Von: luk
Bozen – Bei der Plenarsitzung im Südtiroler Landtag wurde heute über den Josefi-Tag sowie die Vorab-Konsultationen mit Rom gesprochen.
Begehrensantrag Nr. 5/19: 19. März, Hl. Josef: Josefitag wieder als Feiertag einführen! (eingebracht von den Abg. Atz Tammerle und Knoll am 22.3.2019); der Landtag wolle beschließen: 1. Der Landtag erneuert die Forderung, dass das Fest des hl. Josef (19. März) in Südtirol wieder als gesetzlicher Feiertag anerkannt wird. 2. Der Landtag fordert das römische Parlament und die italienische Regierung in Rom zum Erlass einer entsprechenden Maßnahme auf, dass in Südtirol der Tag des Hl. Josef (19. März) als Feiertag begangen werden kann. 3. Der Landtag fordert das italienische Parlament und die italienische Regierung auf, sich dahingehend einzusetzen, dass in Südtirol neben dem Josefitag am 19. März auch Christi Himmelfahrt und Fronleichnam wieder als Feiertage eingeführt werden. 4. Der Landtag fordert das italienische Parlament und die italienische Regierung auf, sich dahingehend einzusetzen, die Kompetenz für die Ernennung von Feiertagen in Südtirol − aufgrund der historischen, religiösen und kulturellen Unterschiede − an die Autonome Provinz Bozen abzutreten oder eine entsprechende Sonderregelung zu schaffen.
Der Antrag war gestern andiskutiert und auf Antrag der Einbringer geändert worden (Punkt 2).
Nach Unterbrechungen zur Beratung innerhalb der SVP und unter den Fraktionsvorsitzenden erklärte Gerhard Lanz (SVP), dass seine Fraktion den Antrag in dieser Form nicht mittragen werde, um Polemiken zu vermeiden.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) sah diese Position als Verantwortungsbewusst. Themen, die Spaltungen hervorrufen, sollten im Landtag keinen Platz haben und nicht zur Debatte zugelassen werden. Dies sei auch in der Fraktionssprechersitzung besprochen werden.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) meinte, man sollte keine Angst vor Diskussionen haben. Aber die SVP lasse sich wieder von Urzì treiben. Er wies darauf hin, dass der Antrag auf die verschiedenen Einwände hin abgeändert und der 2. Juni daraus gestrichen wurde.
Er habe die Nase voll von diesen Instrumentalisierungen, erklärte LR Giuliano Vettorato, egal von welcher Seite sie kämen. Diskussionen wie jene über den Namen des Landes würden uns 40 Jahre zurückwerfen.
LR Massimo Bessone stimmte dem zu. Die Leute hätten andere Sorgen, und man sei gewählt, um diese zu lösen. Er sei dieser überflüssigen Diskussionen überdrüssig.
Carlo Vettori (Lega Alto Adige Südtirol) gab seinen Fraktionskollegen recht. Der ganze Landtag sei von zwei Fraktionen in der Mitte des Saales in Beschlag genommen worden. Er kritisierte auch Urzì, der die Polemik noch einem über Facebook aufflammen ließ. Man habe genug von diesen Polemiken, die Deutsche gegen Italiener ausspielten.
Unabhängig von der Frage, ob man ethnisch sensible Themen im Landtag noch diskutieren dürfe, tat es Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) um den Josefitag leid, der in dieser Polemik unter die Räder komme. Er kritisierte Knoll, der den Josefitag mit dem 2. Juni verknüpft habe, um ethnische Polemik zu schüren.
Alessandro Urzì entschuldigte sich, dass er erst heute an dieser Debatte teilnehmen könne, weil er gestern in medizinischer Behandlung war. Er drückte der Mehrheit für ihre Entscheidung ein Kompliment aus.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) rief dazu auf, endlich über den Antrag abzustimmen und die Debatte abzuschließen.
LH-Stv. Arnold Schuler plädierte dafür, die Landtagsdebatten nicht auf Polemiken zu gründen. Man sei hier, um Ziele zu erreichen. Der Josefitag sei ein Ziel, das auch von der Landesregierung mitgetragen werden, aber nicht in dieser Form. Man wolle sich von niemandem treiben lassen.
Myriam Atz Tammerle (STF) stellte fest, dass die gestrige Debatte sehr sachlich war. Brenzlige Punkte seien aus dem Antrag herausgenommen worden. Gestern habe die SVP noch für den geänderten Antrag plädiert, heute habe sie Meinung geändert, und man sehe, wer heute hier Unruhe schüre. Der Josefi-Feiertag sei ein Wunsch vieler, manche sähen ihn als Tag des Tiroler Schutzpatrons, andere als Vatertag. Den Italienern werde nichts genommen, vielleicht würden auch sie gerne diesen Tag als Vatertag feiern können.
Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) stellte fest, dass der 2. Juni noch in den Prämissen des Antrags geblieben sei. Man habe heute eine lange Debatte über das Nichts geführt.
Atz Tammerle bat um Streichung des entsprechenden Passus in den Prämissen.
Die Prämissen wurden mit drei Ja, 20 Nein abgelehnt, während sieben Abgeordnete nicht an der Abstimmung teilnahmen.
Teil 1 wurde mit drei Ja, 19 Nein und einer Enthaltung abgelehnt, die folgenden Punkte mit zwei Ja, 20 Nein und einer Enthaltung, während acht nicht teilnahmen.
Beschlussantrag Nr. 71/19: Einführung einer Form der ständigen Konsultation zwischen Staat und Land (eingebracht vom Abg. Urzì am 19.3.2019); der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, bei der Mitteilung über die Einreichung eines Gesetzentwurfs im Landtag vonseiten der Landtagsabgeordneten oder der Landesregierung ein Gespräch zwischen dem Landtagspräsidenten in seiner Funktion als Hüter der Vorrechte des Gesetzgebungsorgans und der römischen Regierung vorzusehen, mit dem Ziel, eventuelle Anmerkungen in Erwägung zu ziehen, die dem Plenum vorab als Hilfestellung für die Beurteilung zugeschickt werden sollen, wobei auf jeden Fall die Anerkennung der vollen Autonomie, die dem Landtag als Gesetzgeber zusteht, zu gewährleisten ist.
“Auf institutioneller Ebene ist man sich einig, dass ein Großteil der Streitgegenstände, die aufgrund der dem Südtiroler Landtag und der römischen Regierung eingeräumten Vorrechte im Falle vermuteter Kompetenzkonflikte vor das Verfassungsgericht gelangen, durch eine angemessene Form des Austausches zwischen der Provinz Bozen und dem Staat im Vorfeld geklärt werden könnten”, erklärte Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia). Dadurch könnten mögliche Auslegungszweifel insbesondere im Bereich der konkurrierenden Befugnisse vermieden werden, ohne damit den Verfassungsgerichtshof zu befassen. Ständige Gespräche zwischen Staat und Land könnten mögliche Konflikte bei der Verteilung der Zuständigkeiten von vornherein lösen; durch die vorherige Abklärung der Sachverhalte zwischen dem Südtiroler Landtag und der römischen Regierung sollen zukünftige Überschreitungen der Gesetzgebungsbefugnisse des Landtags bzw. die übermäßige Gewichtung der Vorrechte des Staates verhindert werden.”
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) sah einen Ausgleich im Vorfeld als das Schlimmste, was passieren könne, dann könnte man bestimmte Vorschläge gar nicht machen. Man stelle sich vor, es gehe um die Auslegung des Statuts oder um Vorhaben, die über die Autonomie hinausreichten.
Urzì verpacke eine Provokation in Zuckerwatte, meinte Sven Knoll (STF), er wolle den römischen Sichtvermerk wieder einführen. Die Regierung in Rom entscheide politisch, man stelle sich vor, was passiere, wenn Urzìs Partei an der Regierung sei. Man sollte ihm nicht wieder auf den Leim gehen. Man gehe nach Rom, um neue Kompetenzen auszuhandeln, nicht um zu fragen, ob wir überhaupt wollen dürfen.
Franz Locher (SVP) plädierte dafür, autonomiepolitisch ein bisschen stärker zu werden, und gegen eine Vorabklärung mit Rom. Südtirol sollte in diesem Haus selbst bestimmen, ohne vorher fragen zu müssen. Sonst komme man auch bei Sachthemen nicht mehr weiter. Wenn man immer vorher gefragt hätte, wäre vieles verloren gegangen.
Gespräche seien immer nützlich, meinte Hanspeter Staffler (Grüne), aber in der Gesetzgebung sei das Vorgehen institutionalisiert, es gebe in jeder Phase Ansprechpartner: Regierung, Verfassungsgericht und gegebenenfalls auch Wien. Eine neue Etappe würde das System, das auch verschiedene Garantien enthalte, schwächen.
Waltraud Deeg (SVP) erinnerte an den Jahrtag der Paketabstimmung, an der auch ihre Mutter teilgenommen habe. Heute höre sie auch gerne, wie die Süd-Tiroler Freiheit zur Autonomie stehe. Die Autonomie sei kein Kuschelkurs, sondern ein ständiges Ringen. Immer wieder seien Zuständigkeiten zu verteidigen, manchmal zurückzuholen. Der Landtag sollte diese Autonomie leben, Urzìs Antrag gehe nicht in diese Richtung.
Myriam Atz Tammerle (STF) sprach sich klar gegen den Antrag aus, der eine Zensur wie vor 30 Jahren einführen würde. Die Autonomie sei eine wichtige Errungenschaft für Südtirol, man habe für jeden Beistrich gekämpft. Sie sei eine Zwischenlösung auf dem Weg zur Freiheit.
LH-Stv. Arnold Schuler plädierte ebenfalls gegen den Antrag. Die Prozedur für die Gesetzgebung sei vorgegeben. In Urzìs Vorschlag sehe er keine Verbesserung, er mache alles wesentlich komplizierter. Auch heute gebe es bereits Gespräche mit römischen Ministerien bei der Erstellung von Gesetzentwürfen. Der Landtag solle aber frei entscheiden, ohne vorher in Rom um Zustimmung bitten zu müssen.
Alessandro Urzì verwies auf die Gutachten des Rates der Gemeinden zu den Gesetzentwürfen, die auch nicht als Hindernis empfunden würden. Auch vom Staat wäre es nur ein Gutachten, das ebenfalls hilfreich wäre. Urzì zeigte sich erfreut, dass die Mehrheit nun einem Moratorium zu ethnischen Provokationen zustimme und dass die STF zur Autonomie stehe. Zur angesprochenen Regierungsbeteiligung seiner Partei werde es bald kommen, und sie werde auch ihr Auge auf Südtirol richten.
Der Antrag wurde mit einem Ja und 29 Nein abgelehnt.
Anschließend wurde zum Gesetzentwurf zur Organisation der olympischen Spiele übergegangen.