Von: APA/dpa/Reuters
Israel hat auch am Wochenende seinen Militäreinsatz in Rafah im Süden des Gazastreifens fortgesetzt. Der israelische Armeesender meldete am Sonntag, die Truppen hätten mehrere Schmugglertunnel im Grenzgebiet zwischen dem Gazastreifen und Ägypten gefunden. Außerdem seien Tunnel entdeckt worden, die von Terroristen der Hamas bei ihrem Angriff am 7. Oktober des Vorjahres genutzt worden seien. Israels Militärspitze genehmigte laut Medienberichten eine Ausweitung des Einsatzes.
Verteidigungsminister Yoav Gallant und Generalstabschef Herzi Halevi hätten die “nächste und bedeutsame Phase” der Operation in der Stadt gebilligt, berichtete der regierungsnahe israelische TV-Sender Channel 14 am Sonntag. Ranghohe Militärs sollten dem Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, die Details des Plans präsentieren, hieß es weiter in dem Bericht. Sullivan traf am Sonntag in Israel den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu. Auch Gespräche des US-Repräsentanten mit Gallant und Staatspräsident Yitzhak Herzog waren geplant.
Bei einem israelischen Angriff in dem Flüchtlingsviertel Nuseirat im zentralen Abschnitt des Gazastreifens sind nach palästinensischen Angaben mindestens zwei Dutzend Menschen getötet worden. Die von der islamistischen Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde teilte am Sonntag mit, mindestens 24 Palästinenser seien getötet worden, als in der Nacht ein Wohnhaus getroffen worden sei. Ein israelischer Armeesprecher sagte, man prüfe den Bericht.
Bei einem gezielten Angriff Israels im zentralen Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben ein ranghohes Mitglied der Hamas-Polizei und sein Begleiter getötet worden. Ihr Fahrzeug sei in Deir al-Balah getroffen worden, hieß es am Sonntag aus Hamas-Kreisen. Es war die Rede von dem Leiter der Untersuchungsabteilung der Hamas-Polizei. Die israelische Armee äußerte sich zunächst nicht zu den Berichten. Seit Beginn des Gazakriegs vor mehr als sieben Monaten hatte die Armee immer wieder gezielt Mitglieder der islamistischen Terrororganisation getötet.
Seit Beginn des Militäreinsatzes in Rafah vor rund zwei Wochen haben nach Angaben des UNO-Palästinenserhilfswerks UNRWA rund 800.000 Menschen die Stadt verlassen. Erneut sei fast die Hälfte der Bevölkerung von Rafah auf der Straße, beklagte UNRWA-Chef Philippe Lazzarini am Samstagabend auf der Plattform X. Es gebe für Zivilisten keinen sicheren Ort im Gazastreifen.
In Rafah will die israelische Führung nach eigenen Angaben die letzten dort vermuteten Bataillone der Hamas zerschlagen. Verbündete wie die USA haben Israel wegen der vielen Binnenflüchtlinge wiederholt vor einem groß angelegten Angriff auf die Stadt an der Grenze zu Ägypten gewarnt. Israels Führung hält jedoch an ihren Angriffsplänen für Rafah fest.
Führende israelische Minister haben die Zögerlichkeit der Netanyahu-Regierung mit Blick auf Pläne für “den Tag danach” in Gaza kritisiert. Auch die US-Regierung erwartet von Netanyahus Regierung, sich aktiv an der Entwicklung eines konkreten Plans für die Zukunft des Gazastreifens zu beteiligen.
Nach Angaben der Gesundheitsbehörde im Gazastreifen wurden seit Beginn der israelischen Militäroffensive gegen die Hamas Anfang Oktober mindestens 35.456 Menschen getötet worden. Mindestens 79.476 Palästinenserinnen und Palästinenser seien verletzt worden. Die Zahlen dürften weitaus höher sein, da viele Menschen vermisst werden und zahlreiche Tote unter den Trümmern zerstörter Gebäude verschüttet sind. Die Vereinten Nationen haben die Angaben der Gesundheitsbehörde mehrfach als glaubhaft bezeichnet.
Jordanien verlangt unterdessen internationale Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen, die das israelische Militär bei seinem Einsatz im Gazastreifen begangen habe. Die Verantwortlichen für dokumentierte Verbrechen müssten vor Gericht gestellt werden, sagt der jordanische Außenminister Ayman Safadi. Er äußert sich auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der UNRWA. Die Organisation der Vereinten Nationen betreut rund 1,6 Millionen registrierte palästinensische Flüchtlinge im Gazastreifen sowie Palästinenser in Jordanien, im Libanon, in Syrien und im Westjordanland.