: Ausgleich des Einkommensverlustes bei geteilter Teilzeit beider Elternteile oder mehrerer pflegender Personen).

Die Süd-Tiroler Freiheit bemängelte u.a. Punkt 2 des beschließenden Teils, dieser sei ideologisch. Man wünsche sich ein Modell, in dem sich jede Familie frei entscheiden dürfe. Man solle jene Männer und Frauen belohnen, die sich bewusst für die Erziehung der Kinder oder die Pflege von Familienmitgliedern entscheiden würden

PD – Demokratische Partei erklärte, man werde den Antrag unterstützen und erinnerte u.a. daran, dass dem Art. 6 des Autonomiestatuts zufolge die Region im Bereich Vorsorge eingreifen könne; das Land habe dies etwa genutzt, um die sogenannte Hausfrauenrente einzuführen. Renten seien aber immer niedrig, man sollte viel mehr bei der Begünstigung von Unternehmen ansetzen, die Elternzeit unterstützten. Aber alle Maßnahmen für Förderungen seien natürlich zu begrüßen.

Südtiroler Landtag/Werth

Die SVP unterstrich u.a., dass die Zuständigkeit für Renten nicht im Land liege, und dass – das betreffe insbesondere Punkt 2 des beschließenden Teils – es auf regionaler Ebene ein System gebe, das darauf abziele, Erziehungs- und Pflegezeiten abzufedern. Die Abgeordnete erkundigte sich bei der Antragseinbringerin, wie das Finanzierungsmodell laut Beschlussantrag aussehen solle. Man müsse das Thema seriös behandeln.
Die Freie Fraktion sagte u.a., die beschließenden Punkte seien klar, es gehe um echte Wahlfreiheit – diese gebe es nur, wenn man von der öffentlichen Hand eine Unterstützung bekomme für die Jahre die “verloren” gingen. Wenn die Kompetenzen nicht im Land lägen, gelte es, die Spielräume zu nutzen. Die Landesregierung solle ein Finanzierungsmodell ausarbeiten – so verstehe und lese die Freie Fraktion den Beschlussantrag, deshalb verstehe er einige seiner Vorredner nicht.

Die Grünen unterstrichen u.a. abermals den deutlichen Rentenunterschied zwischen Frauen – 869 Euro pro Monat – und Männern – 1.626 Euro. Es gebe eine riesige Lücke in der Altersversorgung zwischen den Geschlechtern, hier gelte es etwas zu tun. Man dürfe die Familien nicht allein lassen, sondern die öffentliche Hand müsse intervenieren.

Die Süd-Tiroler Freiheit verwies u.a. auf ein “Kapitalversagen” der Familienpolitik der vergangenen Jahrzehnte. Die Familien müssten gestärkt werden, jedem Elternteil müsse freigestellt sein, zu Hause bei den Kindern zu bleiben, ohne dass es Nachteile bei den Renten gebe.
Das Team K sagte u.a., es sei klar, dass man bei dem Thema seriös bleiben müsse, aber auch, dass sich die Rentenlücke aufgrund des beitragsbezogenen Systems in Zukunft noch vergrößern werde. Man müsse alles dafür tun, die Frauen für diese Problematik zu sensibilisieren. Und man müsse schauen, was man hier im Land tun könne. Etwa die Löhne der öffentlichen Bediensteten auf einen Normalstand bringen, sodass die Privatwirtschaft nachziehe – eine Folge davon seien ordentliche Renten. Das Team K erinnerte auch an die vielen Frauen in Südtirol, die “schwarzarbeiten”, und die Gründe dafür.

JWA Wirth Anderlan schickte voraus, dass der Antrag sinnvoll und nützlich sei – Punkt 1 des beschließenden Teils könne man zustimmen. Punkt 2 aber würde Einschränkungen vorsehen, deshalb stimme man diesem nicht zu.
Die Süd-Tiroler Freiheit erklärte u.a., dass Mütter, die mit Überzeugung bei ihren Kindern zu Hause blieben, würden diese in die Kinder investierte Zeit auch im Altern nicht missen wollten. Doch diese würden vom System benachteiligt. Es gebe Mütter, die gerne bei ihren Kindern daheimbleiben würden, doch dies aus verschiedenen Gründen nicht möglich sei. Diese Lücke müsse geschlossen werden.
Die SVP bestätigte u.a., dass die Rentenlücke künftig größer werden werde – der Grund dafür sei, dass häufig Mütter bei den Kindern zu Hause blieben oder in Teilzeit arbeiteten. Das Teilzeitangebot sei in diesem Sinne eine Teilzeitfalle, die zu einer Armutsfalle werde. Es gebe die Möglichkeit einer freiwilligen Weiterversicherung, für die es Beiträge gebe, das System der Elternzeit habe man in Südtirol ausgebaut mit dem Landesfamiliengeld+. Man müsse Frauen aufmerksam machen, auf das was man habe. Man habe die Spielräume, die man im Land habe, bereits gut genutzt. Punkt 1 würde sie vorschlagen, anzunehmen.

Die Grünen betonten u.a., es gehe im Antrag nicht darum, einem Elternteil etwas wegzunehmen, sondern dass die Kinder mehr von beiden hätten. Es gehe um mehr Freiheit für alle Arten von Familien. Es brauche dafür ein Finanzierungsmodell – und wenn die bisherigen Spielräume bereits ausgenutzt seien, dann gelte es, über neue Modelle nachzudenken.

Die Süd-Tiroler Freiheit wies u.a. darauf hin, dass Mütter, die in der Privatwirtschaft arbeiten, nach neun Monaten wieder arbeiten gehen sollten, Mütter, die bei der öffentlichen Hand arbeiten, aber dürften drei Jahre zu Hause bleiben. Dies sei eine Ungerechtigkeit.
Die zuständige Landesrätin sagte in ihrer Replik u.a., die Vereinbarkeit Familie-Beruf sei eine große Herausforderung für die Familien, aber auch für die Arbeitgeber und die Politik. Punkt 1 des beschließenden Teils beträfe die Sensibilisierung, diesbezüglich sei in der Vergangenheit bereits einiges angeboten worden; es sei weiterhin notwendig, zu sensibilisieren und zu informieren. Punkt 2 beträfe integrative Maßnahmen; die Beiträge zur freiwilligen Weiterversicherung seien eine solche – der Höchstbeitrag seien 18.000 Euro; dazu gebe es in den ersten drei Lebensjahren des Kindes das Landesfamiliengeld von 200 Euro oder das Landesfamiliengeld+. Die Landesrätin erinnerte auch an Gesetzesinitiativen von Südtiroler Parlamentariern. Die Mehrheit stimme dem Punkt 1 zu, Punkt 2 jedoch nicht.

Die Grünen erklärten u.a., sie hätten sich Zustimmung zu den Vorschlägen erwartet – allerdings dann auch die Frage, woher man das Geld für die Umsetzung nehmen solle. Doch so weit sei es nicht gekommen. Derzeit fördere man, dass eine Person – diese sei in der Regel die Frau – die Erziehung oder die Pflege übernehme; man schlage mit dem Beschlussantrag aber vor, ein partnerschaftliches Modell zu fördern.
Der Beschlussantrag Nr. 26/24 wurde getrennt nach Prämissen und einzelnen Punkten des beschließenden Teils abgestimmt: Die Prämissen und Punkt 2 wurden mehrheitlich abgelehnt, Punkt 1 wurde mit 33 Ja einstimmig angenommen.

Beschlussantrag Nr. 69/24 Anpassung des Pflegegeldes an die Gehälter der Hauspflegekräfte (eingebracht von PD – Demokratischer Partei am 11.04.2024): Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, A. im Laufe der derzeitigen Legislaturperiode für all jene, die einen regulären Arbeitsvertrag mit einer Hauspflegekraft abgeschlossen haben, eine finanzielle Aufwertung des Pflegegeldes vorzunehmen, bei welcher der Gehaltsanstieg der Hauspflegekräfte berücksichtigt wird; B. einen Investitionsplan für den Bau neuer Einrichtungen für geschütztes Wohnen für Senioren und von Altersheimen vorzulegen, mit dem Ziel, die Wartelisten innerhalb der laufenden Legislaturperiode um 50 Prozent zu reduzieren.

Die Arbeiten des Plenums werden morgen (Mittwoch, 8. Mai) ab 10 Uhr fortgesetzt.

Bezirk: Bozen