Von: luk
Bozen – Im Landtag wurden heute Anträge von BürgerUnion und Freiheitlichen behandelt.
Ein besonderen Gruß zur Eröffnung der heutigen Nachmittagssitzung hatte Vizepräsident Thomas Widmann für die Frauen im Landtag parat: “Sie sind ein wesentlicher und wertvoller Bestandteil dieses Plenums, ohne Sie würde dem Landtag eine Hälfte fehlen, die bessere, wie ich glaube. Sie würden dem Landtag wie dem Land fehlen, denn Männer kommen leider nicht von alleine drauf, welche die Bedürfnisse der Frauen sind und wie man sie angemessen berücksichtigt. Ich hoffe, dass Sie beim nächsten Mal noch mehr werden, denn in einer Demokratie sind Argumente wichtig, aber Stimmen im Zweifelsfall ausschlaggebend. Und Männer zweifeln gern, wenn sie etwas abgeben müssen. Alles Gute zum 8. März, liebe Kolleginnen!”
Beschlussantrag Nr. 735/17: Überprüfung der Situation der geschlossenen Höfe in Südtirol (eingebracht vom Abg. Pöder am 30.1.2017): 1. Die Landesregierung wird verpflichtet, innerhalb von 60 Tagen – auch in Zusammenarbeit mit den Gemeinden – ein Maßnahmenpaket zu entwickeln und den Landtag darüber zu informieren bzw. sofern notwendig dem Landtag entsprechende gesetzgeberische Maßnahmen vorzulegen, um eine flächendeckende Überprüfung des Status von zweifelhaften Situationen angeblich “geschlossener Höfe” durchzuführen, deren Status möglicherweise nicht mehr dem eines echten geschlossenen Hofes entspricht. 2. Aus diesem Maßnahmenpaket soll auch hervorgehen, welche Konsequenzen für jene erwachsen, die nicht mehr den Status eines geschlossenen Hofes in Anspruch nehmen können. 3. Die Landesregierung soll weiters innerhalb von 60 Tagen dem Landtag einen Vorschlag unterbreiten, wie jenseits der Neuregelung des Raumordnungsgesetzes auch das Höfegesetz überarbeitet werden kann, um den Missbrauch des Instrumentes des geschlossenen Hofes zu verhindern.
Die sinnvolle Einrichtung des geschlossenen Hofes werde heute von vielen missbraucht, um zu spekulieren oder sich eine schöne Villa im Grünen zu bauen, bemerkte Andreas Pöder (BürgerUnion) und verwies auf den Fall “Rosa Alpina”. Die Höfekommissionen hätten einen sehr großen Ermessensspielraum, und in manchen Fällen werde getrickst. Es gäbe die Instrumente, die echten von den falschen Höfen zu unterscheiden.
Hans Heiss (Grüne) erinnerte an die ursprüngliche Zielsetzung des Höfegesetzes, die in den letzten zehn, zwanzig Jahren immer öfter missachtet worden sei. Auch LR Schuler habe versucht, dem Missbrauch einen Riegel vorzuschieben, habe aber keine gute Gesprächsbasis beim Bauernbund gefunden. Der Landtag sollte den Landesrat in seinen Bemühungen unterstützen. Der Missbrauch sei jedenfalls für die Landschaft und auch für die Landwirtschaft kein Gewinn.
Es seien einige wenige, die aber der Landwirtschaft großen Schaden zufügten, meinte Maria Hochgruber Kuenzer (SVP). Schon Kaiserin Maria Theresia habe die Bedeutung der Mindesteinheit erkannt, darunter könne ein Hof nicht überleben. In Regionen, wo es keinen geschlossenen Hof gebe, gebe es keine Berglandwirtschaft mehr. Mit der Bindung, dass der Hof nicht mehr verkauft werden kann, ist der Missbrauch ein bisschen zurückgegangen.
Pius Leitner (Freiheitliche) bezeichnete es als schade, dass der Ruf des geschlossenen Hofes unter solchen Fällen wie Rosa Alpina leide. Die Grundidee des geschlossenen Hofes sei es, dass eine Familie davon leben könne. Leitner sprach sich für eine Überprüfung aus, wer in Ordnung sei, habe nichts zu befürchten.
LR Arnold Schuler kündigte eine baldige Befassung des Landtags mit der Materie an, das neue Gesetz werde wesentliche Neuerungen zu den geschlossenen Höfen bringen. Der geschlossene Hof sei eine Besonderheit, die großen Wert für unser Land habe. Es sei eine Form des Eigentums und nicht gebunden an eine bestimmte Form der Bearbeitung, daher sei es schwer festzulegen, was ein echter geschlossener Hof ist. Auch ein Hotel könne darunter fallen, wie Gerichtsurteile ergeben hätten. Der Antrag fordere die Überprüfung aller 13.300 geschlossenen Höfe, aber man könnte mit dem Ergebnis nicht die von Pöder erhofften Konsequenzen ziehen, denn die Eintragung im Grundbuch sei definitiv. Und weil ein Hof als Hotel mehr erbringe denn als Urlaub auf dem Bauernhof, dann könne man ihn deswegen nicht schließen.
Aus vielen Höfen seien Villen geworden, die mit dem ursprünglichen Hof nichts mehr zu tun hätten, erwiderte Pöder. Schuler selbst habe die besten Argumente für eine Überprüfung genannt. Der geschlossene Hof biete im Missbrauchsfall viele Vorteile, die andere Bauherren nicht hätten.
Die beiden ersten Teile des Antrags wurden mit zwölf Ja, 15 Nein bei vier Enthaltungen abgelehnt, Teil drei mit fünf Ja, 15 Nein und elf Enthaltungen.
Beschlussantrag Nr. 737/17: Kruzifix gehört zu Südtirol – Kultur und Tradition wichtiger als ideologische Vision (eingebracht von den Abg. Leitner, Blaas, Mair, Oberhofer, Stocker S. und Tinkhauser am 8.2.2017). Der Landtag möge sich dafür aussprechen, dass auch künftig in den Klassenzimmern an Südtirols Schulen das Kreuz als Ausdruck der christlichen Tradition des Landes angebracht wird. Die Landesregierung wird verpflichtet, dem Willen des Landtages ausnahmslos Rechnung zu tragen.
Pius Leitner (Freiheitliche) sprach Brigitte Foppa seine Solidarität aus wegen der Angriffe in den sozialen Netzwerken auf sie, er vermisse aber bei ihr dieselbe Solidarität, wenn Kollegin Mair angegriffen werde. “Die aktuelle Diskussion muss auch im Hinblick auf die Massenzuwanderung aus anderen Kultur- und Religionskreisen, zumal aus islamisch geprägten Ländern, betrachtet und bewertet werden”, erklärte Leitner. “Wer von Integration dieser Menschen spricht, muss die Bewahrung unserer Werte im Auge behalten. Südtirol ist aufgrund seiner Geschichte ein christlich geprägtes Land und das Kreuz in den Schulklassen ist ein wesentlicher Teil unserer Tradition. Eine Abnahme der Kreuze in den Schulklassen würde einer Beraubung unserer Tradition und einer Unterwanderung unserer Identität gleichkommen. Gerne berufen sich Befürworter der Kreuzabnahme in den Schulklassen auf die Menschenrechte; dabei wird vergessen, dass auch diese christliche Wurzeln haben.”
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) dankte allen, die den Appell der Grünen für eine angemessene Diskussionskultur im Netz unterschrieben haben. Er unterstrich, dass auf seiner Seite niemand die Entfernung des Kreuzes verlangt habe. Das Kreuz sei auch vom europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in seiner humanistischen Dimension gewürdigt worden. Es gebe aber in Europa verschiedenste Glaubensbekenntnisse, auch denen müsste dieselbe Freiheit gewährleistet werden.
Es gebe in Südtirol einen breiten Konsens, dass das Kreuz in öffentlichen Gebäuden, auf den Gipfeln oder am Wegesrand dazu gehöre, bemerkte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Man sollte daher dem Geschrei von einer gewissen politischen Seite keine Bedeutung beimessen. Bei den Grünen sehe er eine einseitige Solidarität, sie würden sich nicht entrüsten, wenn ihre Sympathisanten der STF strafbare Handlungen unterstellten.
Hans Heiss (Grüne) plädierte für eine Entschärfung des Themas. Der Angreifer, den Knoll zitiere, habe übrigens schon mehrmals Partei gewechselt und gehöre nicht mehr den Grünen an. Das Kreuz sei ein zentrales Symbol der europäischen Kultur, das über die Religion hinaus gehe, und das habe auch Foppa nicht in Frage gestellt. Es habe auch in den Schulen seinen Platz, allerdings sollten die Schulen selber darüber entscheiden können. Sie seien an die europäische Kultur gebunden, sie seien aber auch weltanschauungsfreie Orte.
Elena Artioli (Team Autonomie) kritisierte, dass man in vielen Schulen aus Angst, die Neutralität zu verlieren, auf christliche Symbole und Bräuche verzichte. Da dürfe man nicht nachgeben, wer zu uns komme, müsse sich an die örtlichen Sitten anpassen.
Walter Blaas (F) erwiderte auf den Einwand von Knoll, wonach eine Bestätigung des Bestehenden nicht nötig sei: Man müsse hier Stellung beziehen.
Die Schulen seien voll von Grünen, bemerkte Sigmar Stocker (F), daher sei es nicht richtig, die Entscheidung den Schulen zu überlassen. Als nächstes würden die Gipfelkreuze fallen.
Oswald Schiefer (SVP) bezeichnete die Diskussion als unselig. Grundsätzlich sei seine Fraktion für den Antrag, wenn auch mit Änderungen. Das Kreuz hänge in den meisten Schulen, auch wenn viele Lehrer und Direktoren in diese Falle der offenen Weltanschauung getappt seien.
Maria Hochgruber Kuenzer (SVP) wies auf die morgige Anhörung der Religionslehrer im Landtag hin, die auch in dieser Frage bewandert seien. Es gebe unterschiedliche Auslegungen zum Kreuzsymbol, es gebe aber nicht nur das Kreuz sondern auch andere Symbole; sie jedenfalls freue sich immer, wenn sie eine Marienstatue sehe.
Andreas Pöder (BU) begrüßte den Antrag, fragte aber, ob man das in allen Klassen überprüfen wolle. Die Angriffe auf Foppa waren in dieser Heftigkeit nicht in Ordnung. Andererseits kämen oft aus ihrem Lager Denkverbote in die Gegenrichtung, was die heftigen Reaktionen zumindest erkläre.
Identität und Religion würden heute oft lächerlich gemacht, bedauerte Bernhard Zimmerhofer (STF), gerade in einem Land, in dem sehr viele Menschen religiös seien.
Brigitte Foppa (Grüne) befand beide Positionen für legitim. Die Kreuzpflicht, die seit 90 Jahren bestehe, habe das religiöse Empfinden der Italiener nicht geändert. Sie bedauere, dass zum Kreuz keine Diskussion ohne Anfeindungen möglich sei.
LR Philipp Achammer ging näher auf das Urteil des europäischen Gerichtshofes ein. Dieses habe festgestellt, dass Kruzifixe in öffentlichen Gebäuden Zuständigkeit des Staates seien, dass sie aber auch nicht die religiösen Gefühle anderer verletzten. Der Landtag habe das Bekenntnis zum Kreuz als Ausdruck unserer Kultur bereits öfters abgelegt, man könne es mit diesem Antrag auch nochmals wiederholen. Das Kreuz dürfe aber auch nicht als Zeichen der Überlegenheit gegenüber anderen Religionen verwendet werden. In diesem Sinne lud Achammer die Abgeordneten ein, am morgigen Treffen mit den Religionslehrern teilzunehmen. Er rief auch dazu auf, nicht nur das Symbol, sondern auch dessen Werte hochzuhalten. Was die religiösen Bräuche in den Schulen betreffe, so gingen viele Sorgen auch auf Behauptungen in Aussendungen der Freiheitlichen zurück. Achammer plädierte dafür, den ersten Teil des Antrags anzunehmen. Der zweite Teil würde Inspektionen in allen Räumen bedeuten, während es bereits Rundschreiben des Landes zur Handhabung gebe.
LR Florian Mussner sprach Foppa seine Solidarität aus. Von vielen werde das Kreuz als Symbol der Trennung verwendet, und das sei es nicht. Die Trennung von Staat und Kirche bedeute nicht, dass Religion keinen Platz im öffentlichen Raum haben soll, und das Kreuz in der Klasse verletze auch nicht den Grundsatz der Religionsfreiheit.
Mit dem Antrag gehe es ihm vor allem darum, eine Unsicherheit in der Bevölkerung zu beseitigen, erklärte Pius Leitner. Die christlichen Werte Europas, von denen Adenauer, Gruber und Degasperi ausgegangen seien, würden durch die Migration in Frage gestellt. Auch Kanzlerkandidat Schulz habe die Entfernung der Kreuze aus allen europäischen Schulen gefordert. Und aus dem europäischen Kalender von 2011 seien nur die christlichen Feiertage verschwunden.
Die Prämissen des Antrags und der zweite Teil wurden abgelehnt. Der erste Teil wurde mit 25 Ja, drei Nein und zwei Enthaltungen angenommen.