Von: mk
Bozen – Der Südtiroler Landtag hat sich heute mit dem Beschlussantrag Nr. 730/17: „Vorstellung und Debatte im Landtag zu den Abschlussdokumenten des Autonomiekonvents (vorgelegt von den Abg. Dello Sbarba, Foppa und Heiss am 23.1.2017)“ befasst: Alle Dokumente, die gemäß Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe c) des Landesgesetzes vom 23. April 2015, Nr. 3, der „Konvent für die Überarbeitung des Autonomiestatuts“ ausarbeitet und dem Landtag übermittelt, werden in einer gemeinsamen Sitzung des Landtages und des Konvents innerhalb dieser Legislaturperiode von den jeweiligen Einbringerinnen und Einbringern erläutert und zur Debatte gebracht.
Eine solche Debatte würde auch eine öffentliche Anerkennung für die Arbeiten des Konvents bedeuten, erklärte Riccardo Dello Sbarba (Grüne). Andreas Pöder (BürgerUnion) zeigte sich mit dem Vorschlag einverstanden, aber eine “gemeinsame Sitzung” sei formell nicht die richtige Formulierung. Der Konvent sei gegenüber dem Landtag eine sehr untergeordnete Einrichtung. Man könne eine Anhörung machen oder ähnliches.
Brigitte Foppa (Grüne) bedauerte das Desinteresse am Konvent, stete Anträge seien fast die einzige Chance, um auf ihn aufmerksam zu machen. Man vergebe sich damit eine gigantische Chance.
Sie sehe den Konvent sehr, sehr positiv, erklärte Maria Hochgruber Kuenzer (SVP). Noch nie hätten sich so viele Bürger zusammengesetzt, um über die Zukunft ihres Landes zu diskutieren. Es müsse nicht eine gemeinsame Sitzung sein, man sollte sich aber mit dem Konvent in irgendeiner Form zusammensetzen. Sie wehre sich dagegen, wenn der Konvent schlechtgeredet werde, ohne seine Themen und Diskussionen zu kennen. Es werde ein wichtiges Dokument erstellt, auf dessen Basis Südtirols Vertreter in Bozen, Rom und Europa arbeiten könnten.
Auch Christian Tschurtschenthaler (SVP) teilte nicht die Einschätzung Foppas. Der Konvent habe keine Krücken notwendig. Dello Sbarba kritisiere, dass man im Konvent zu viel über Kompetenzen rede, aber dies sei der Auftrag durch den Landtag. Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) sah das Grundübel des Konvents in der Beschränkung auf eine Erweiterung der Zuständigkeiten. Davon abgesehen unterstützte er den Antrag auf Debatte zu den Dokumenten. Er fragte, ob die Abgeordneten an den Sitzungen des Konvents teilnehmen dürften, Anträge einbringen usw., was Präsident Roberto Bizzo bejahte.
Brigitte Foppa betonte, dass sie niemanden verletzen und niemandes Engagement schmälern wollte. Abgeordnete, die nicht Mitglieder des Konvents seien, könnten keine Minderheitenberichte einbringen, präzisierte Christian Tschurtschenthaler. Präsident Bizzo bestätigte dies. Laut Gesetz sei eine gemeinsame Sitzung von Landtag und Konvent nicht möglich, der Konvent übermittle seine Dokumente und der Landtag diskutiere darüber. Der Antrag sei dementsprechend umzuformulieren.
Auch Dieter Steger (SVP) betonte, dass Abgeordnete, die nicht Mitglied des Konvents seien, keine Minderheitenberichte einreichen könnten.
Der Antrag wurde, mit der von Bizzo vorgeschlagenen Änderung, mit 21 Ja und 10 Enthaltungen angenommen: “Alle Dokumente, die gemäß Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe c) des Landesgesetzes vom 23. April 2015, Nr. 3, der „Konvent für die Überarbeitung des Autonomiestatuts“ ausarbeitet und dem Landtag übermittelt, werden in einer Sitzung des Landtages innerhalb dieser Legislaturperiode erläutert und zur Debatte gebracht.”
Beschlussantrag Nr. 511/15: SPRAR-Ausschreibungen (eingebracht von den Abg. Dello Sbarba, Foppa und Heiss am 16.11.2015). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, dem SPRAR-Programm beizutreten und Programme für die Aufnahme von Flüchtlingen vorzulegen, den Programmen für unbegleiteten Jugendlichen und schutzbedürftigen Menschen den Vorrang zu geben, den Gemeinden, die sich selbst am SPRAR beteiligen, zu unterstützen, immer innerhalb der für Südtirol vorgesehenen Verteilungsquote. Mit der Beteiligung am SPRAR habe man Zugang zu mehr staatlichen Mitteln, erklärte Riccardo Dello Sbarba (Grüne), und außerdem Zugang zu spezifischen Programmen für Schutzbedürftige.
Sven Knoll (STF) sprach sich gegen die Beteiligung am SPRAR aus. Er habe zusammen mit Heiss bei einer Tagung erfahren, dass das staatliche Programm kaum funktioniere und zahlreiche Unzulänglichkeiten aufweise. Zudem werde der Staat für die zusätzliche Förderung mehr Gegenleistungen verlangen, z.B. ein größeres Aufnahmekontingent. Bei den meisten handle es sich um Wirtschaftsflüchtlinge, deren Eingliederung in ein Flüchtlingsprogramm nicht sinnvoll. Südtirol sei in einer Sondersituation, die eine unbegrenzte Aufnahme nicht vertrage.
Der Beitritt zum Programm würde nicht Südtirol nützen, sondern dem Staat, der die direkte Kontrolle übernehmen würde, befürchtete Andreas Pöder (BU). Außerdem würden eh die allermeisten Asylanträge zurückgewiesen. Länder wie Nigeria würden keine Ausreisedokumente ausstellen, eine Rückführung sei dadurch nicht möglich. Das SPRAR sei nur eine Methode, um mehr Flüchtling nach Südtirol zu bringen.
Hans Heiss (Grüne) kritisierte den Ausdruck “Wirtschaftsflüchtlinge”. Viele würden auch aus wirtschaftlichen Gründen flüchten, aber vor allem vor Kriegen und Verfolgungen. Auch die 75.000 Südtiroler, die 1939 Südtirol verlassen hätten sei so gesehen Wirtschaftsflüchtlinge, weil ihnen das faschistische Regime die Lebensgrundlage entzogen habe. Die Flüchtlinge seien derzeit 0,2-0,3 Prozent der Bevölkerung, das SPRAR erlaube lediglich eine bessere Aufnahme. Myriam Atz Tammerle (STF) kritisierte die Wortwahl von Heiss. Den Südtirolern sei damals die Option aufgezwungen worden.
Ein Referent zum Thema habe kürzlich den Begriff “Hungerflüchtlinge” vorgeschlagen, bemerkte Brigitte Foppa (Grüne). Auch aus Südtirol seien jene weggegangen, denen es schlechter gegangen sei. Das SPRAR sei ein Projekt, das auf die freiwillige Teilnahme der Gemeinden gründe, erklärte LR Martha Stocker. Diese müssten dann auch die Immobilien stellen. Die aufgenommenen Flüchtlinge würden unter das Zuteilungskontingent für das Land fallen. Das Land sei aber nicht der richtige Adressat für den Antrag.
Riccardo Dello Sbarba wies darauf hin, dass das Asylrecht veraltet sei und dass es eine Initiative zur Reform gebe, die z.B. auch Umweltflüchtlinge berücksichtige. Mit dem SPRAR würde der Staat nicht die Kontrolle übernehmen, es sei eine freie Initiative der Gemeinden. Es sei erwiesen, dass das System, das über den Notfall hinausreiche, funktioniere. Es stehe auch nirgends geschrieben, dass sich nur Gemeinden beteiligen könnten. Der Antrag wurde in mehreren Teilabstimmungen abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 253/14: Schutz von Kindern und Jugendlichen vor identitätsverändernder Gender-Ideologie (eingebracht vom Abg. Pöder am 11.11.2014): 1. Der Südtiroler Landtag spricht sich explizit für die weitere Verwirklichung der Gleichberechtigung und Chancengleichheit von Mann und Frau aber gegen das gezielte Umprogrammieren der Geschlechteridentität der Kinder und Jugendlichen im Sinne der Gender-Ideologie aus. 2. Der Südtiroler Landtag spricht sich gegen die Verbreitung der Gender‐Ideologie in öffentlichen Schulen und Kindergärten und für den Schutz der Kinder und Jugendlichen vor dem Umprogrammieren ihrer Identität im Sinne der Gender‐Ideologie aus. 3. Die Südtiroler Landesregierung wird aufgefordert, die Förderung der Gender‐Ideologie in Schulen, Kindergärten und in öffentlichen Ämtern zu unterbinden. 4. Der Südtiroler Landtag spricht sich für die Streichung des Art.8 Abs. 2 Punkt 1 aus dem Südtiroler Familiengesetz aus und verpflichtet die Landesregierung, die dafür nötigen Schritte zu unternehmen.
“In der Gender‐Ideologie in ihrer extremen Ausformung geht es nicht um die Gleichberechtigung der Geschlechter, sondern um eine völlige Nivellierung und Gleichmacherei, die Verneinung der Identität von Buben und Mädchen oder von Frau und Mann”, fasste Andreas Pöder (BürgerUnion) zusammen. “Die Geschlechtsunterschiede werden laut Gender‐Ideologie grundsätzlich negativ bewertet, sie haben demnach im Wesentlichen keine natürlichen Ursachen, sondern sind lediglich anerzogen. Laut Genderideologie gibt es keine natürlichen Geschlechter, sprich Mann und Frau sind nur Erfindungen.” Auch an Südtirols Schulen habe die Ideologie Fuß gefasst, es würden entsprechende Broschüren verteilt, man betreibe Gehirnwäsche.
Der Antrag betreibe eine extreme Auslegung des Gendergedankens, meinte LR Martha Stocker. Man versuche nur, von Rollenklischees und Geschlechtertypen abzukommen, dass man nicht mehr bestimmte Aufgaben einem bestimmten Geschlecht zuweise, etwa die Altenpflege. Auch Berufsklischees wolle man aufbrechen. Aber auch die Anerkennung der Geschlechtsunterschiede sei etwas Selbstverständliches. Aus diesen Gründen lehne sie den Antrag ab.
Andreas Pöder fragte, wer festlege, was ein Klischee sei. Das sei eine ideologische Frage. Für negative, typisch für Männer reservierte Begriffe werde interessanterweise nie das Genderprinzip eingefordert. Es sei ein Problem, dass es an der Schule zu wenig männliches Personal gebe. Es gebe nicht nur Stereotypen, es gebe auch wirklich unterschiedliche Verhaltensweisen, ohne dass sie anerzogen werden müssten.
Der Antrag wurde mit acht Ja und 19 Nein abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 260/14: Stromsäulen für Computer, Tablets und Smartphones (eingebracht vom Abg. Urzì am 21.11.2014). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, im ganzen Land Ladestationen samt Hotspots einzurichten, deren Anschluss für jedwede handelsübliche Computer-, Tablet- und Handymarke geeignet ist, damit sich Südtirol als technologie- und kommunikationsfreundliches Land rühmen kann.
“In einigen europäischen Städten und Flughäfen wurden vor Kurzem Ladestationen zum Aufladen von Notebooks, Tablets und Smartphones aufgestellt, damit man surfen kann, ohne sich um die Akkulaufzeit Sorgen machen zu müssen”, berichtete Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore). “An diesen Ladestationen kann man sein elektronisches Gerät meist unentgeltlich und auf umweltfreundliche Weise aufladen, da sie oft mit Solarenergie betrieben werden. Die Aufstellung solcher Ladestationen in Südtirol könnte die ohnehin schon qualitativ hochwertige Palette an Dienstleistungen für unsere Gäste ergänzen und zweifelsohne auch den Südtirolerinnen und Südtirolern zugutekommen.”
Sven Knoll (STF) sah Probleme bei der praktischen Umsetzung. Handy hätten unterschiedliche Ladegeräte, die Standards würden ständig erneuert, die Ladestationen müssten ständig nachgerüstet werden. Manche Kaufhäuser hätten den Dienst angeboten, aber sich auch Daten vom Kundenhandy heruntergeladen. Bei Ladestationen wisse der Kunde nicht, ob sie nur Strom abgäben.
Andreas Pöder (BU) unterstützte den Vorschlag. Die Zukunft werde die kabellose Aufladung sein. Sicherheitsprobleme gebe es bereits mit den Hotspots, die gemäß dem italienischen Gesetz, aber wider das europäische Recht eine Vorratsdatenspeicherung vornähmen.
LR Waltraud Deeg informierte den Landtag, dass man bereits auf dem Weg sei. Man wolle an allen öffentlichen Plätzen und Orten Hotspots aufstellen. Sie teile das Anliegen des Antrags, aber man sei bereits bei der Umsetzung. Das sei die Standardantwort der Landesregierung, kritisierte Alessandro Urzì, dann könne sich der Landtag die Anträge sparen. Sein Antrag rede in erster Linie nicht von den Hotspots, sondern von den Ladestationen. Der Antrag wurde mit sechs Ja, 17 Nein bei sechs Enthaltungen abgelehnt.