Wenn ein "EU-Kritiker und Putin-Freund ins Bundeskanzleramt kommt"

Koalition in Österreich: Obmann der Südtiroler Volkspartei hat “Sorgen”

Freitag, 17. Januar 2025 | 15:30 Uhr

Von: apa

Bozen – Der Obmann der regierenden Südtiroler Volkspartei (SVP), Dieter Steger, blickt angesichts der laufenden blau-schwarzen Koalitionsverhandlungen und einem wahrscheinlichen neuen Bundeskanzler Herbert Kickl (FPÖ) skeptisch über den Brenner. Man werde mit jeder österreichischen Regierung zusammenarbeiten, aber: “Wir machen uns Sorgen, wenn ein EU-Kritiker und Putin-Freund ins Bundeskanzleramt kommt”, sagte Steger am Freitag zur APA am Rande einer Pressekonferenz in Bozen.

Denn “für uns als Minderheit ist Europa die Garantie, eben nicht in Mitleidenschaft gezogen zu werden von Nationalismen und Ähnlichem”, ergänzte Steger. Insofern blicke man doch besorgt nach Österreich, wisse aber gleichzeitig bzw. sei davon überzeugt, dass “die Schutzmachtfunktion Österreichs gegenüber Südtirol auch in Zukunft bei jedweder Regierung garantiert ist.”

Kompatscher hofft auf Kontinuität

Etwas bedeckter als Steger gab sich SVP-Landeshauptmann Arno Kompatscher. Dieser erklärte gegenüber der APA, dass es nicht Südtirol und schon gar nicht dem Südtiroler Landeshauptmann obliege, die Gespräche zur Regierungsbildung in Österreich zu kommentieren. “Wir hoffen, dass Österreich eine stabile Regierung erhalten kann, die dann auch außenpolitisch in Bezug auf Südtirol Kontinuität haben wird”, betonte Kompatscher. Man führe aktuell die Verhandlungen zur Reform des Südtiroler Autonomiestatuts mit der Wiederherstellung verloren gegangener Kompetenzen auch aufgrund von Vereinbarungen, die man zu dritt in Rom getroffen habe. “Wir hoffen, dass in diesem Sinne dann auch weitergearbeitet wird, denn wir haben ein Stück des Weges zurückgelegt und es ist nun wichtig, dass wir diese Reform auch zu Ende bringen”, erklärte der Südtiroler Landeshauptmann.

Hinsichtlich ebenjener Verhandlungen zeigte sich Kompatscher bei dem SVP-Pressegespräch, bei dem ein Rückblick sowie ein Ausblick auf das heurige Jahr gegeben wurde, zuversichtlich. Die Arbeit auf Fach- bzw. Beamtenebene sei abgeschlossen, nun sei es Aufgabe politischer Beratungen, die letzten Hürden zu lösen. Man hoffe, dass das erste Treffen bald einberufen werde. Es gebe keinen Zeitplan, man habe jedoch von der italienischen Regierung signalisiert bekommen, dass man an raschen Gesprächen interessiert sei. Ziel sei es, die verloren gegangenen Zuständigkeiten zurückzubekommen, wie dies von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (Fratelli d`Italia) versprochen worden war. Natürlich wünsche man sich auch Anpassungen anderer Bestimmungen an die heutige Zeit. Bei den Verhandlungen geht es um die Wiederherstellung der Standards, die 1992 zur Streitbeilegung vor den Vereinten Nationen (UNO) geführt hatten und durch die italienische Verfassungsreform bzw. Urteile des Verfassungsgerichts über die Jahre immer wieder ausgehöhlt worden waren.

In der ersten Hälfte diesen Jahres sollte der Beschluss im Ministerrat durch die Rechtsregierung Melonis erfolgen. Kompatscher rechnete dann mit ein bis zwei Jahren, bis das Verfassungsgesetz beide Kammern des Parlaments passiert haben wird.

Kommunalwahlen im Mai als SVP-Schwerpunkt

Steger, seit Mai vergangenen Jahres Parteiobmann, zog eine positive Bilanz über die ersten Monate seiner Tätigkeit. Die SVP habe gute Ergebnisse bei den Europawahlen und bei den Wahlen in einigen Gemeinden des Landes erzielt. Diese waren meist notwendig geworden, da die Bürgermeister in den Landtag gewählt worden waren. Ein Schwerpunkt für 2025 seien die Gemeinderatswahlen am 4. Mai. Der Obmann zeigte sich davon überzeugt, dass man wieder gute Kandidaten aufstellen könne, um die Bürger zu überzeugen. Nach den Wahlen sollte dann eine breite interne Diskussion, unter Einbeziehung der Basis, über die Schwerpunkte der Partei folgen. Steger kündigte auch an, sich wieder für eine öffentliche Parteienfinanzierung einsetzen zu wollen, wie dies auch in Österreich und Deutschland der Fall sei. Parteien seien wichtig für die Demokratie und das Beispiel wie es nicht laufen sollte, seien die USA, wo einige Reiche politischen Einfluss nehmen würden.

Kompatscher ging auch auf die Arbeit der Landesregierung ein – er steht seit der Landtagswahl 2023 einer Mitte-Rechts-Fünferkoalition aus Südtiroler Volkspartei, den Südtiroler Freiheitlichen, Fratelli d’Italia, Lega und La Civica vor. Die Regierung sei nun seit knapp einem Jahr im Amt und es sei natürlich etwas schwieriger geworden, die erstmals aus fünf Parteien bestehende Koalition zu koordinieren. Trotzdem stehe Südtirol auch im internationalen Vergleich gut da. Der Landeshauptmann verwies auf Maßnahmen gegen die Folgen der Inflation, die deutlich gesteigerten Investitionen des Landes und die Anreize zur Förderung der Nachhaltigkeit, die noch weiter ausgebaut werden sollen. Im Februar solle auch ein bereichsübergreifendes Gesetz in den Landtag kommen, um das Wohnen leistbarer zu machen.

Als positiv wertete Kompatscher auch die kürzlich erfolgte Ausschreibung der Konzession für die Brennerautobahn A22. “Egal, wer die Konzession letztendlich bekommt”, müsse Vorgaben einhalten, die zum Vorteil der Bevölkerung Südtirols seien. Natürlich hoffe man, dass die derzeitige öffentliche Autobahngesellschaft auch weiterhin die Brennerautobahn führen könne.

Bezirk: Bozen

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