Von: mk
Bozen – „Südtirol steht gut da und wir wollen in europäischem Geist an der Autonomie weiterbauen“, so Landeshauptmann Arno Kompatscher am Tag der Autonomie auf Schloss Sigmundskron.
Schloss Sigmundskron sei nicht zufällig als Ort für den Tag der Autonomie ausgewählt worden, sondern als Symbol, weil hier 1957 von 35.000 Südtirolern gegen erneute Majorisierung das “Los von Trient” ausgesprochen worden war, erklärte Landeshauptmann Kompatscher nach der Begrüßung der vielen Ehrengäste darunter auch die Minister Sebastian Kurz und Paolo Gentiloni.
„Der Tag der Autonomie ist für uns ein Grund zum Feiern, denn das vor 70 Jahren unterzeichnete Gruber-Degasperi-Abkommen ist die rechtliche Grundlage für die autonome Entwicklung unseres Landes“, betonte Kompatscher. Auch heute würden die Historiker noch darüber diskutieren, ob der Gruber-Degasperi-Vertrag eine Magna Charta für Südtirol oder ein Dokument Österreichischer Schwäche sei, so Kompatscher. „Eine heutige Bewertung des Abkommens ist nur über doppelten Zugang möglich, einmal mit einem Blick auf Geschichte und Kontext, etwa die Situation der Alliierten und die Situation Österreichs und Italiens nach dem Krieg und zum anderen als Gesamtschau, was sich aus und um das Abkommen in den vergangenen Jahren entwickelt hat“, betonte der Landeshauptmann.
„Die territoriale Abgrenzung jedenfalls hatte schwere Folgen und das Staut von 1948 führte zu einer für Südtirol unbefriedigenden Regionalautonomie und somit zu einer doppelten Enttäuschung: Die nicht mehr mögliche Rückkehr zu Österreich und der Verlust einer inneren Selbstbestimmung zog viele Jahre des politischen Kampfes nach sich“, resümierte Kompatscher und nannte die UN-Resolution, die Feuernacht, die Einsetzung der 19er-Kommission, das Paket, das zweite Autonomiestatut, die Durchführungsbestimmungen dazu, die Umsetzung der Autonomie und die Streitbeilegungserklärung als vorläufige Höhepunkte.
„Aus damaliger Sicht war das Abkommen wohl ein Grund zur Enttäuschung, in Nachbetrachtung enthielt es, neben der Regelung der Optantenfrage, aber eine Reihe von substantiellen Regelungen, die wichtig waren. Der besondere Schutzcharakter kam zum Tragen mit der Einräumung einer eigenen Verwaltungsbefugnis, der Gleichberechtigung bei Zulassung zu öffentlichen Ämtern, in Dokumenten und Urkunden oder die Zwei- und Dreisprachnachweise für öffentliche Beamte“, betonte der Landeshauptmann.
„Die rechtliche Basis und die bilaterale Absicherung macht unsere Autonomie besonders unter den Sonderautonomien“, hob der Landeshauptmann hervor. „Die Streitbeilegungserklärung 1992 ist nicht das Ende des Diskurses, man muss die Autonomie dynamisch halten und sie weiterentwickeln, also den Entwicklungen im Land, im Staat und in Europa Rechnung tragen“, betonte Kompatscher. „Was Altlandeshauptmann Luis Durnwalder vor zehn Jahren sagte, nämlich: ´das Abkommen ist der Ausgangspunkt, Endpunkt gibt es keinen´ gilt nach wie vor“, sagte der Landeshauptmann.
Laut Kompatscher sind die neuen Herausforderungen gesellschaftlicher, sozialer, wirtschaftlicher und politischer Natur und müssen über die ständige Weiterentwicklung der Autonomie unter der Berücksichtung der Prinzipien des Pariser Vertrages aus völkerrechtlicher Sicht erfolgen, wie letzthin der Austausch über die Finanzregelung. Auch in punkto Verfassungsreform würden diese Prinzipien des Pariser Abkommens in einem europäischen und friedlichen Geist gelten. „Sämtliche Änderungen sind nicht anwendbar, ohne dass das Autonomiestatut aufgrund von Abkommen, die es zu treffen gilt, geändert wird – eine Revision ist also nur machbar, wenn alle Rechte, die wir in diesen Jahrzehnten errungen haben, berücksichtigt werden“, unterstrich der Landeshauptmann. Somit ergebe sich eine Möglichkeit, die Reform mit Normen zu begleiten, die die Südtiroler Autonomie schützen würden, meinte Kompatscher.
„Aber die Autonomie ist kein Selbstzweck! Südtirol steht heute gut da und das war letztlich das Ziel, dass sich Volkscharakter, Kultur, Sprache und Wirtschaft weiterentwickeln können. Heute können wir unsere Sprache und Kultur selbstbewusst leben, die Deutschsprachigen, die Ladiner, und die Italiener“, sagte der Landeshauptmann.
„Wir wollen Schritt für Schritt an der Autonomie weiterbauen, gemeinsam mit unseren Partnern, und zwar im europäischen Geist, eine Brücke bilden zwischen Staaten, Beispiel sein und ein kleines Europa im großen Europa bilden“, schloss Kompatscher.