Starb unter ungeklärten Umständen

Julia Nawalnaja ruft zum Kampf für ein freies Russland auf

Sonntag, 16. Februar 2025 | 19:32 Uhr

Von: APA/AFP/dpa

Ein Jahr nach dem Tod des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny hat seine Witwe zum Kampf für ein anderes Russland aufgerufen. “Wir wissen, wofür wir kämpfen: ein zukünftiges Russland, das frei, friedlich und schön ist”, sagte Julia Nawalnaja am Sonntag in einer Videobotschaft. “Das, wovon Alexej geträumt hat, ist möglich.”An die Anhänger ihres Mannes appellierte Nawalnaja: “Tun wir alles, um seinen Traum wahr werden zu lassen.”

Jeder könne etwas tun, betonte die Witwe des verstorbenen wichtigsten Widersachers von Kreml-Chef Wladimir Putin: “Demonstrieren, an politische Gefangene schreiben, die Meinung derjenigen ändern, die einem nahe stehen, sich gegenseitig unterstützen.” Zugleich zeigte sie sich überzeugt, dass “das Gute siegen wird”.

Der von den russischen Behörden als “Extremist” eingestufte Nawalny war am 16. Februar 2024 unter ungeklärten Umständen in einem Straflager in der Arktis gestorben, wo er eine 19-jährige Haftstrafe verbüßte. Seine Anhänger und zahlreiche westliche Politiker machen die russische Führung für den Tod des Oppositionellen verantwortlich. Nawalnaja will Sonntagabend in Berlin an einer Andacht und Gedenkveranstaltung für ihren getöteten Mann teilnehmen.

Hunderte beim Grab Nawalnys in Moskau

Zuvor hatten Hunderte Menschen Nawalnys Grab in Moskau besucht. Sie kamen am Sonntag laut Berichten von AFP-Journalisten vereinzelt und in kleinen Gruppen zum Borisowski-Friedhof in Russlands Hauptstadt. Unter ihnen waren auch Familien mit Kindern. Viele Trauernde legten Blumen am Grab ab. Sie kamen zum Friedhof, obwohl sie sich damit der Gefahr von Repressalien durch die russischen Behörden aussetzten.

Unterdessen geht die russische Justiz weiter rigoros gegen Andersdenkende vor. Vor allem sollen die Hunderten politischen Gefangenen abschreckend wirken und jeden Widerstandsgeist im Keim ersticken. Die Liste der inhaftierten Gegner von Präsident Wladimir Putin und seines Angriffskrieges gegen die Ukraine ist lang.

Die in Moskau verbotene, mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Menschenrechtsorganisation Memorial listet 785 politische Gefangene auf. Drei Anwälte Nawalnys sind im Jänner zu langen Haftstrafen verurteilt worden, weil sie den Putin-Gegner verteidigt hatten. Und Nawalny, der an seinem Todestag am 16. Februar erst 47 Jahre alt war, ist auch nicht der Einzige, der in Gefangenschaft starb.

Gesetze gegen Andersdenkende verschärft

Wer Nawalny als Vorbild stilisiert oder auch seinen Anti-Korruptions-Fonds FBK unterstützt, riskiert viele Jahre Haft wegen Extremismus. Nawalnys politische Bewegung gegen die verbreitete Schmiergeldkultur und Machtmissbrauch ist verboten. Und auch nach seinem Tod werden die Gesetze gegen Andersdenkende in Russland weiter verschärft. Seine im Exil arbeitenden Anhänger und nicht zuletzt seine Witwe Julia Nawalnaja müssen auch in der EU um ihr Leben fürchten.

Der russische Auslandsgeheimdienst SWR warnte kurz vor Nawalnys Todestag öffentlich vor möglichen Anschlägen auf Vertreter der russischen Opposition im Ausland. Putins Spionageapparat behauptete, dass der ukrainische Geheimdienst solche Taten plane und Russland in die Schuhe schieben wolle. Aber etwa der im vergangenen Jahr bei einem Gefangenenaustausch freigelassene Oppositionelle Ilja Jaschin macht klar, dass es sich vielmehr um eine für den Kreml typische offene Drohung handle: Kein Gegner Putins solle sich sicher fühlen können – egal wo.

Opposition in Russland weitgehend ausgeschaltet

Der Kreml hat kritische Medien und die Opposition weitgehend ausgeschaltet. Viele Gegner Putins schweigen aus Angst um ihr Leben. Die Kreml-Gegner im Ausland haben es ebenfalls schwer, wenn auch auf andere Weise. Viele sind seit langem im Exil, andere sind in den fast drei Jahren des Kriegs gegen die Ukraine geflüchtet. Die Oppositionellen Jaschin und Wladimir Kara-Mursa sowie Oleg Orlow von Memorial mussten gegen ihren Willen Russland verlassen.

EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas wies Putin die politische Verantwortung zu. Er und die russischen Behörden trügen die “endgültige Verantwortung” für den Tod Nawalnys, erklärte Kallas. Sie forderte Russland auf, Nawalnys Anwälte und “alle politischen Gefangenen” sofort freizulassen.

Für Helmut Brandstätter, NEOS-Delegationsleiter im EU-Parlament, stand Nawalny für “Mut und Wahrheit”. Die Verfolgung seiner Unterstützer zeige, dass Putins Terror weiterhin keine Grenzen kenne.

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