Replik der Landesregierung

Landeshaushalt: “Man muss neue Prioritäten setzen”

Freitag, 12. April 2019 | 11:47 Uhr
Update

Von: luk

Bozen – Heute wurde die Generaldebatte zum Landesgesetzentwurf Nr. 14/19: Änderungen zum Haushaltsvoranschlag der Autonomen Provinz Bozen für die Finanzjahre 2019, 2020 und 2021 und andere Bestimmungen (vorgelegt von der Landesregierung) wieder aufgenommen.

Das Team Köllensperger verteidigte die Protestkundgebung der Landesbediensteten vor dem Landtag, sie hätten das Recht dazu, und dieses Recht müsse respektiert werden.

Die Verwaltung und das Personal seien in dieser Legislatur Chefsache, betonte die Landesregierung. Man müsse die Voraussetzungen schaffen, damit der öffentliche Dienst gut funktionieren könne. Eine wichtige Motivation für die Mitarbeiter stellten neben der Entlohnung auch die Sicherheit, Karrieremöglichkeiten oder die Vereinbarkeit von Familie und Beruf dar.

Natürlich sei die Kundgebung legitim gewesen, aber es seien auch Behauptungen in den Raum gestellt worden, die nicht stimmten. Es stimme sicher nicht, dass in den vergangenen zehn Jahren nichts zugunsten der Mitarbeiter passiert sei. Es seien eine Reihe von Bereichsabkommen abgeschlossen worden, weitere seien in Verhandlung. Es stimme auch nicht, dass es keine Gehaltsentwicklungen gegeben habe, auch durch die zweijährlichen Gehaltsvorrückungen. Natürlich sei es legitim, jetzt weitere Gehaltserhöhungen zu fordern, aber das sei Verhandlungssache. Man sei seit der Regierungsbildung ständig in Kontakt mit den Gewerkschaften und man habe nun einen Verhandlungstermin vereinbart, so die Landesregierung.

Es seien in der Debatte Forderungen von 100, 150, 200 Millionen gestellt worden, ohne Angabe, woher das Geld kommen solle – das sei nicht ehrlich. In dieser Haushaltsänderung gehe es um 137 Mio. Euro an neuen Mitteln, wobei 37 Mio. schon verpflichtet seien. Wenn man die 100 Mio. nur für das Personal hernehmen würde, müsste man alle anderen Kapitel streichen. Man werde das Geld für die Tarifverhandlungen im Juli in den Nachtragshaushalt schreiben, das sei früh genug, denn die Verhandlungen würden nicht in zwei Wochen abgeschlossen sein. Man behaupte einen Kaufkraftverlust von zehn Prozent, liefere aber keine Belege dafür. Man müsste dabei auch die öffentlichen Leistungen mit einrechnen. Die öffentlich Bediensteten seien das Rückgrat der Autonomie, ohne sie würde nichts funktionieren, aber es gebe auch noch andere Menschen im Lande. Man werde jedenfalls die Mittel finden, die notwendig sind, um das Verhandlungsergebnis zu finanzieren.

Der Haushalt werde am Ende des Jahres voraussichtlich um 70 Mio. Euro niedriger ausfallen als sein Vorgänger. Das bedeute, dass man neue Prioritäten setzen müsse. Die Landesregierung arbeite intensiv daran. Vor fünf Jahren habe man prophezeit, dass die fetten Jahre vorbei seien, dabei sei der Haushalt fünf Jahre lang gewachsen. Jetzt habe man weniger Mittel zur Verfügung, aber das sei lösbar, durch Rückgriff auf bisher nicht genutzte Ressourcen. Dafür werde z.B. die Europaabteilung aufgestockt.
In den vergangenen fünf Jahren habe es viele Gespräche mit den Mitarbeitern der verschiedenen Bereiche und Abteilungen gegeben. Alle fühlten sich als Teil eines Ganzen, und das dürfe man nicht außer Acht lassen. In vielen Bereichen seien sie überlastet, weil sie zu wenige seien. Man müsse langfristig sicherstellen, dass man die Mittel habe, um diese Menschen zu entlohnen. Es gehe um das Gesamtbild, auch um Zusatzleistungen wie Sanipro, nicht darum, wer sich als bester Verteidiger des Personals profilieren könne.

Bevor die Sitzung für eine Beratung innerhalb der Mehrheit zu den Tagesordnungen unterbrochen wurde, begrüßte das Plenum noch eine hochrangige Delegation aus dem Bayerischen Landtag mit Applaus.

FORTSETZUNG

Die Landesregierung nahm eine Tagesordnung der SVP an, die eine schnellstmögliche Aufnahme der Tarifverhandlungen forderte, die Bereitstellung der nötigen Mittel im Nachtragshaushalt, ein Augenmerk auf die Flexibilität und Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie eine Durchforstung der verschiedenen Lohnelemente.

Die Landesregierung nahm auch einen Punkt in der Tagesordnung des Teams Köllensperger an, mit dem ein Runder Tisch zur Personalnot bei der Agentur für Einnahmen gefordert wird.

Eine weitere Tagesordnung des Teams Köllensperger zu den Tarifverhandlungen wurde für unzulässig erklärt, da die enthaltenen Forderungen in einem Änderungsantrag zu den Artikeln gestellt werden müssten.

Das Team Köllensperger forderte auch den Verzicht auf die Einstellung von Journalisten als Pressesprecher der Landesräte. Das sei mit der Berufsordnung unvereinbar.
Es sei nicht vorgesehen, Journalisten als Pressesprecher der Landesräte einzustellen, antwortete die Landesregierung. Journalisten würden einzig beim Presseamt angestellt.

Die Tagesordnung wurde mit 15 Ja, 15 Nein und einer Enthaltung abgelehnt.

Die Freiheitlichen forderte eine Gleichstellung der Innsbrucker Universitäten mit den Hochschuleinrichtungen in Südtirol, um eine langfristige Mitfinanzierung durch das Land sicherzustellen. Die Forderung wurde von der Süd-Tiroler Freiheit unterstützt, die auch eine Gleichstellung der Studientitel forderte. Das Team Köllensperger unterstützte das Anliegen, hegte aber rechtliche Zweifel, wie auch die Landesregierung. Die Tagesordnung wurde zurückgezogen, um sie in anderer Fassung vorzulegen.

Anschließend wurde mit 17 Ja und 15 Nein der Übergang zur Artikeldebatte beschlossen.

Art. 1 enthält Änderungen am Voranschlag der Einnahmen.
Die Landesregierung hat dazu einen Ersetzungsantrag mit neuen Zahlen vorgelegt. damit werden 137 Mio. eingetragen, wobei 37 bereits verpflichtet sind und nur 100 neu verfügbar sind und für verschiedene Zwecke eingesetzt werden, von der Mobilität bis zur Kultur.
Der Antrag, und damit der Artikel, wurde mit 17 Ja und 16 Nein angenommen.

Art. 2 enthält Änderungen bei den Ausgaben.
Auch hier wurde ein Ersetzungsantrag der Landesregierung vorgelegt, der die unter Art 1 genannten Kapitel auf der Ausgabenseite verbucht. Der Antrag wurde mit 18 Ja und 16 Nein angenommen.

Art. 3 bezieht sich auf die Anlagen mit der Auflistung der einzelnen Kapitel. Dazu konnten die Abgeordneten Detailfragen stellen. Auf Anfrage der Süd-Tiroler Freiheit erklärte die Landesregierung, dass man sich mit der Erhöhung für Entwicklungszusammenarbeit wie im Koalitionsabkommen vereinbart den UN-Zielen nähern wolle, die wesentlich höher seien. Das Land bekomme vom Staat medizinische Leistungen für Ausländer ohne Aufenthaltsrecht rückvergütet. Bei der Übertragung von Vermögen an die Gemeinden Eppan und Kaltern handle es sich um ungenützte Baugründe, die für den Sozialwohnbau vorgesehen seien und ein Gebäude, das als Mobilitätszentrum genutzt werde.
Der Artikel wurde mit einem Änderungsantrag der Landesregierung mit 18 Ja und 16 Nein genehmigt.

Art. 4 enthält Bestimmungen im Bereich Kollektivvertragsverhandlungen .
Die Grünen forderten, für diesen Zweck in den Haushalten 2019-2021 jeweils 150 Mio. Euro vorzusehen. Die Zahl ergebe sich aus der Anzahl der Bediensteten (40.000), dem Kaufkraftunterschied von 14 Prozent zu Restitalien, der Inflation von 14,7 Prozent gegenüber einer Lohnerhöhung von 4 Prozent. Insgesamt ein Kaufkraftverlust von 12,7 Prozent. In Deutschland und Österreich habe es in der Zeit Tarifabschlüsse von zehn Prozent und mehr gegeben. Die 40.000 Mitarbeiter kosteten im Schnitt 50.000 Euro pro Jahr, insgesamt zwei Mrd. Euro. Zehn Prozent Erhöhung, um den Kaufkraftverlust auszugleichen, wären 200 Mio. Die geforderte Erhöhung würde den Bediensteten im Schnitt 100 Euro pro Monat bringen. Mit diesem Gesetz könnte man den gesamten Haushalt aufschnüren und neu verteilen, das Argument, es stünden nur 100 Millionen zur Verfügung, gelte nicht.

Der Platzhalter von zwei Mio. Euro sei ein Affront gegenüber den Gewerkschaften. Hier müsse man die Kommunikation verbessern. Die Menschen seien nicht auf die Straße getrieben worden, sie hätten ihren Unmut bekundet, der ernst zu nehmen sein.

Das Team Köllensperger forderte für diesen Zweck 75 Mio. für das laufende Jahr, 100 Mio. für 2020 und 125 Mio. für 2121. Das Landesgesetz zu den Tarifverhandlungen sehe vor, dass für jedes Jahr der Höchstbetrag der Verhandlungssumme im Finanzgesetz festzulegen sei. Diese Millionen ließen sich finden, wenn man z.B. an die Summen für die Bozner Tram oder die Verlegung des Ötzimuseums denke.

L’Alto Adige nel cuore forderte 100, 110 bzw. 120 Mio. Euro für die drei Jahre und warf der Landesregierung vor, mit dem Platzhalter von 2 Mio. Verwirrung zu stiften. Man stimme heute über den Text ab, nicht über Versprechen. In Südtirol sei das Leben teurer als anderswo, und das sei einer gewissen Politik geschuldet, die grundsätzlich zu überdenken sei.

Die SVP gab einen Überblick über die Personalpolitik der letzten Jahre. Die Ausgangslage sei schwierig gewesen, es habe den staatlichen Lohnstopp gegeben. Wer sich daran nicht gehalten habe, sei persönlich zur Kasse gebeten worden. Erst nach 2015 habe man wieder Kollektivverträge verhandeln können. Die Ziffer, die heute im Artikel stehe, habe nichts mit den Verhandlungen zu tun, das sei auch bei früheren Verhandlungen so gewesen. Man sollte die Tarifpartner jetzt verhandeln lassen. Die Politik müsse nachhaltig handeln, damit Dienste wie Schule, Pflege, Mobilität und anderes auch morgen noch finanzierbar seien. Man nehme den Unmut der Bediensteten durchaus ernst, aber vielleicht seien sie im Vorfeld von manchen nicht korrekt informiert worden.

Die SVP wies auch darauf hin, dass man den höheren Lebenshaltungskosten auch die höhere Qualität der Strukturen und Dienste in Südtirol gegenüberstellen müsse. Und auch die positive Arbeitsmarktsituation.  Man habe mit dieser Haushaltsänderung nur 100 Mio. zur Verfügung, und das für alle Bereiche. Es sei sinnlos, über 150 Mio. und mehr allein für das Personal zu reden.

Die Demokratische Partei zeigte Verständnis für die Proteste angesichts eines Platzhalters von zwei Millionen. Die Vorschläge der Opposition seien mit diesem Haushaltsgesetz aber nicht finanzierbar. Man werde sich zu diesem Artikel enthalten.

 

Bezirk: Bozen