Von: APA/AFP/dpa
In ihrem seit hundert Tagen andauernden Krieg gegen die radikalislamische Hamas im Gazastreifen hat die israelische Armee weitere Erfolge gemeldet: Im Norden des von der Hamas kontrollierten Palästinensergebiets seien mehrere Raketenwerfer zerstört, im gesamten Gebiet seien weitere Ziele getroffen worden, meldete sie am Sonntag. Dazu gehörten demnach auch Ziele in der im Süden gelegenen Stadt Khan Younis. Die Hamas berichtete von Kämpfen mit israelischen Truppen in der Stadt.
Insgesamt seien in der Nacht mehr als hundert Menschen bei israelischen Angriffen getötet worden, erklärte die radikalislamische Palästinenserorganisation am Sonntag. Unterdessen traten Hunderte israelische Unternehmen am Sonntag als Zeichen der Solidarität mit mehr als 130 Geiseln im Gazastreifen in einen 100 Minuten langen Streik. Sie folgten damit einem Aufruf des Dachverbands der Gewerkschaften (Histadrut) am 100. Tag nach Beginn des Gazakriegs. Zu Beginn des Streiks schwiegen zum Zeichen der Verbundenheit Tausende von Teilnehmern einer Kundgebung von Angehörigen und Unterstützern der Geiseln 100 Sekunden lang.
Die Kundgebung in Tel Aviv sollte insgesamt 24 Stunden lang bis Sonntagabend dauern. Histadrut-Chef Arnon Ben-David sagte bei der Kundgebung: “Manchmal stehe ich morgens auf und frage mich: “Ist es wirklich passiert am 7. Oktober, ist es möglich, dass der Staat Israel diesen Zustand erreicht hat – dass Menschen aus ihren Häusern und ihren Betten entführt wurden? Dass Soldaten im Dienst getötet wurden?”
Israel befinde sich “mitten in einem schrecklichen Traum, und ich will aus diesem schrecklichen Traum aufwachen und ein neues Israel schaffen”, sagte er. “Wir streiken heute, um gemeinsam daran zu arbeiten, das Land Israel neu aufzubauen. Wir werden alles wieder aufbauen, was sie versucht haben zu zerstören, und es besser machen.”
Nach Schätzung Israels werden noch 136 Geiseln im Gazastreifen festgehalten, die Terroristen der islamistischen Hamas und anderer Gruppierungen am 7. Oktober bei einem Massaker im israelischen Grenzgebiet verschleppt hatten. Etwa zwei Dutzend davon sind vermutlich nicht mehr am Leben. Am Sonntag forderte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) auf der Online-Plattform X in einem Post zum 100. Kriegstag die sofortige Freilassung aller Geiseln in der Gewalt der Hamas.
Israel reagierte auf das Massaker mit mehr als 1.200 Toten und die Entführung von mehr als 250 Menschen mit massiven Angriffen im Gazastreifen. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden dabei bisher mehr als 23.800 Menschen getötet. Diese Zahlen lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.
Eine norwegische Hilfsorganisation warnte unterdessen davor, dass der Gazastreifens wegen des Kriegs unbewohnbar wird. Ahmed Bayram vom Norwegischen Flüchtlingsrat (NRC) sagte am Sonntag dem arabischen Sender Al-Jazeera, die Organisation sei seit eineinhalb Jahrzehnten aktiv in dem Küstenstreifen. Die rund 50 NRC-Mitarbeiter hätten das Leid der palästinensischen Bevölkerung am eigenen Leib erfahren.
“Sie erfahren Verlust, Trauer, Vertreibung und natürlich Angst”, sagte Bayram. Ihre Kinder hätten seit 100 Tagen keine Nacht durchgeschlafen und erlebten einen Mangel an Nahrungsmitteln und sauberem Wasser. “Dieser sehr dunkle Moment erinnert uns daran, dass Gaza aus militärischen Gründen, für die Zivilisten den Preis bezahlen, unbewohnbar gemacht worden ist”, sagte Bayram. Er rief zu einem Ende des Blutvergießens auf.