Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich heute mit dem Beschlussantrag Nr. 798/17: Wahrheit für Südtiroler Markenprodukte (eingebracht von den Abg. Foppa, Dello Sbarba und Heiss am 25.7.2017) befasst. Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. das Reglement für die Benutzung der Dachmarke „Südtirol/Alto Adige“ abzuändern, damit die Verwendung von Rohstoffen, die aus Südtirol stammen, als Voraussetzung eingefügt wird; 2. wo dies nicht möglich ist, ist die Herkunft der Rohstoffe in Prozenten anzugeben; 3. die Hersteller, die die Dachmarke führen dürfen, zu verpflichten, ehrliche Bilder zu verwenden, mit denen sie die Geschichte und die Herkunftsgeschichte ihrer Produkte erzählen.
“Ab 1. April 2015 muss auf den Produktetiketten verpflichtend der Aufzuchts- und Schlachtort von Schweine-, Schaf- und Ziegenfleisch und von Geflügel angegeben werden”, bemerkte Brigitte Foppa (Grüne). “Die Verbraucher können dadurch im Supermarkt das Fleisch auch aufgrund der Herkunft wählen. Die EU-Richtlinie 1337/2013 schließt aber Wurstwaren aus, die mit Schweinefleisch hergestellt werden, wie Schinken, Speck und andere italienische DOC-Produkte. Es ist also derzeit für den Verbraucher unmöglich, die Herkunft des Schweinefleisches, das für die Speckherstellung verwendet wird, zu erfahren. Und es ist auch nicht verpflichtend, die Herkunft der Rohstoffe anzugeben, die für Fruchtsäfte oder Käse verwendet werden. Für eine Dachmarke wie jene Südtirols ist es entscheidend, hohe Qualität sicherzustellen. Ein weiterer wichtiger Schritt ist es aber, ehrliche Informationen zu den Produkten, die sich damit schmücken, zu vermitteln und ehrliche Bilder, die die Geschichte ihrer Herstellung erzählen, zu verwenden.“ Südtirol verkaufe 2,5 Mio. Hammen Speck, während im Lande nur ein paar tausend Schweine gehalten werden. Die von der Dachmarke verlangten Angaben seien hier nicht lückenlos. Man könnte wenigstens in Prozent angeben, was aus Südtirol stammt und was nicht.
Walter Blaas (Freiheitliche) bezeichnete das Anliegen als nachvollziehbar, aber seine Umsetzung wäre für Südtirols Speckhersteller katastrophal. Südtirol hätte auch nicht die Anlagen dazu, so viele Schweine aufzuziehen. Man würde sich nur einen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Regionen schaffen, die auch nicht immer alles angeben würden. Das Speckkonsortium habe gute Arbeit gemacht, die Qualität sei gesteigert worden. Eine Prozentangabe wäre auch mehr Bürokratie. Die Südtiroler wüssten, wo sie ihren Speck einkaufen müssen.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) bezeichnete die Situation als schizophren. Der Milchhof Sterzing dürfe seine Milch, die zum Teil aus Nordtirol stamme, nicht mehr als Südtiroler Produkt verkaufen, aber Speck mit Schweinen, die anderswo aufgewachsen seien, werde als Südtiroler Markenprodukt verkauft. Eine Kennzeichnung der Europaregion wäre sinnvoll und könnte mindestens zum Teil Abhilfe schaffen. Die Diskrepanz zwischen Herkunftsangabe und Herkunftsangabe könne einmal zum Problem werden, genauso, wie nun Südtiroler Obst hinterfragt werde.
Die Kunden würden heute vermehrt auf Regionalität achten, meinte Maria Hochgruber Kuenzer (SVP). Die Dachmarke Südtirol sei eine von vielen Qualitätsmarken, die in Südtirol verwendet würden. Sie erinnerte an den Beschluss des Dreierlandtags zu den Bergprodukten, für die ebenfalls Qualitätsmerkmale festgelegt würden. Sie kaufe oft Fair-Trade-Produkte, aber dort sei die Nachvollziehbarkeit nicht voll gegeben. Eine Diskussion zum genannten Produkt täte sicher gut.
Der Betrug am Konsumenten schade der Marke und allen Produkten, meinte Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung), der den Antrag unterstützte. Sein Antrag von 2014 zum Qualitätszeichen, der ohne Gegenstimme angenommen worden sei und der die Verwendung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln verhindern wolle, sei immer noch nicht umgesetzt. Das Prinzip der Ehrlichkeit sei da wie dort zu unterstützen.
Sigmar Stocker (F) fragte, ob der Antrag eine Attacke gegen die Fleischesser sei. Die heimische Tierzucht sei gerade durch Wolf und Bär in Gefahr, aber kein Grüner sei für einen Abschuss. Mit diesem Antrag müsste man den Speck von der Dachmarke ausnehmen. Ehrlicherweise müsste man auch beim Bioanbau angeben, dass gespritzt wurde.
Die Dachmarke sei trotz anfänglicher Skepsis ein Erfolg, meinte Dieter Steger (SVP), Südtirol sei damit beispielgebend für viele Regionen in Europa gewesen. Das Land habe als erstes das Interesse, dass die richtigen Unternehmen dabei seien und dass die richtigen Produkte beworben würden, damit sie gute Botschafter des Landes sein könnten. Es sei allseits bekannt, woher die Schweine für den Speck kämen. Es gehe beim Markenspeck um die Verarbeitungsmethode hier in Südtirol. Die Kriterien würden übrigens von der EU vorgegeben.
Es sei kein Etikettenschwindel, wenn ein Rohstoff für ein Produkt von außerhalb komme, erklärte LH Arno Kompatscher. Die geschützte Ursprungsbezeichnung solle sicherstellen, dass alle Produktionsschritte im jeweiligen Land erfolgt seien, bei der geschützten geografischen Angabe müsse nicht alles hier geschehen – das seien die Vorgaben der EU. Der Unterschied sei den Konsumenten aber nicht so bekannt. Die Dachmarke gelte für beide Bezeichnungen. Südtiroler Speck unterscheide sich von anderen durch Aussehen und Geschmack und könne daher als typisch bezeichnet werden. Zum Beschluss des Dreierlandtags erklärte er, dass man leider noch nicht sehr weit gekommen sei.
Eine Marke habe die Aufgabe, eine Botschaft in Sekundenschnelle zu vermitteln, entgegnete Brigitte Foppa. Wenn der Unterschied der Bezeichnungen den Kunden nicht klar sei, dann sei das Marketing nicht ehrlich. Die Zahl der Schweine in Südtirol sei rückläufig, und daran sei nicht der Wolf schuld.
Alessandro Urzì (Alto Adige nel cuore) legte Wert auf die Verwendung der Bezeichnung “Marchio Alto Adige” in der italienischen Version des Antrags.
Der Antrag wurde mit 4 Ja, 24 Nein und fünf Enthaltungen abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 803/17: Motorradunfälle gezielt reduzieren! (eingebracht von den Abg. Zimmerhofer, Atz Tammerle und Knoll am 2.8.2017). Der Landtag möge die Landesregierung auffordern, 1. In Süd-Tirol eine geeignete Strecke ausfindig zu machen, auf der dann ein zeitlich begrenzter Pilotversuch mit baulichen Maßnahmen wie Rüttelstreifen und/oder Fahrbahnteilern zur Reduzierung von Motorradunfällen durchgeführt wird. 2. Nach einer möglichen erfolgreichen Testphase diese Maßnahmen schrittweise auf das ganze Land auszuweiten.
Südtirol versuche derzeit, mit Kampagnen und Kontrollen die Zahl der Motorradunfälle zu dämmen, meinte Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit). “Gerade bei den baulichen Maßnahmen wäre aber noch Luft nach oben, z.B. mit Rüttelstreifen und Fahrbahnteilern bzw. Leitschwellen, die in anderen Ländern erfolgreich verwendet werden und schon viele Motorradunfälle verhindert haben. Rüttelstreifen vermitteln beim Überfahren Vibrationsgeräusche und veranlassen den Fahrer zur Reduzierung der Geschwindigkeit vor verschiedenen Gefahrenzonen. In Deutschland sind in einem Test- und Versuchszeitraum die Unfälle um 43 Prozent zurückgegangen, in den Niederlanden wurde die Zahl der Verkehrstoten um ein Drittel gesenkt.”
Jährlich würden neun bis zehn Motorradfahrer ihr Leben auf unseren Straßen lassen, bemerkte Hans Heiss (Grüne). Neben dem Leben der Fahrer sei auch die Lebensqualität der Anrainer der spannenden Alpenstrecken zu beachten. Den Erfolg der vorgeschlagenen baulichen Maßnahmen würde er nicht zu hoch ansetzen. Der Pilotversuch sei jedenfalls unterstützenswert.
Sven Knoll (STF) wies darauf hin, dass es zwei Arten von Rüttelstreifen gebe, die einen erstreckten sich über die ganze Fahrbahn, die anderen seien in den Mittelstreifen integriert. Er fragte, welche Erfahrungswerte die Landesregierung dazu habe.
Bewusstseinsbildung, bauliche Maßnahmen und Safety Park gehörten zur Fahrsicherheitspolitik der Landesregierung, erklärte LR Florian Mussner. Die Wirkung der im Antrag vorgeschlagenen Maßnahmen sei nicht wissenschaftlich erwiesen, sie seien für schwächere Verkehrsteilnehmer wie Radfahrer gefährlich und sie behinderten die Schneeräumung. Vielerorts habe man sie wieder abgebaut. Auf gewissen Straßen wären sie gar nicht erlaubt.
Bernhard Zimmerhofer bezeichnete eine europäische Harmonisierung solcher Maßnahmen als wünschenswert. Der Antrag wurde mit 13 Ja, 17 Nein und einer Enthaltung abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 807/17: Innertirolische Zugverbindungen (eingebracht von den Abg. Knoll, Atz-Tammerle und Zimmerhofer am 25.8.2017). 1. Der Süd-Tiroler Landtag spricht sich für direkte und umsteigefreie Regionalzugverbindungen zwischen den Tiroler Landesteilen aus. 2. Die Süd-Tiroler Landesregierung wird beauftragt ― in Absprache mit den Verantwortungsträgern im Bundesland Tirol ― sich dafür zu verwenden, dass zukünftig Regionalzüge nicht mehr an der „Grenze“ enden, sondern alle Züge grenzüberschreitend geführt werden.
“Für einen autofreien Tourismus, aber auch für Pendler und sonstige Zugfahrer gleichermaßen wichtig ist der innertirolische Regionalzugverkehr”, erklärte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). “In den letzten Jahren hat sich zwar bereits einiges getan, man denke an die Verbindungen nach Lizenz, die Tagesrandverbindungen nach Innsbruck sowie an das von der Europaregion Tirol derzeit geplante Gesamt-Tiroler Tarifsystem, dennoch ist für viele Regionalzüge an der „Grenze“ noch immer Endstation. Die Eisenbahn, die innerhalb Europas sogar noch mit unterschiedlichen Strom- und Sicherheitssystemen fährt, hinkt dem Flugverkehr um Jahrzehnte nach. Umso wichtiger ist es daher, dass innerhalb Tirols die „Grenze“ überwunden wird und die Regionalzüge endlich grenzüberschreitend geführt werden.” Ideal wären grenzüberschreitende Züge im Dreieck Meran-Innsbruck-Lienz.
Bei der Vorstellung der Riggertalschleife vorgestern sei auch die Anbindung an das österreichische Railjetnetz als Ziel genannt worden, gemäß einem Antrag der STF, bemerkte Hans Heiss (Grüne). Es sei lachhaft, dass man am Brenner den Zug wechseln müsse, das Anliegen des Antrags sei gerechtfertigt.
Das Umsteigen habe seinen technischen Grund darin, dass in Österreich mit einer anderen Spannung gefahren werde, meinte Paul Köllensperger (5SB), mit den neuen Flirtzügen könne man das überwinden. Inzwischen habe man ein einheitliches Tarifsystem, was wichtiger sei. Besser als eine Aussprache zwischen Landesregierungen wäre eine zwischen den Eisenbahngesellschaften.
Oswald Schiefer (SVP) unterstützte das Anliegen, eine Durchfahrt ohne Umsteigen wäre ideal. Mit den ÖBB-Zügen geschehe das bereits viermal am Tag. Das Ziel wäre ein richtiger Euregiozug von Trient nach Innsbruck.
Besser als eine Koordinierung der Fahrpläne wäre es, wenn man mit demselben Zug bis zum Ziel fahren könnte, erklärte Myriam Atz Tammerle (STF). Das könnte auch für viele Touristen interessant sein.
Alessandro Urzì (AAnc) bemerkte, dass man auch südwärts mehrmals umsteigen müsse. Wie Magnago von einem Hubschrauber für jeden Südtiroler gesprochen habe, so könne man auch so etwas fordern, aber es sei natürlich mit Kosten verbunden. Österreichische und italienische Bahnen hätten unterschiedliche Systeme. Wenn Verbesserungen möglich seien, sei er dafür, wenn es vertretbar und nicht Luxus sei.
Die Situation am Brenner sei schwierig, stellte LF Florian Mussner fest. Nicht alle Züge eigneten sich für eine Überfahrt. In einigen Jahren werde der Zugverkehr in Südtirol deutlich ausgebaut und verbessert sein. Einige durchgehende Züge nach Innsbruck und Lienz seien bereits eingeführt. Mit neuen Fahrzeugen werde man eine stündliche durchgehende Verbindung nach Innsbruck haben, dazu sei man ständig in Verbindung mit dem Bundesland Tirol. Geplant sei der Ankauf von 13 Mehrstromloks, um die genannte Verbindung innerhalb 2020 umzusetzen.
Sven Knoll freute sich über die Ankündigung des Landesrats und zog Punkt zwei des Antrags zurück. Der andere Teil ziele auf die bestehenden Züge ab, auf einen Umstieg des Personals an der Grenze, nicht der Fahrgäste. Der Antrag (erster Teil) wurde mit 30 und einer Enthaltung angenommen.