Von: APA/AFP/dpa
79 Staaten, darunter auch Österreich, haben die US-Sanktionen gegen den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) kritisiert. Die Sanktionen der USA erhöhten “das Risiko einer Straflosigkeit für die schwersten Verbrechen und drohen, das Völkerrecht auszuhöhlen”, hieß es in einer am Freitag am UNO-Sitz in New York veröffentlichten Erklärung. Als “leidenschaftliche Unterstützer des IStGH” bedauerten die Länder “jeden Versuch, die Unabhängigkeit des Gerichtshofs zu untergraben”.
Initiiert worden war die Erklärung von Slowenien, Luxemburg, Mexiko, Sierra Leone und Vanuatu. Zu den Unterzeichnern gehören neben Deutschland und Frankreich auch Großbritannien, Südafrika, die Palästinenser, Kanada, Chile und Panama. Auch Österreich ist darunter, wie das Außenministerium auf APA-Anfrage mitteilte.
US-Präsident Donald Trump hatte am Donnerstag per Dekret Sanktionen gegen den IStGH angeordnet und den Schritt damit begründet, dass das Haager Gericht “seine Macht missbraucht” habe, indem es Haftbefehl gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu beantragt habe. Während das Gericht selbst die Sanktionen verurteilte, begrüßte Israel Trumps Schritt.
Österreich “starker Unterstützer” des IStGH
Aus dem Außenministerium in Wien hieß es am Freitag auf APA-Anfrage, Österreich sei “Gründungsmitglied und starker Unterstützer des Internationalen Strafgerichtshofes”: “Der IStGH ist ein wichtiger Baustein der internationalen regelbasierten Ordnung und unverzichtbar im Kampf gegen die Straflosigkeit. Dabei ist seine Unabhängigkeit unbedingt von allen zu respektieren”, wurde in einer Stellungnahme unterstrichen. “Wir lehnen jegliche Einschüchterung des Gerichtshofs ab und kritisieren alle Versuche, die Unabhängigkeit, Integrität und Unparteilichkeit des Gerichtshofs zu untergraben.”
Die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, sicherte dem Gericht Unterstützung zu. Der Gerichtshof müsse weiter in der Lage sein, “den Kampf gegen weltweite Straflosigkeit zu führen”, schrieb sie auf X. “Europa wird immer für Gerechtigkeit und den Respekt des internationalen Rechts eintreten.” Auch EU-Ratspräsident António Costa kritisierte die Entscheidung Trumps.
Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock teilte mit, der Gerichtshof gründe auf fundamentalen Prinzipien: “Die Durchsetzung des Völkerstrafrechts und die Unabhängigkeit der internationalen Gerichte – Prinzipien, die Sicherheit für alle bedeuten. Deshalb unterstützen wir den IStGH und deshalb braucht der IStGH unsere Unterstützung.”
Lob für Trump aus Israel
Das Gericht hatte im vergangenen Jahr wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Gaza-Krieg Haftbefehle gegen Netanyahu, den damaligen israelischen Verteidigungsminister Yoav Galant und auch damals hohe Hamas-Chefs erlassen. Die Haftbefehle gegen Netanyahu und Galant waren international teils kritisiert worden, darunter auch von Trumps Amtsvorgänger Joe Biden.
Zustimmung für die Sanktionen kam erwartungsgemäß aus Israel. Ministerpräsident Netanyahu lobte Trumps “mutiges” Vorgehen. Er nannte den Internationalen Strafgerichtshof auf der Plattform X “korrupt”, “antiamerikanisch und antisemitisch”. Die “rücksichtslose Kampagne” des IStGH gegen Israel sei ein Probelauf für Maßnahmen gegen die USA, meinte Netanyahu.
Finanzielle Strafmaßnahmen und Einreiseverbote
Die Sanktionen treffen die rund 900 Mitarbeiter des Gerichts, aber auch diejenigen, die an Ermittlungen gegen US-Personal oder Verbündete wie Israel beteiligt sind. Vermögenswerte dieser Personen sollen eingefroren werden. US-Unternehmen dürfen der Anordnung zufolge keine Finanzgeschäfte mehr mit Mitarbeitern des Gerichts machen. Gegen die betroffenen Personen werden auch Einreiseverbote in die USA verhängt.
Das Gericht versicherte seinen Mitarbeitern die volle Unterstützung. “Das Gericht steht fest zu seinen Mitarbeitern und verspricht, Millionen von unschuldigen Opfern von Gewalttaten weltweit weiter Gerechtigkeit und Hoffnung zu bieten, in all seinen Verfahren”.
Existenz des Gerichts bedroht
Für den Gerichtshof kommen die Sanktionen nicht überraschend. Er soll Medienberichten zufolge, die Gehälter seiner rund 900 Mitarbeiter auch bereits drei Monate im Voraus bezahlt haben – da eine Unterbrechung der Finanzdienstleistungen über US-Banken befürchtet worden war.
Kurz nach Trumps Wiederwahl hatte Gerichts-Präsidentin Tomoko Akane vor “drakonischen wirtschaftlichen Sanktionen” der USA gewarnt. Diese würden alle Ermittlungen aufs Spiel setzen und die Existenz des Gerichtshofes gefährden. Ende Jänner war noch ein Gesetzesvorhaben zu Sanktionen im US-Kongress gescheitert.
Trump hatte bereits in seiner ersten Amtszeit Sanktionen angeordnet, als das Gericht mutmaßliche Kriegsverbrechen von US-Soldaten in Afghanistan untersucht hatte. Diese machte sein Nachfolger Biden wieder rückgängig.
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