Von: mk
Meran – Das Skigebiet Meran 2000 hat in den letzten zwei Jahrzehnten stark „aufgerüstet“, um ein zeitgemäßes Freizeitangebot zu schaffen. So wurde eine neue Seilbahn errichtet, die Förderkapazität durch den Bau von Kabinenbahnen und Sesselliften erhöht, Skipisten wurden verbreitert, eine Rollbobbahn auf Kunstbauten errichtet und zwei große Speicherbecken für die technische Beschneiung. Jetzt will die Betreibergesellschaft den bestehenden Sessellift Piffing durch eine Zehner-Kabinenumlaufbahn mit Mittelstation samt Aussichtsplattform am Naifjoch ersetzen. Südtirols Berg- und Naturschutzorganisationen fordern eine umwelt- und landschaftsverträglichere Lösung ein.
Neuer Aussichtspunkt mit allem Drum und Dran
Die Meran 2000 Bergbahnen AG will den Lift, der den vorderen Teil des Ski- und Wandergebiets um die Piffinger Alm mit dem hinteren Teil um Waidmann-Alm verbindet, ersetzen. Anstelle des Sessellifts soll eine Zehner-Kabinenumlaufbahn für rund 15 Millionen Euro gebaut werden. Neu ist auch die Trassenführung und der Bau einer Mittelstation mit Aussichtsterrasse unterhalb des Naifjochs mit Blick auf den Ifinger. Die Gondelbahn soll im Sommer Wandern bequem in den noch unberührteren Teil des Gebiets bringen, wo sie in einer kurzen abwärts führenden Wanderung die Gasthäuser erreichen könnten. „Einer Verbesserung bzw. Modernisierung von bestehenden Anlagen in bereits erschlossenen Gebieten steht nichts im Wege. In diesem Falle stellt sich die Frage der Dimensionierung: Ein bestehender Sessellift soll mit einer Zehner Gondelbahn ersetzt werden, was einem nicht nachvollziehbaren Quantensprung gleichkommt, und die neue Mittelstation zu einem Aussichtspunkt mit allem Drum und Dran ausgebaut werden: für dieses Gebiet sicherlich nicht zielführend!“, so Georg Simeoni, Vorsitzender des AVS und Carlo Zanella, Präsident des CAI.
„Unberührte Natur hat einen Wert“
Das Projekt der Meran 2000 Bergbahnen AG sei ein weiteres Beispiel für den nicht mehr zeitgemäßen und rücksichtslosen Ausbau in Südtirols Skigebieten: „Verbaut wird eine bisher unberührte Bergkuppe, der Rötboden am Naifjoch, frei einsehbar von den umliegenden Anhöhen. Genau dort soll die Mittelstation errichtet werden mit deinem begehbaren Flachdach. Eine besondere Attraktion! Dass es sanitäre Anlagen für die Besucherinnen und Besucher braucht sowie einen Sonnenschutz für die heißen Monate auf der Terrasse versteht sich von selbst. Und dann? Der Bau eines zusätzlichen Restaurants mit Blick auf den Ifinger oder eine Sky Lounge ist nur eine Frage der Zeit. Dabei handelt es sich bei der noch unbebauten Bergkuppe um eine geologisch instabile Zone, die so genannte Periadriatische Naht, wo Granit und Porphyr zusammenstoßen. Außerdem um einen mesolithischen Rastplatz, also um eine archäologische Schutzzone.“ Mit tiefen Aushubarbeiten würde die fragile Ökologie dieses alpinen Lebensraums zerstört, so die Umweltschützer. „Eine Aussichtsplattform auf irgendeinem Skihügel mag den meisten nicht so schlimm erscheinen, doch das Problem ist, dass diese Inszenierung und Eventisierung der alpinen Landschaft nicht aufhören wird, bis jede Liftgesellschaft ihre Aussichtsplattform, ihren Themenweg, ihre Kinderanimationsinstallation, ihren Glasturm hat“, so Claudia Plaikner, Vorsitzende des Heimatpflegeverbands und Klaus-Peter Dissinger, Vorsitzender des Dachverbands für Natur- und Umweltschutz. Die einzigartige alpine Landschaft sei zu erhalten, damit auch den nächsten Generationen die Möglichkeit des unverfälschten Erlebnisses am Berg gegeben werden kann.
Öffentliche Gelder nachhaltig investieren
Die neue Mittelstation samt Aussichtspunkt und die Zehner-Kabinenumlaufbahn sollen rund 15 Millionen Euro kosten. Die Meran 2000 Bergbahnen AG rechnet mit rund neun Millionen an Beiträgen von Staat und Land und mit weiteren drei Millionen durch den Mehrheitseigentümer, die Gemeinde Meran. „Wir sind der Meinung, dass die Größenordnung derartiger Projekte geringer und umweltverträglicher sein würde, wenn die öffentliche finanzielle Förderung nicht so hoch wäre“, so die Vorsitzenden der vier Verbände. AVS, Dachverband für Natur- und Umweltschutz, CAI sowie Heimatpflegeverein fordern, dass Steuergelder ausschließlich in Seilbahnen investiert werden, die Teil des öffentlichen Personennahverkehrs sind und damit die Mobilität in den Bergen nachhaltiger machen. Will Südtirol tatsächlich der begehrteste nachhaltige Lebensraum Europas werden, müsse der Effekthascherei mit öffentlichen Beiträgen ein Riegel vorgeschoben werden.