Israelischer Bodeneinsatz wird ausgeweitet (Archivbild)

Israel weitet Bodeneinsatz in Gaza in der Nacht aus

Freitag, 27. Oktober 2023 | 23:32 Uhr

Von: APA/dpa/Reuters

Israels Militär will nach eigenen Angaben in der Nacht auf Samstag seinen Einsatz von Bodeneinheiten im Gazastreifen ausweiten. Die Bewohner der Stadt Gaza seien aufgerufen, sich in den Süden des Küstenstreifens zu bewegen, sagte Militärsprecher Daniel Hagari am Freitagabend im Fernsehen. Es blieb zunächst unklar, ob die Ankündigung den Beginn der weithin erwarteten Bodenoffensive des israelischen Militärs darstellte.

“In den vergangenen Stunden haben wir die Angriffe im Gazastreifen verstärkt”, betonte Hagari. Die Luftwaffe greife in großem Umfang Tunnelsysteme und weitere Infrastruktur an. Die Armee stehe bereit, um die Sicherheit Israels an allen Fronten zu gewährleisten.

Nach Darstellung des militärischen Arms der islamistischen Hamas im Gazastreifen gibt es dort an zwei verschiedenen Orten israelische Bodeneinsätze. Es gebe gewalttätige Zusammenstöße in dem Ort Beit Hanun im Norden sowie östlich des Flüchtlingslagers Al-Bureij im Zentrum des Gazastreifens, teilten die Al-Qassam-Brigaden am späten Freitagabend mit. Beides sind Orte in Grenznähe. Unabhängig waren die Angaben der Islamistenorganisation, die von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird, nicht zu überprüfen. Israels Armee wollte den Bericht nicht kommentieren.

Das israelische Militär hatte zuvor bereits vereinzelte, zeitlich eng begrenzte Vorstöße am Boden gemacht. Medienberichte deuteten am Freitagabend auf massive israelische Bombenangriffe im Gazastreifen hin.

Der jordanische Außenminister Aiman Safadi stellte unterdessen fest, Israel habe seine erwartete Bodenoffensive im Gazastreifen begonnen. “Israel hat gerade einen Bodenkrieg gegen Gaza gestartet”, schrieb Safadi am Freitagabend bei X (Twitter). “Das Ergebnis wird eine humanitäre Katastrophe von epischem Ausmaß über Jahre sein.”

Zu einer geplanten Abstimmung in der UNO-Vollversammlung über eine von Jordanien eingebrachte Resolution schreibt Safadi: “Millionen werden jede Stimme mitverfolgen. Die Geschichte wird urteilen.” Stimmen gegen die UNO-Resolution würden bedeuten, “diesem sinnlosen Krieg, diesem sinnlose Töten zuzustimmen”. Die Abstimmung über die Resolution war für Freitag angesetzt. Die Resolutionen der UNO-Vollversammlung sind nicht bindend und haben vor allem symbolische Bedeutung.

Die USA lehnen eine Stellungnahme zu den Berichten über israelische Einsätze ab. Man habe sie zur Kenntnis genommen, sagt der für nationale Sicherheit zuständige Sprecher John Kirby. Man werde Israel weiter unterstützen. Zuvor hatte sich Kirby für “humanitäre Pausen” für den Gazastreifen ausgesprochen. Dabei müsse auch Treibstoff in das von Israel beschossene Palästinensergebiet geliefert werden. Außerdem müsse die Stromversorgung wiederhergestellt werden.

Die USA hatten sich wiederholt gegen eine “Waffenruhe” im Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas ausgesprochen. Die Regierung von Präsident Joe Biden argumentiert, dies würde nur der Hamas dienen, sich neu aufzustellen.

Berichten zufolge fiel auch das Internet in dem abgeriegelten Küstenstreifen mit mehr als zwei Millionen Einwohnern aus. Auch der Internet-Monitor Netblocks sprach in einem Post auf der Plattform X (Twitter) von einem Zusammenbruch der Internet-Verbindungen. Der palästinensische Rote Halbmond erklärte, man habe keinen Kontakt mehr zu der Einsatzzentrale im Gazastreifen sowie den Teams vor Ort.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat keinen Kontakt mehr zu Mitarbeitern, Gesundheitseinrichtungen und anderen Partnern im Gazastreifen. Das schrieb WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Freitagabend auf der Plattform X, früher Twitter. Wegen der “Belagerung” mache er sich große Sorgen um deren Sicherheit und die unmittelbare Gesundheitsgefährdung von gefährdeten Patienten. Auch der Palästinensische Rote Halbmond schrieb auf X, man habe den Kontakt zu allen Einsatzzentralen und Teams im Gazastreifen verloren.

Auch das UN-Kinderhilfswerk (Unicef) hat eigenen Angaben zufolge keinen Kontakt mehr zu seinen Kollegen in Gaza. Exekutivdirektorin Catherine Russell schrieb auf X: “Ich mache mir große Sorgen um ihre Sicherheit und eine weitere Nacht unaussprechlichen Grauens für 1 Million Kinder in #Gaza. Alle humanitären Helfer und die Kinder und Familien, denen sie behilflich sind, MÜSSEN geschützt werden.”

Israel hatte als Reaktion auf den Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober mit über 1.400 Toten eine umfangreiche Bodenoffensive angekündigt und Truppen an der Grenze zum Gazastreifen zusammengezogen. Mehrere Staaten, darunter die USA, haben Israel aufgefordert, die Offensive zu verschieben. Sie befürchten eine hohe Zahl von zivilen Opfern und eine Ausweitung des Konflikts.