Von: mk
Bozen/Rom – Vor wenigen Minuten verlief in der Abgeordnetenkammer des italienischen Parlaments die letzte und entscheidende Abstimmung zum Verfassungsgesetz für die Weiterentwicklung des Autonomiestatutes. Der SVP-Gesetzentwurf hat die absolute Mehrheit erreicht. „Ein langer Weg mit vielen Hürden und Ungewissheiten endet nach viereinhalb Jahren mit einer Erfolgsgeschichte“, erklärt der SVP-Parlamentarier Daniel Alfreider.
„Ein historischer Moment für die Autonomie“
Mit der heutigen Abstimmung wird das geltende Autonomiestatut durch ein Verfassungsgesetz weiterentwickelt – ein durchaus historischer Moment für die Südtiroler Autonomie. Doch der Reihe nach: Der Verfassungsgesetzentwurf wurde bereits 2012 und 2013 von dem Team der SVP-Parlamentarier eingereicht und dem Verfassungsausschuss zugewiesen. Tausende von Gesetzentwürfen werden regelmäßig von den unterschiedlichen Parlamentariern eingereicht, doch nur die wenigsten schaffen es zeitlich, von den zuständigen Ausschüssen auch behandelt zu werden. „Den ersten Erfolg haben wir bereits vor zwei Jahren erzielt, als wir es geschafft haben, den Verfassungsausschuss zuerst und dann das gesamte Parlament dazu zu bewegen, sich mit der Abänderung unserer Autonomiestatutes zu befassen“, erklärt heute Daniel Alfreider. „Wenn ein Gesetzentwurf in die Tagesordnung des Parlaments kommt, dann müssen andere Anliegen weichen. Es ist nicht einfach gewesen, die Mehrheit des Parlaments von der großen Bedeutung einer Weiterentwicklung der Südtiroler Autonomie zu überzeugen. Gerade in der heutigen Zeit, in der italienweit unsere Autonomie oft nicht positiv gesehen wird.“
Zwischen Kammer und Senat, Verfassungsausschuss und Plenum – zehn Abstimmungen erforderlich
Die Tatsache alleine, dass sich das Parlament mit einem Gesetzentwurf befasst, heißt noch lange nicht, dass dieser auch angenommen wird. Vor allem nicht, wenn es sich um Abänderungen des Autonomiestatutes handelt, denn der Rang des Verfassungsgesetzes verleiht ihnen zwar einen höheren Stellenwert, verlangt aber zugleich ein erschwertes Gesetzgebungsverfahren mit doppelter Lesung in beiden Kammern und absoluter Mehrheit. Ganze zehn Abstimmungen zwischen Abgeordnetenkammer und Senat, Verfassungsausschüsse und Plenum mussten bis heute bewältigt werden. Doch damit nicht genug, denn auch von den Landtagen in Bozen und Trient sowie vom Regionalrat wurden entsprechende Gutachten eingefordert, alle mit positiver Bewertung.
„Ich bedanke mich allen voran bei den Kollegen Renate Gebhard, Albrecht Plangger und Manfred Schullian und bei den Senatoren Karl Zeller und Hans Berger, bei den Landtags- und Regionalratsabgeordneten für die große Unterstützung, die sie stets erwiesen haben. Ein besonderer Dank gebührt dem Landeshauptmann Arno Kompatscher, dem ladinischen Landesrat Florian Mussner, dem Parteiobmann Philipp Achammer, dem SVP-Fraktionssprecher im Landtag, Dieter Steger, und allen, die seit Anbeginn an diesem Erfolg geglaubt haben. Große Ziele verlangen großen Zusammenhalt und nur durch die Arbeit und die Unterstützung von vielen kann man solche Ergebnisse erzielen“, so Daniel Alfreider
„Autonomie ist unser größtes Gut“
Die Statutsreform des Ladinergesetzes beinhaltet unter anderem Maßnahmen für die Verbesserung der Gleichstellung der drei anerkannten Sprachgruppen in Südtirol. So wird die Möglichkeit einer ladinischen Vertretung in der Sechser- und Zwölfer-Kommission, eines ladinischen Staatsrichters oder ladinischen Landeshauptmannstellvertreters eingeführt. All das war der ladinischen Sprachgruppe aufgrund der Sprachzugehörigkeit bis heute untersagt. Ebenso werden weitere Schutzbestimmungen, die für die deutsche und italienische Sprachgruppen bereits vorgesehen sind, nun auch auf die ladinische Minderheit ausgeweitet.
„Das Autonomiestatut stellt geschichtlich die beste Antwort auf die Kriegsereignisse des 20. Jahrhunderts dar, die das Schicksal Europas bestimmt haben. Unsere Vorfahren haben es mit großer Weitsicht geschafft, ein System zu entwickeln, das die Spannungen durch Gleichgewicht ersetzt und zum friedlichen Zusammenleben zwischen unterschiedlichen Sprachen, Kulturen und Traditionen geführt hat. Heute wird unser System auch international als Musterbeispiel angesehen, denn die Geschichte hat unseren Vorfahren Recht gegeben. Gerade heute, wo die Spannungen in vielen Ländern wieder ansteigen und nationalistische Bewegungen einen Aufwind erleben, tragen wir unseren Vorfahren und unseren Kindern gegenüber die Verantwortung unser System des friedlichen Zusammenlebens weiterzuentwickeln und den Zeiten anzupassen. Mit der heutigen Abstimmung ist uns ein weiterer Schritt in diese Richtung gelungen. Die Weiterentwicklung der Autonomie betrifft nicht die deutsche, die italienische oder die ladinische Sprachgruppe, sondern sie betrifft alle Südtirolerinnen und Südtiroler, die tagtäglich zum Zusammenhalt und zum friedlichen Zusammenleben beitragen“, so Daniel Alfreider abschließend.
SVP freut sich mit den Ladinern: „Eine wichtige Errungenschaft“
„Dies ist ein bedeutender Schritt, der die Ladiner endlich gegenüber den anderen Sprachgruppen gleichstellt“, freuen sich auch die SVP-Spitzenexponenten Philipp Achammer, Arno Kompatscher und Florian Mussner. Die Abgeordnetenkammer hat heute endgültig das so genannte Ladinergesetz genehmigt, welches eine substantielle Reform des bestehenden Autonomiestatutes durch einen SVP-Verfassungsgesetzentwurf darstellt.
„Besonderer Dank geht an SVP-Fraktionssprecher Daniel Alfreider, der den Entwurf 2013 eingebracht hat – und an die anderen SVP-Parlamentarier, die sich um dieses wichtige Gesetz bemüht haben. Mit dem Ladinergesetz werden die Ladiner in den noch offenen Bereichen der deutschen und italienischen Sprachgruppe gleichgestellt“, sagt SVP-Obmann Philipp Achammer. Erstmals sei das Zweite Autonomiestatut von 1972, in welchem dies grundsätzlich verankert ist, auf parlamentarischem Wege für die Ladiner abgeändert worden. „In dem nunmehr genehmigten Verfassungsgesetz geht es vor allem darum, dass den Rechten der ladinischen Minderheit in allen Bereichen entsprochen wird.“
Wie Landeshauptmann Arno Kompatscher erklärt, können nun unter anderem auch die Landtage von Bozen und Trient sowie der Regionalrat eigene Sondersitzungen betreffend der Ladiner-Rechte einberufen.
„Auch die ladinische Vertretung in den öffentlichen Körperschaften mit Landesinteresse wird erweitert“, erklärt der ladinische SVP-Landesrat Florian Mussner. „Weiters wird die Sonderbestimmung für Bedienstete der Staatsämter in Südtirol auch auf die Ladiner ausgeweitet.“
Neu zusammengesetzt wird die Sonderkommission, die bei der Abstimmung nach Sprachgruppen über den Haushalt im Landtag oder im Regionalrat eingesetzt werden kann – und einstimmig entscheidet. „Dadurch bekommt die ladinische Sprachgruppe mehr Gewicht“, sagt Philipp Achammer.