Von: mk
Bozen – Ein Gesetzesentwurf, der vorsieht, die Unterstützung für Kunst- und Kulturschaffende in Südtirol zu verdoppeln, hat im Regionalrat breite Unterstützung erfahren. Nur der Abgeordnete Hannes Rabensteiner von der Süd-Tiroler Freiheit stimmte dagegen. Künftig soll die Region bis zu 1.000 Euro jährlich – statt bisher 500 Euro – in den Zusatzrentenfonds für Kunst- und Kulturschaffende einzahlen. Die Einwände, die Rabensteiner vorbringt, empfinden die Kunst- und Kulturschaffenden Südtirols als „Stammtischparolen“. Sie halten mit „Information“ dagegen.
Wer die regionalen Rentenzuschüsse beantragen möchte, muss im Landesverzeichnis der Kunstschaffenden registriert sein, in das sich alle „hauptberuflich freischaffend arbeitenden Künstlerinnen und Künstler mit Wohnsitz in Südtirol“ eintragen können. „Rabensteiners Behauptung, es würden Künstlerinnen und Künstler unterstützt, die nicht beruflich von ihrer Kunst leben oder ‚nicht hiesige‘ Künstlerinnen und Künstler seien, ist damit schon widerlegt. Rabensteiners Logik folgend dürfte auch kein Handwerker mehr einen Zuschuss für den Ankauf seiner Maschine erhalten, weil Handwerker ja nur hobbymäßige Heimwerker seien. Man stelle sich den Aufschrei des lvh vor“, erklärt Peter Schorn, Präsident von PERFAS (Performing Artists Association South Tyrol) in einer Aussendung.
In Südtirol würden so gut wie alle Wirtschaftszweige (Tourismus, Handwerk, Landwirtschaft) weit mehr gefördert als die Kreativwirtschaft. In der Grünlandwirtschaft kommen zwei Drittel des Einkommens von der öffentlichen Hand, sogar hochkommerzielle Produkte wie der Südtiroler Speck werden gefördert – heuer mit 750.000 Euro. Die Ausgaben für Kultur sind demgegenüber verschwindend gering: Für die Rentenzuschüsse wurden im vergangenen Jahr gerade mal 25.000 Euro ausgegeben. „Die Behauptung, mit diesen Zuschüssen würden andere Berufsgruppen benachteiligt, entbehrt also jeder Grundlage“, betont Schorn.
Kunst- und Kulturschaffende hätten ein überproportional hohes Risiko für Altersarmut – aufgrund struktureller Benachteiligungen in ihrem Rentensystem: Darstellende Künstlerinnen und Künstler werden im Unterschied zu anderen Berufsgruppen nur für einen Teil ihrer Arbeitszeit (das Konzert, den Drehtag, die Bühnenvorstellung usw.) entlohnt. Für einen großen Teil der Arbeit (Castings, Proben, tägliches Üben des Instruments usw.) erhalten sie keine Bezahlung und es werden auch keine Rentenbeiträge einbezahlt. In anderen Ländern gibt es deshalb Ausgleichssysteme, die der „intermittierenden Natur“ der künstlerischen Berufe Rechnung tragen, wie etwa die „intermittence“ in Frankreich. In Italien wurde 2021 mit ALAS ein solches System initiiert, das die Regierung Meloni allerdings wieder abgesetzt hat. „Die soziale Absicherung dieser Berufsgruppe ist damit weiterhin nicht gewährleistet“, warnt Schorn.
Weltweit sei die Kreativwirtschaft der wachstumsstärkste und damit zukunftsträchtigste Wirtschaftssektor. „Nicht in Kunst und Kultur zu investieren, wäre auch wirtschaftspolitisch unvernünftig“, meint Schorn. Unter anderem über Umwegrentabilität würden für jeden investierten Euro mindestens drei Euro zurückfließen. Ausgaben für Kunst und Kultur seien zudem „keine Subventionen, weil sie nicht einer kleinen Gruppe dienen, sondern unserem ganzen Land. Subventionen orientieren sich an Einzelinteressen, Kultur dient dem Gemeinwohl“, zitiert Schorn den ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Johannes Rau.
„Kunst und Kultur sollen niederschwellig und bezahlbar für alle zugänglich sein und kein elitäres Luxusgut. Im Sinne des Minderheitenschutzes und auch um den Standort Südtirol zu sichern, wollen wir ein attraktives, inspirierendes Lebensumfeld und keine kulturelle Wüste. All das ist nur möglich, wenn dem Kultursektor öffentliche Mittel zur Verfügung gestellt werden, die eine faire Bezahlung und soziale Absicherung der Kunst- und Kulturschaffenden erlauben“, so Schorn.
Im FPÖ-geführten Kärnten unter Jörg Haider habe sich gezeigt, was passiere, wenn nur noch ehrenamtliche Tätigkeit, Tradition und Brauchtum gefördert werden und professionelle, weltoffene künstlerische Angebote zur Zielscheibe werden. „Das Land hat sich bis heute nicht erholt und ringt darum, den verlorenen internationalen Anschluss wiederzuerlangen“, sagt Schorn.
Die Rentenzuschüsse für Kunstschaffende seien demnach kein „Fördertropf“, sondern ein dringend notwendiger Anreiz für eine strukturell benachteiligte Berufsgruppe, selbst für eine private Zusatzrente zu sorgen, so Schorn. Die absoluten Kosten der Maßnahme seien extrem gering, der Nutzen komme der gesamten Gesellschaft zugute.
„Wir schätzen es sehr, dass der Landesrat für Kultur Philipp Achammer und die Grünen Abgeordneten Zeno Oberkofler, Brigitte Foppa und Madeleine Rohrer sowie der gesamte Regionalrat ihr politisches Amt nutzen, um informierte Politik zum Allgemeinwohl zu machen und nicht desinformierende Hetze im Eigeninteresse wie Herr Rabensteiner. Dafür wurden sie gewählt“, erklärt der PERFAS-Präsident abschließend.
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