Umweltschützer nehmen Forderungen unter die Lupe

Italienische Bauern am Brenner und das Ende der Marke Südtiroler Speck?

Mittwoch, 10. April 2024 | 17:16 Uhr

Von: mk

Brenner/Bozen – Manchen Verantwortlichen der Südtiroler Milchgenossenschaften oder der Marke „Südtiroler Speck“ dürfte das Blut in den Adern gefroren sein, als sie die Forderungen der italienischen Bauern am Brenner hörten. Made in Italy oder Made in Südtirol soll es nur mehr dann geben, wenn die landwirtschaftliche Produktion ausschließlich regional oder im Inland erfolgt.

Der Präsident von Coldiretti fordert mehr Transparenz: Keine Nudel mehr „Made in Italy“, wenn das Getreide aus dem Ausland kommt, keinen Parmaschinken mehr, wenn das Fleisch nicht aus der Region ist. Auf Südtirol umgelegt würde das bedeuten: keinen Südtiroler Speck mehr, wenn das Fleisch aus dem Ausland kommt oder keine Südtiroler Milchprodukte, wenn Sahne und Milch importiert werden.

„Diese Sichtweise wäre für die Südtiroler Speckindustrie das Aus“, sagt der Präsident des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz, Josef Oberhofer. Denn im Jahr 2019 wurden in Südtirol gerade einmal 6.740 Schweine geschlachtet, importiert wurden dagegen über 2.000.000 bereits geschlachtete und zerlegte Schweine. Diese sind bekanntlich die Grundlage für die Marke „Südtiroler Speck“. „Würden die Forderungen von Coldiretti umgesetzt, wäre Südtirol um Hunderttausende ‚Speckhammen‘ ärmer, dafür aber reicher an Ehrlichkeit“, fügt Oberhofer hinzu.

Ähnlich erginge es auch den Südtiroler Milchgenossenschaften, die erfolgreich auf dem italienischen und internationalen Markt agieren. „Joghurt, Mozzarella oder Mascarpone werden nur zum Teil aus hiesiger Milch erzeugt, mehr als ein Drittel der in Südtirols Genossenschaften verarbeiteten Milch wird anderswo produziert und mit Lkw angeliefert,“ schätzt Hanspeter Staffler, Geschäftsführer vom Dachverband, die derzeitige Situation der Milchwirtschaft ein. „Maßnahmen, wie von Coldiretti gefordert, würden die milchverarbeitende Industrie ins Mark treffen, Südtirols Milchwirtschaft käme ins Trudeln“, ergänzt Staffler.

Der Dachverband für Natur und Umweltschutz fordert seit Jahren mehr Transparenz und Ehrlichkeit in der Lebensmittelproduktion: Wenn „Made in Südtirol“ bei Lebensmitteln draufsteht, dann sollten auch Südtirols landwirtschaftliche Produkte drinnen sein. „Hundertausende dänische, belgische oder deutsche Schweinehälften brauchen dann nicht mit tausenden Lkw die Reise über den Brenner antreten, um sich zu Südtiroler Speck zu verwandeln“, erklären die Umweltschützer.

Bezirk: Bozen, Wipptal