Von: mk
Bozen – Auf Bitte von Hans Heiss informierte LH Arno Kompatscher die Abgeordneten im Landtag über die gestern in Rom getroffene Vereinbarung zur Post. Wesentlicher Teil der Vereinbarung sei das Verteilungszentrum in Südtirol, was früher unerreichbar schien und auch das Interesse an einer Übernahme in Grenzen hielt. Das Zentrum in Verona habe seine Schwierigkeiten mit den deutschen Adressen, insofern erreiche man auch deshalb eine Beschleunigung. Post aus und für Südtirol müsse nun nicht mehr den Umweg über Verona machen. Nun sei das Land der Auftraggeber für den Postdienst. Einen Teil, 3,2 Mio., davon finanziere man aus dem Mailänder Abkommen, den Rest, 6,8 Mio., mit Landesmitteln. Die Briefträger würden mit digitalen Geräten ausgestattet und würden so zu mobilen Postämtern. Die Post werde auch neue Dienstleistungen für die lokale Wirtschaft anbieten. Postämter würden keine mehr geschlossen. der Vertrag habe eine Laufzeit von drei Jahren, er sei verlängerbar, aber auch kündbar, falls die Qualität nicht passe. Eine paritätische Kommission werde die Qualität und die Einhaltung des Vertrages überprüfen. Es werde eine eigene Direktion für den Zustelldienst geben, auch mit der Zuständigkeit für das Personal ausgestattet.
Der Landtagsabgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit, Bernhard Zimmerhofer begrüßt die Übernahme der Postdienste in Süd-Tirol durch das Land. ”Alles,was wir ohne Rom selber gestalten und verwalten können, ist sicher im Sinne einer effizienteren und den lokalen Bedürfnissen entsprechenden Vorgehensweise. Ob es sich um einen autonomiepolitischen Erfolg und eine Qualitätsgarantie handelt, so wie es der Landeshauptmann behauptet, werden wir auch daran messen, ob die vielen Verletzungen zur Einhaltung der Zweisprachigkeit endgültig abgestellt werden und ob der Proporz bei Neuanstellungen respektiert wird! Diesbezüglich werden wir die weitere Entwicklung sehr genau beobachten. Immerhin bezahlt das Land für die Übernahme des Postdienstes insgesamt zehn Mio. Euro (3,2 Mio über das Mailänder Abkommen und 6,8 Mio aus dem Landeshaushalt).”
Zimmerhofer bedauert, dass von Seiten der Landesregierung keinerlei Verhandlungen über eine Konvention mit z.B. der Österreichischen oder Deutschen Post geführt worden seien, wo man für weniger Steuergeld dieselben Qualitätsstandards hätte erreichen können.
Auf Nachfrage von Bernhard Zimmerhofer erklärte Kompatscher, dass ein Abkommen mit der deutschen oder österreichischen Post nicht angepeilt wurde. Man werde sehen, ob dieses Abkommen funktioniere und sich andernfalls nach anderen Möglichkeiten umsehen. Die internationale Post habe ihre vorgesehenen Knoten, das hänge nicht vom Vertrag ab, erklärte Kompatscher auf Nachfrage von Sven Knoll, die Briefwahl sei vom Vertrag nicht ausdrücklich erfasst.
Beschlussantrag Nr. 751/17: Mittelvergabe an der Universität Innsbruck (eingebracht von den Abg. Köllensperger und Pöder am 3.3.2017). De Landtag möge die Landesregierung verpflichten: 1. die Mittel für die Universität Innsbruck ab 2018 um 50 % zu erhöhen, damit eine wirksame Förderung aller am Institut für Italienisches Recht gelehrten Fächer ermöglicht wird; 2. alle Fächer, die am Institut für Italienisches Recht gelehrt werden, finanziell zu unterstützen; 3. den Innsbrucker Beirat zum Artikel 27 UG-Projekt „Forum Kultur- und Spracherhaltung“ nicht mehr zu beschicken; 4. eine vom Landtag benannte Kommission einzurichten, die aus Vertretern des Landtages und aus Wissenschaftlern, unter Sicherstellung von Unabhängigkeit und unter Ausschluss von Interessenskonflikten, bestehen soll. Diese Kommission soll Projektanträge und jährliche Bücherdotationen für die einzelnen Fachbereiche anhand objektiver Kriterien (insbesondere betreute Diplomarbeiten und Dissertationen, Publikationen mit Südtirol-Bezug in einschlägigen – und qualitativ hochwertigen – Fachzeitschriften) genehmigen; 5. eine Auflistung der gemäß der im Punkt 4 erwähnten Kriterien genehmigten Projekte und bereitgestellten Summen im Sinne der Transparenz zu veröffentlichen.
“Derzeit wird nur das Fach „Italienisches Recht“ finanziert”, bemerkte Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung). “Wenn man das ganze Lernangebot des Instituts berücksichtigt, erkennt man sofort, dass auch andere Universitätskurse am selben Institut eine große Anzahl an Südtiroler Studierende und Unterlagen mit Südtirol-Bezug aufweisen und diesbezüglich ebenso Finanzmittel erhalten sollten. Die Entscheidung über die Mittelverwendung und die Kontrolle darüber (ex ante und ex post) muss im Sinne der Transparenz und der Einhaltung der verfassungsrechtlichen Prinzipien über eine gute Verwaltung unmittelbar in Südtirol erfolgen.” Es müsse Klarheit über die Mittelverwendung geben, über jene, die über die Mittel entscheiden, und darüber, wie sie eingesetzt wurden.
Andreas Pöder (BürgerUnion) sprach von einer locker-fröhlichen Finanzierung. Die Kriterien seien nicht klar. Man habe den Eindruck, dass Lieblingsprofessoren unterstützt würden. Es sei eigenartig, wenn bereits vor der Abrechnung gezahlt werde.
Innsbruck habe eine wichtige Funktion für Südtirol, auch für die italienische Sprachgruppe, bemerkte Hans Heiss (Grüne), und dafür würden eigentlich nur wenig Mittel aufgewendet. Das Studium des italienischen Rechts sei für Südtirol besonders wichtig, aber es gäbe auch andere unterstützenswerte Bereiche, etwa die Zeitgeschichte. Das Anliegen des Antrags sei aber nachvollziehbar, allerdings sei eine eigene Kommission nicht zielführend, eine laufende Überwachung durch das Land müsste reichen.
Die Bestellung von Frau Happacher habe für mediale Aufmerksam gesorgt, bemerkte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit), hier gebe es noch Aufklärungsbedarf. In Innsbruck studierten mehr Südtiroler als in Bozen, gleichwohl werde etwa die medizinische Universität Innsbruck vom Land nicht unterstützt, was vor allem vor dem Hintergrund des akuten Ärztemangels unverständlich sei.
LH Arno Kompatscher bezeichnete gewisse Aussagen zum Rechtsstudium in Innsbruck als ehrenrührig. Es gebe Unstimmigkeiten zwischen einzelnen Lehrenden, man sollte aber nicht einzelne Positionen unkritisch übernehmen. Bei einem Treffen mit den Rektoren von Padua, Innsbruck, Trient und Bozen sei vereinbart worden, dass dieses Studium in Zukunft von allen vier Unis gemeinsam getragen werde, in wenigen Wochen erfolge die Unterschrift. Das italienische Rechtsstudium in Innsbruck sei auch deshalb wesentlich für Südtirol, weil hier auch eine deutsche Terminologie für italienisches Recht gelehrt werde. Das Studium werde zum größten Teil vom österreichischen Wissenschaftsministerium finanziert, Südtirol zahle rund ein Viertel, werde in Zukunft aber mehr zahlen, ebenso die Unis von Padua, Bozen und Trient. Die Mittelaufteilung werde nach dem Abkommen erfolgen, es wäre auch nicht opportun, dass Südtirol entscheidet, was vor allem von Wien finanziert wird – wofür man weiterhin dankbar sei. Auch im Bereich der Medizin arbeite man mit Innsbruck zusammen.
Es gehe im Antrag um die Objektivierung der Finanzierung, nicht um für die eine oder andere Seite Partei zu ergreifen, erklärte Paul Köllensperger. Es gehe um Steuergelder. Der Antrag wurde in mehreren Teilabstimmungen mehrheitlich abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 753/17: Mameli-Hymne: Nein zu politischer Instrumentalisierung von Schulkindern (eingebracht von den Abg. Knoll, Atz Tammerle und Zimmerhofer am 20.3.2017). Der Landtag wolle beschließen: 1. Der Süd-Tiroler Landtag verurteilt die in Leifers geschehene politische Instrumentalisierung von Schulkindern. 2. Der Süd-Tiroler Landtag verurteilt den antiösterreichischen und gewaltverherrlichenden Text der Mameli-Hymne. 3. Die Süd-Tiroler Landesregierung wird aufgefordert, an alle deutsch- und ladinischsprachigen Schulen die Weisung zu erteilen, Schulkinder nicht zur Teilnahme an Feierlichkeiten zur Einheit Italiens und zum Absingen der Mameli-Hymne zu nötigen. 4. Die Süd-Tiroler Landesregierung wird beauftragt, dafür Sorge zu tragen, dass bei offiziellen Anlässen des Landes Süd-Tirol die Mameli-Hymne nicht gespielt wird.
“In Leifers fand unlängst eine Feier zur Einheit Italiens statt, an welcher neben Carabinieri, Alpinisoldaten und Gemeindevertretern auch deutsche Schulklassen teilnehmen mussten”, berichtete Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). “Dabei wurden die Kinder genötigt, ein Bekenntnis zur Einheit Italiens abzulegen und die eigene österreichische Herkunft zu leugnen, indem sie die kriegsverherrlichende Mameli-Hymne singen mussten. In der Hymne heißt es unter anderem: ‘Die Kinder Italiens heißen Balilla; Der österreichische Adler hat schon die Federn verloren; Laßt uns die Reihen schließen. Italien hat gerufen. Wir sind zum Tod bereit!’ Viele Eltern und Bürger sind entsetzt von dieser politischen Instrumentalisierung von Schulkindern. Welchen pädagogischen Mehrwert soll es bringen, Süd-Tiroler Kinder eine Hymne singen zu lassen, in welcher sie beschwören, dass sie bereit sind für Italien zu sterben?” Solche Themen sollten im Rahmen des Unterrichts aufgearbeitet, aber nicht gefeiert werden. Die Kinder seien vor allem mit dem Hintergedanken eingeladen worden, um mehr Publikum bei der Feier zu haben.
Knoll sei von falschen Prämissen ausgegangen, meinte Dieter Steger (SVP), niemand sei zur Teilnahme gezwungen worden. Knoll müsse sich natürlich um sein Kerngeschäft kümmern, aber die SVP werde da nicht mitspielen. Andreas Pöder (BürgerUnion) unterstützte den Antrag. Wenn eine italienische Schulklasse zu einer Andreas-Hofer-Feier genötigt würde, würde es italienweit einen Aufschrei geben. Es sei nicht nur eine rechtliche Frage, sondern auch eine der Opportunität und Sensibilität. Die Landespolitik sollte klarstellen, dass solches nicht gewollt werde.
Die meisten Nationalhymnen stammten aus dem 19. Jahrhundert, Hans Heiss (Grüne), sie seien entsprechend blutrünstig und national angehaucht, übrigens auch das Andreas-Hofer-Lied. Die Nationalhymnen sollten auf wenige, wesentliche Anlässe begrenzt werden, wenn es um Geschichte und Verfassung des jeweiligen Staates gehe. Besser sei die Europahymne. Die Grünen würden sich zum Antrag enthalten, sie seien für die Überwindung des Nationalismus und wollten nicht für die eine oder andere Seite Partei ergreifen.
Brigitte Foppa (Grüne) wies auf die Gewalt in vielen Hymnen hin. Man sollte wenigstens auf die Texte verzichten. Foppa las eine italienische Übersetzung des Hofer-Liedes vor. Das sei auch kein Text, den man Kindern zumuten sollte.
Es gehe vor allem darum, ob ein Text instrumentalisiert werde, meinte Myriam Atz Tammerle (STF). Bei solchen Veranstaltungen wie in Leifers stünden die Kinder mit dem Text in der Hand da und müssten ihn mitsingen. Hier würden Kinder instrumentalisiert, ebenso wenn sie bei Sportveranstaltungen mit der Trikolore auftreten müssten. Man dürfe Kinder nicht in eine bestimmte Richtung drängen, wenn sie selbst nicht ganz verstünden, worum es gehe.
Ulli Mair (Freiheitliche) fragte, ob es diese Instrumentalisierung tatsächlich gegeben habe; laut einem Leserbrief eines Pädagogen sei dies nicht der Fall gewesen. Instrumentalisierung sollte grundsätzlich unterbunden werden. Hymnentexte seien nicht mehr aktuell, aber ob man sie deswegen verurteilen soll, sei auch fraglich. Das Hofer-Lied gehöre zur Geschichte des Landes, wenn man darin Gewaltverherrlichung sehe, dann müsste man auch die Märchen der Brüder Grimm verbieten. Einverstanden zeigte sie sich mit Punkt drei des Antrags.
Die autonome Schule entscheide selbst, ob sie einer solchen Einladung der Gemeinde folge, antwortete LR Philipp Achammer, im Falle von Leifers könne er sich hinter die Schule stellen. Alle Eltern der 45 Kinder seien vorab gefragt worden. Niemand sei zur Teilnahme oder zum Singen genötigt worden. Die Schule habe auch Vor- und Nachbereitung zum Thema geboten. Achammer kündigte sein Nein zum Antrag an, weil er von falschen Prämissen ausgehe.
Er werde eine Anfrage dazu stellen, wie die Information vorab geschehen sei, kündigte Sven Knoll an. Die Mameli-Hymne beleidige andere Völker, das Hofer-Lied tue dies nicht. In Leifers habe eine Instrumentalisierung stattgefunden, man wollte die Einheit Italiens feiern und man wollte die Schüler dabei haben. Knoll beantragte eine Verallgemeinerung des Antrags, der sich nicht mehr spezifisch auf Leifers beziehen solle.
LH Arno Kompatscher plädierte gegen diese Änderung; die ganze Debatte sei auf den Fall Leifers konzentriert worden. Knoll beharrte hingegen darauf, das sei zulässig (was Präsident Bizzo bestätigte). Der Antrag wurde in mehreren Teilabstimmungen mehrheitlich abgelehnt.