Von: luk
Bozen – Im Landtag wurden heute Anträge von Freiheitlichen und Alto Adige nel cuore behandelt. Beide wurden abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 687/16: Drogen den Kampf ansagen (eingebracht von den Abg. Leitner, Blaas, Mair, Oberhofer, Stocker S. und Tinkhauser am 17.10.2016): Der Südtiroler Landtag fordert die Landesregierung auf, im Dringlichkeitswege einen Drogengipfel einzuberufen mit dem Ziel, die Drogenproblematik in Südtirol zu analysieren und einzudämmen. Dem Gipfel gehören eine Vertretung der Landesregierung, des Südtiroler Landtages, Mediziner sowie Psychologen, Experten, Juristen und Vertreter der Sicherheitskräfte an.
“Südtirol hat mit einem ausufernden Drogensumpf zu kämpfen”, stellte Pius Leitner (Freiheitliche) fest. “Fast täglich werden Verletzungen oder Übertretungen im Bereich Suchtmittel festgestellt. Die Folgen sind gravierend, die Kosten für die Allgemeinheit hoch und die persönlichen Schicksale ergreifend. Ein wesentliches Problem ist die derzeit herrschende Verharmlosung der Drogen und die angestoßene Legalisierungsdebatte. Zudem hat die massive Massenzuwanderung neue Drogenmärkte erschlossen.” Vor allem bei linken Regierungen bemerke man immer wieder eine Tendenz zur Liberalisierung, letzthin wieder in Amerika. In Südtirol stünden sich die Meinungen des Leiters des Forum Prävention (für die Liberalisierung) und des Leiters des Zentrums Bad Bachgart (dagegen) gegenüber. Cannabis sei erwiesenermaßen eine Einstiegsdroge. Eine Begleiterscheinung des Drogenmissbrauchs seien die Straftaten. Südtirol sei nicht nur Konsumland, sondern auch Transitland. Von einem Gipfel erwarte man sich nicht die Lösung, man möchte aber, dass die Landesregierung eine klare Strategie entwickle, die man bisher nicht erkennen könne. Es gehe hier nicht um eine ideologische Debatte, sondern um den Schutz junger Menschen.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) erinnerte sich an die leeren Spritzen auf dem Schulhof. Er riet dazu, im Antrag zwischen Suchtmitteln zu differenzieren, denn dazu gehörten auch Tabak und Alkohol. Erschreckend sei, wie der Konsum auch harter Drogen immer wieder relativiert werde, und auch, wie viele Drogen in den Gefängnissen zirkulierten. Eine Erhebung zu Konsum und Drogenmarkt in Südtirol wäre sicher wünschenswert.
40 Jahre Prohibitionismus hätten versagt, meinte Riccardo Dello Sbarba (Grüne), je mehr verboten wurde, desto mehr wurde konsumiert. Er habe für das Referendum zur Legalisierung von Cannabis unterschrieben, denn damit könne man den Schaden verringern, denn derzeit würden leichte und harte Drogen auf demselben Markt verkauft, was den Übergang leicht mache. Wenn man die leichten Drogen vom Schwarzmarkt nehme, könne auch die Manipulation dieser Substanzen unterbunden werden, ebenso gewisse Geschäftspraktiken wie die Gratisdosis als Gegenleistung für die Vermittlung im Freundeskreis.
Er hoffe, Politik und Sicherheitskräfte hätten bereits einen Überblick über die Situation, erklärte Andreas Pöder (BürgerUnion). Wer Drogen kaufen wolle, wisse wie, z.B. im Darknet. Für die Freigabe von Cannabis gebe es gute Gründe, ein Verbot sei auch scheinheilig in einer Gesellschaft, die die harte Droge Schnaps toleriere. Cannabis sei eine Einstiegsdroge, wenn sie vom selben Dealer verkauft werde, der auch die harten Drogen anbiete. Es kämen täglich neue synthetische Drogen auf den Markt, die Verbote kämen da gar nicht mit. Dies vorausgesetzt, stimme er für den Antrag.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) wies darauf hin, dass es im Antrag nicht um eine Position zu den Drogen gehe, sondern um eine Erhebung. Das andere solle man den Experten überlassen. Die Sicherheitskräfte könnten aber nicht vom Landtag zur Teilnahme am Gipfel verpflichtet werden. Davon abgesehen könne er dem Antrag zustimmen.
Magdalena Amhof (SVP) hatte nicht den Eindruck, dass irgendjemand den Drogenkonsum verharmlose. Seit 1995 seien die Strukturen zur Betreuung ausgebaut worden, man habe in die niederschwellige Betreuung und in die Prävention investiert, es gebe einen Fachplan für Abhängigkeitserkrankungen und eine Koordinierungsgruppe. Kein Fachmann sei für die Freigabe von Cannabis, es gebe eine Diskussion, wie man die Abgabe regeln könne. Ein großer Drogengipfel sei wenig sinnvoll, da würde halt an einem Tag das Thema hochgespielt. Stattdessen sei es notwendig, den täglichen Einsatz weiter zu verstärken.
Myriam Atz Tammerle (STF) fand es hingegen sinnvoll, die Gründe für den Drogenkonsum zu erkunden. Zu erheben wäre auch, was nach dem ersten Drogenkonsum passiere, ab wann Konsum zur Sucht führe, wie schnell der Übergang von leichten zu harten Drogen sei. Den Jugendlichen müsse man klar machen, dass dies kein Spiel, sondern beinharte Gefahr sei.
Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung) fände es interessanter, die Wirkung einer Liberalisierung zu beleuchten. Auch seine Bewegung sei dafür. Die Illegalität von der Jugend zu trennen, sei ein gewichtiger Grund. Prohibitionismus habe noch nie verdient, die Kriminalität verdiene sich eine goldene Nase daran.
Veronika Stirner (SVP) zweifelte an der Wirkung eines Drogengipfels. Zu ihrer Schulzeit seien die Drogensüchtigen abgegrenzt und leicht erkennbar gewesen, heute sei das nicht mehr so sichtbar. Es seien auch sehr viel gefährlichere Drogen im Umlauf, synthetische Drogen wie auch wieder Heroin, zu denen man auch in der Diskothek komme. Die Prohibition sei sicher nicht zielführend gewesen, und wahrscheinlich wäre heute ein weniger gesundheitsschädliches Cannabis im Umlauf, wenn es legalisiert wäre. Südtirol habe zu wenig Strukturen, die sich um die betroffenen Jugendlichen kümmern, auch an der stationären Betreuung sei noch zu arbeiten, es gebe zu wenig Personal und zu wenig Einrichtungen. Nicht zuletzt sei auch die Alkoholsucht im Auge zu behalten.
Ulli Mair (F) kritisierte, dass man die eine Droge gegen die andere ausspiele. Bei den elitären Intellektuellen habe man oft den Verdacht, sie seien im eigenen Interesse für die Liberalisierung. Als ehemalige Alkoholsüchtige könne sie sagen, dass Betroffene ihren Zustand nicht wahrnähmen. Von der Landesregierung wünsche sich eine klare Linie, denn derzeit bleibe der Eindruck, dass die Präventionsstelle etwas anderes sage als die Experten. Die Landesregierung habe Runde Tische zu vielen Themen eingerichtet, warum nicht auch zu diesem?
Das Thema sei so alt wie die Menschheit, bemerkte Oswald Schiefer (SVP). Beim Alkohol sei es eine Frage der Menge. Bei der Drogensucht bemerke er ein wellenartiges Phänomen, der Konsum harter Drogen sei in den 70-er und 80-er Jahren jedenfalls verbreiteter gewesen. Einen Gipfel zum Thema halte er nicht für besonders sinnvoll.
Niemand hier verharmlose ein Suchtproblem, betonte LR Martha Stocker. Für die Landesregierung sei wichtig, dass man systematisch vorgehe und auch eine Grundausrichtung dabei sei. Bei den Koordinierungstreffen sei keine Einheitsmeinung vorgeschrieben, man müsse unterschiedliche Meinungen akzeptieren, auch weil das Thema sehr komplex sei. Dass die Prohibition auch Negativeffekte habe, sei ohne Zweifel, z.B. die Kriminalität. Bei den Expertentreffen werde auch versucht, die Gründe für Konsum und Sucht zu eruieren. Entscheidend sei aber auch die Eigenverantwortung, der Wille, von der Sucht wegzukommen. Auf einzelnen Ebenen, in einzelnen Strukturen sei der Einsatz sicher noch zu verstärken. Die Landesregierung habe durchaus Leitlinien zum Thema, wie sie auch im Fachplan enthalten seien, und diese würden bei den genannten Arbeitstreffen umgesetzt. Man könne diese Arbeit gerne auch einmal im Landtag vorstellen, aber zielführend sei nicht ein einzelner Gipfel, sondern die kontinuierliche Arbeit.
Pius Leitner hielt an seiner Forderung fest, man könne sich nicht hinter Strukturen verstecken, die nur ein Glied der Kette seien. Es brauche auch mehr Kontrollen, und nicht zur zum Alkoholkonsum.
Der Antrag wurde mit zwölf Ja und 17 Nein abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 665/16: Erhöhung der Sicherheitsstandards bei der Wartung von Dächern und Abdeckungen (eingebracht vom Abg. Urzì am 29.8.2016): Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, aufgrund der positiven Erfahrungen auf regionaler Ebene einen Gesetzesvorschlag auszuarbeiten, um die Südtiroler Sicherheitsstandards sowie die Maß- nahmen zur Unfallverhütung bei der Wartung von Dächern und Abdeckungen zu erhöhen.
“In der Nachbarprovinz Trentino wurde schon vor Jahren eine eigene Regelung zur Vorbeugung von Abstürzen und zur Förderung der Arbeitssicherheit verabschiedet”, erklärte Alessandro Urzì(L’Alto Adige nel cuore). “Das entsprechende Gesetz hat eine Rechtslücke im Bereich der Sicherheit der Arbeiter, die an der Wartung von Dächern und Abdeckungen arbeiten, geschlossen. Insbesondere sind sichere Aufstiegswege und fixe Anschlagspunkte vorgesehen und es besteht die Pflicht, in der Projektierung und der Durchführung der Dacharbeiten genaue Vorkehrungen zu treffen, wobei die entsprechende Verordnung die technischen Anleitungen zur Unfallverhütung während der darauf folgenden Höhenarbeiten vorgibt. Das gilt sowohl für den Bau neuer Abdeckungen als auch für deren Sanierung, in allen privaten und öffentlichen Gebäuden, unabhängig von deren Art und Zweckbestimmung. Bei Nichteinhaltung dürfen die Gemeinden die Baugenehmigung nicht ausstellen, da die Meldung des Baubeginns keine Gültigkeit hat, und die Bewohnbarkeitserklärung kann auch nicht erlassen werden. Das Gesetz ist direkt anwendbar und den entgegenstehenden Gemeindebauordnungen übergeordnet.”
Italien habe viel strengere Sicherheitsbestimmungen als andere europäische Länder, erklärte Oswald Schiefer (SVP), daher sei man nicht dafür diese noch strenger zu machen.
Italien habe aber auch eine höhere Rate von Arbeitsunfällen, bemerkte Riccardo Dello Sbarba. Daher werde er dem Antrag zustimmen.
Die Bedeutung der Arbeitssicherheit stehe außer Zweifel, betonte LR Martha Stocker. Es gebe Klagen über Überreglementierung, die aber nicht für mehr Sicherheit sorge. Für Bauarbeiten seien Sicherheitsmaßnahmen vorgesehen, die auch regelmäßig überprüft werden müssten.
Sicherheitsmaßnahmen dürften nicht mit Bürokratie verwechselt werden, antwortete Alessandro Urzì, die Maßnahmen im Trentino würden auch nicht als solche empfunden.
Der Antrag wurde mit vier Ja, elf Nein bei 13 Enthaltungen abgelehnt.