Von: APA/Reuters/dpa
Im Gazastreifen haben israelische Streitkräfte ungeachtet erneuter amerikanischer Vermittlungsbemühungen ihre Offensive gegen die radikal-islamische Hamas fortgesetzt. Die Vorstöße konzentrierten sich am Dienstag auf Bereiche, in denen Vertriebene Schutz vor den Kämpfen gesucht haben. Bewohner und Ärzte berichteten über Luftangriffe und Beschuss durch Panzer in Khan Younis im Süden des Gazastreifens. Dabei seien mindestens 14 Menschen getötet worden.
Auch aus Rafah unmittelbar an der Grenze zu Ägypten wurden Luftangriffe und Artillerie-Feuer von Panzern gemeldet. Palästinensische Sanitäter und Ärzte berichteten von zahlreichen Toten. Darunter seien auch sechs Polizisten, deren Wagen getroffen worden sei.
Das israelische Militär erklärte, Rafah sei eine Hochburg der Hamas-Kämpfer. Bereits vergangene Woche hatte Israel angekündigt, in die Grenzstadt vorzustoßen. Das hat Sorgen internationaler Hilfsorganisationen befeuert, die auf Hunderttausende Flüchtlinge verweisen, die dort Schutz gesucht haben. Ein Vertreter der israelischen Regierung sagte der Nachrichtenagentur Reuters, es liefen Bemühungen, einen Bodenangriff auf Rafah mit Ägypten abzustimmen. Dazu gehören demnach auch Pläne, vertriebene Palästinenser zu evakuieren.
Unterdessen setzte US-Außenminister Antony Blinken seine Blitzreise durch vier Länder der Region fort, um die Bemühungen für eine lang anhaltende Feuerpause voranzutreiben. Nach Gesprächen am Montag in Saudi-Arabien traf er am Dienstag in Ägypten und Katar die dortigen Staatschefs. Im Zentrum der Verhandlungen steht ein von den USA, Israel, Ägypten und Katar entwickelter Vorschlag, nachdem die von Hamas und dem Islamischen Jihad im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln im Gegenzug für eine lang andauernde Kampfpause freigelassen werden sollen.
Allerdings fordert die Hamas, Teil der Vereinbarung müsse ein definitives Ende der Kämpfe beinhalten. Israel hält dagegen am Kriegsziel fest, die Hamas vollständig zu zerstören. Ein Vertreter der Hamas, der nicht namentlich genannt werden wollte, bekräftigte gegenüber Reuters am Dienstag, dass keine Geiseln freigelassen werden würden, wenn der Krieg nicht beendet werde und sich die israelischen Streitkräfte zurückziehen würden.
“Wir haben von der Hamas eine positive Antwort erhalten, sie beinhaltet mehrere Vorbehalte, aber ist im allgemeinen positiv”, sagte der katarische Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani am Dienstag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Blinken in Doha. In einer Erklärung, die sie auf ihrem Telegram-Kanal veröffentlichte, teilte die Hamas mit, dass sie und ihre Verbündeten mit dem Vermittlungsvorschlag “in positivem Geiste” umgegangen seien. Die Vereinbarung müsse aber zu einem vollständigen und umfassenden Waffenstillstand, einer Beendigung der Blockade des Gazastreifens, dem Wiederaufbau des vom Krieg zerstörten Küstengebiets und der vollständigen Freilassung palästinensischer Gefangener führen.
Blinken sagte in Doha, dass man die Antwort der Hamas studiert und an Israel weitergeleitet habe. Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu teilte am Dienstagabend mit, dass Katar die Antwort der Hamas an den Auslandsgeheimdienst Mossad weitergeleitet habe. “Ihre Einzelheiten werden von den Offiziellen, die an den Verhandlungen beteiligt sind, gründlich ausgewertet”, hieß es in der Mitteilung.
In Israel wächst allerdings der Widerstand gegen die erklärte Absicht von Netanyahu, die Kämpfe bis zur Auslöschung der Hamas fortzusetzen. Nach einer Umfrage des Israel Democracy Institute erklärten 51 Prozent der Befragten, wichtigstes Kriegsziel solle die Befreiung der Geiseln sein. Nur 36 Prozent sagten demnach, wichtigstes Ziel müsse die Zerstörung der radikal-islamischen Organisation sein.