Von: mk
Bozen – Der Landtagsabgeordnete der Fünf Sterne-Bewegung, Diego Nicollini, hat den Beschlussantrag Nr. 22/19 „Nein zu Glyphosat“ eingebracht. Heute wurde er im Landtag behandelt.
Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, dafür zu sorgen, dass dem Einsatz von Glyphosat in den Gemeinden des Landes im Falle von Gebieten, die als „Gebiete, die von der Allgemeinheit oder von gefährdeten Personengruppen genutzt werden“ gelten, vermehrt entgegengewirkt wird; eine an die zuständige Stelle gerichtete Anfrage auszuarbeiten, um die Einstufung dieses Mittels als nicht zulässiges Produkt zu erwirken.
Glyphosat werde von der EU als möglicher Krebserreger eingestuft, erklärte Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung). Der Hersteller Monsanto sei gegenüber einem Kunden zu Schadenersatz verurteilt worden, der Sennereiverband verbiete Glyphosat für die Weiden der Milchkühe, die Laimburg arbeite derzeit an Alternativen. Hanspeter Staffler (Grüne) unterstützte den Antrag, hielt ihn aber für zu wenig weitreichend. Alle chemischen Herbizide sollten verboten werden. In Frankreich sei das Mittel schon lange verboten. Es gebe Alternativen, die von den Biobauern bereits seit Jahren genutzt werden.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) erinnerte daran, dass der Bozner Friedhof für Tage wegen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gesperrt werden musste. Das Gesetz schränke den Einsatz von Glyphosat bereits ein und schütze sensible Zonen. Die Diskussion sollte auch nicht auf die Landwirtschaft beschränkt werden. Peter Faistnauer (Team Köllensperger) fand den Antrag zu wenig weitreichend, auf öffentlichen Flächen sollten alle chemischen Pestizide verboten werden. Er befürchte, dass der Antrag in der Schublade bleiben werde. Einem ähnlichen Antrag seiner Fraktion sei es so ergangen.
Franz Ploner (Team Köllensperger) plädierte dafür, das Vorsichtsprinzip über die EU-Vorschriften zu stellen. Solange es Zweifel wegen Krebsrisikos gebe, sollte man auf das Mittel verzichten. Brigitte Foppa (Grüne) berichtete von einer Bürgerin, welche die Gemeinde gebeten habe, vor ihrem Haus auf Herbizide zu verzichten, ohne Erfolg. Wenn die Gemeinden nicht auf die Bürger hörten, dann müsse eben der Landtag eingreifen.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) erinnerte daran, dass Glyphosat vor allem bei Getreide eingesetzt werde. Wer eine Pizza esse, kriege mehr davon ab als von der öffentlichen Grünfläche vor dem Haus. Bezüglich des Krebsrisikos sei Glyphosat gleich eingestuft wie rotes Fleisch oder bestimmte Getränke.
LR Arnold Schuler verwies auf das bestehende Gesetz, das Herbizide auf öffentlichen Flächen verbiete. Glyphosat zähle wegen seiner niedrigen Toxizität nicht zu den Giften, Kupfersulfat sei weit giftiger. Bisher sei nur bei einem Stoff festgestellt worden, dass er sicher nicht krebserregend sei. Alkohol, Wurst und Schinken seien hingegen sicher krebserregend, aber nicht verboten. Die Gefahr hänge von der Dosierung ab. Die Nulllösung sei am umweltfreundlichsten, funktioniere aber nicht. Laut Boku Wien sei Glyphosat aus toxikologischer Sicht besser als seine Alternativen. Man sollte sich bei diesem Thema nicht von Emotionen leiten lassen, auch nicht von unvollständigen Informationen. Ebenfalls sollte man sich nicht auf Aussagen einzelner Wissenschaftler stützen, sondern auf Studien.
Monsanto sei auch wegen Fälschung von Berichten verurteilt worden, erklärte Diego Nicolini. Die Aussage, dass es noch giftigere Stoffe gebe, sei Populismus. Die Wissenschaft mache Fortschritte, und immer mehr komme sie zum Schluss, dass Glyphosat schädlich sei. Österreich, das bei diesem Thema mehr Sensibilität aufweise, habe Glyphosat verboten. Der Antrag wurde mit zwölf Ja und 21 Nein abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 12/18: Telemedizin und Telekooperation für eine flächendeckende, dezentrale ärztliche Betreuung (eingebracht vom Abg. Nicolini am 12.12.2018). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. im Rahmen der Telemedizin die von den Hausärzten und den frei wählbaren Kinderärzten angebotenen telemedizinischen Leistungen umzusetzen; 2. die IT-, Organisations- und Humaninfrastruktur so zu gestalten, dass der telemedizinische Dienst über die Telekooperation sowohl in Notsituationen als auch in abgelegenen Gebieten einsatzfähig ist; 3. eine Absichtserklärung über die „grenzüberschreitende Telemedizin“ zwecks Verbesserung der Synergien mit dem Land Tirol zu unterzeichnen.
“Der Gesundheitstourismus generiert keinen Mehrwert für die lokale Bevölkerung, vielmehr führt er zu längeren Wartezeiten für Krankenhausleistungen bzw. zu einer erhöhten Verkehrsbelastung unserer Städte”, erklärte Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung). “Gerade chronisch Kranke, die eine kontinuierliche Betreuung benötigen, können von den innovativen Technologien profitieren. In diesem Sinne können die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) im Allgemeinen ein vernetztes ärztliches Handeln ermöglichen. Insbesondere die neuen Zusammenschlussformen von Allgemeinmedizinern (Gemeinschaftspraxen) können dank Telemedizin und Fernbetreuung effizienter arbeiten und auch chronische Patienten besser versorgen. Bei schweren chronischen Erkrankungen im fortgeschrittenen Stadium ermöglicht es die Unterstützung durch die Telemedizin, den Patienten zu Hause fachärztlich zu versorgen, was vor allem bei zerbrechlichen und/oder älteren Patienten wichtig ist. In Notfällen können die Technologien Soforthilfemaßnahmen zur Risikobeseitigung auch durch die Vernetzung mit anderen Knotenpunkten des Gesundheitssystems unterstützen. Durch den Einsatz der Telemedizin können in diesem Zusammenhang rechtzeitig klinische Informationen bereitgestellt werden, die für eine bessere Behandlung kritischer Patienten nützlich sind. Die Telemedizin könnte zudem eine umfassende Reorganisation der Labordiagnostik und der bildgebenden Diagnostik ermöglichen.”
Die Telemedizin bilde heute die Basis für eine moderne Gesundheitsversorgung, erklärte Franz Ploner (Team Köllensperger). Telemedizin und Telematik würden zu einer besseren und gerechteren Verteilung der Versorgung beitragen und seien wesentlich für eine Umstrukturierung und Verbesserung des Gesundheitssystems. Abzuklären sei noch der Bereich der Datensicherheit.
Eine so wichtige Initiative müsste in ein Landesabkommen einfließen, um die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, meinte Hanspeter Staffler (Grüne). Die Telemedizin sei wesentlich für die Überbrückung größerer Distanzen. Sven Knoll (STF) unterstützte den Antrag, auch wenn die Telemedizin den Hausarzt nicht ersetzen könne. Die Telemedizin benötige eine bestimmte Standardausrüstung, mit der die Hausärzte ausgestattet werden sollten.
Die Hausärzte seien die erste Station für die Telemedizin, bestätigte LR Thomas Widmann. Das gesamte Leistungspaket für die Ausrüstung der Hausärzte sei neu anzuschauen. Für die Telemedizin brauche es natürlich mehr Personal. Eine Ringleitung mit Nordtirol werde es bereits nächstes Jahr geben. Ein Problem sei, dass man noch kein einheitliches EDV-System habe, dieses werde man erst in zwei Jahren haben. Man sei derzeit dabei, ein landesweites Kompetenzzentrum für Telemedizin aufzubauen. Das werde ein Jahr brauchen. Nicolini solle seinen Beschluss dann wieder einreichen. Diego Nicolini ging auf das Angebot ein und zog seinen Antrag zurück.
Beschlussantrag Nr. 40/19: Anerkennung und Gleichstellung der italienischsprachigen Staatsprüfungen (Maturazeugnisse) (eingebracht von den Abg. Foppa, Dello Sbarba und Staffler am 4.2.2019). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, sich in internationalen Verhandlungen für eine künftige Anerkennung einzusetzen und insbesondere: eine einheitliche Lösung für die österreichischen Hochschulen anzustreben, was die automatische Anerkennung des Abschlusszeugnisses von italienischen Oberschulen in Südtirol betrifft; die Gleichstellung der Abschlüsse von italienischen Oberschulen mit jenen der deutschsprachigen für den Zugang zur medizinischen Fakultät in Österreich zu erwirken, indem beide gleichermaßen in die reservierte Quote für österreichische Staatsbürgerlnnen aufgenommen werden; bei der Kulturministerkonferenz Deutschlands zu erwirken, dass die Abschlusszeugnisse von italienischen Oberschulen Südtirols jenen der deutschen gleichgestellt werden und keine weiteren Sprachzertifikate vorgelegt werden müssen.
“Viele Südtiroler Maturanten führen ihre Bildungslaufbahn an einer Hochschule im Ausland fort”, bemerkte Brigitte Foppa (Grüne). “Dabei gelten immer noch unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen für Abgängerlnnen von deutschen Südtiroler Oberschulen als für jene von italienischen Oberschulen: An österreichischen Hochschulen gibt es keine einheitliche Richtlinie. An den meisten müssen Absolventlnnen italienischer Oberschulen einen Sprachnachweis (meistens C1) vorlegen, an anderen reicht das Maturazeugnis. Die Tendenz geht aber in Richtung Sprachnachweis. Für den Zugang zu medizinischen Fakultäten sind die Absolventlnnen italienischer Oberschulen nicht den deutschen gleichgestellt, welche in die den Österreicherlnnen vorbehaltene Quote fallen, während erstere wie die restlichen EU-Bürgerlnnen behandelt werden. An Hochschulen Deutschlands müssen (trotz 13-jährigen Deutschunterrichts!) Sprachnachweise mit Muttersprachniveau vorgelegt werden (C1, zum Teil sogar C2), während seit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 02.06.1995 Abgängerlnnen deutscher Oberschulen Südtirols davon befreit sind. Dies alles stellt eine zum Teil gravierende Ungleichbehandlung dar und beeinträchtigt die Zukunftschancen vieler Südtirolerlnnen italienischer, aber auch deutscher (oder anders- oder mehrsprachiger) Muttersprache, welche sich aus diversen Gründen für die italienische Oberschule entschieden haben.”
Die Sitzung wird am Nachmittag mit der Behandlung von Anträgen und Entwürfen der Mehrheit wieder aufgenommen. Die Debatte zum Antrag der Grünen wird in einer anderen Sitzungswoche fortgesetzt.