Von: mk
Bozen – Der Südtiroler Landtag hat sich heute mit dem Beschlussantrag Nr. 630/16: Nein zu Müllimporten nach Südtirol (eingebracht von den Abg. Blaas, Leitner, Oberhofer, Stocker S. und Tinkhauser am 12.7.2016) befasst: Die Landesregierung sei aufgefordert, 1) das Importverbot für zu entsorgende Hausabfälle, wie es im Landesgesetz Nr. 4/2006, Artikel 3, Absatz 1, Buchstabe I, festgehalten ist, zu bestehen und vor einer Aufweichung dieses Grundsatzes abzusehen; 2) Das Importverbot von Abfällen wie es das Legislativdekret Nr. 152/2006 „Nationales Umweltgesetz“ im Art. 182, Absatz 3 vorsieht, einzuhalten; 3) Auf jeglichen Import von Abfällen, Müll, Sondermüll und zu entsorgende Rückstände nach Südtirol zu verzichten; 3) Die thermische Verwertungsanlage, die Müllverwertungsanlage, die Beseitigungsanlage und den Verbrennungsofen in Bozen ausschließlich für in Südtirol anfallende Abfälle und Müll zu verwenden und für Importe, deren Herkunft außerhalb der Autonomen Provinz Bozen festzumachen ist, zu sperren.
“Sollte zusätzlicher Müll nach Bozen angeliefert werden und das SVP-Versprechen zum Importverbot gebrochen werden, wird Bozen weiter verkommen”, prophezeite Walter Blaas (Freiheitliche). “Die Auswirkungen auf die Umwelt, den Tourismus und nicht zuletzt auf die Bevölkerung wären gravierend. Autonomiepolitisch sind Müllimporte besonders heikel. Das weitere Funktionieren und die weitere Auslastung der Verbrennungsanlage in Bozen wird an das staatliche Müllaufkommen gekoppelt sein. Damit bindet sich Südtirol weiter an den Zentralstaat.”
Die Landesregierung habe mehrmals beteuert, dass es keine Müllimporte geben werde, erklärte Elena Artioli (Team Autonomie). Die Gesundheit der Bevölkerung in Bozen Süd werde arg belastet, die Tumorfälle nähmen zu. Inkonsequent seien auch die Grünen, deren Stadträtin angesichts einer solchen Entscheidung des Stadtrats eigentlich zurücktreten müsste. Bozen habe übrigens die höchsten Gebühren Italiens.
Die Grünen hätten sich in Bozen gegen den Beschluss gewehrt, erklärte Riccardo Dello Sbarba (Grüne). Der Verzicht auf den Müllimport sei Teil des Koalitionsabkommens, und bislang habe noch niemand nachgewiesen, dass es den Müll aus Trient auch brauche. Es bestehe die Gefahr, dass man dann auch Müll aus anderen Regionen annehmen müsse. Die Müllverbrennung habe keine Zukunft, man müsse eine Exitstrategie erstellen.
Hier sei eher die Ideologie als der Umweltgedanke am Werk, meinte Dieter Steger (SVP). Eine höhere Auslastung würde den Ausstoß verbessern, mehr Fernwärme könne auch den Hausbrand verringern, der für 30 Prozent der Luftbelastung im Talkessel verantwortlich sei. Ein Importverbot wäre zudem EU- und staatsrechtlich ein Problem. Der in Frage kommende Müll komme aus dem Fleimstal und sei kein Industriemüll.
Beim Verbrennungsofen habe man sich von Anfang an verkalkuliert, bemerkte Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit). Seine Fraktion sei für die energetische Autarkie, daher sollte man sich nicht von außen abhängig machen, sondern vor allem eigenen Müll verbrennen. Vor zwei Jahren habe der Landesrat noch auf das Importverbot bestanden, bemerkte Pius Leitner (F), daher frage er sich, was sich rechtlich geändert habe. Mit einem Import sende man auch ein falsches Signal, man erkläre die Trennung für nutzlos.
Brigitte Foppa (Grüne) bezeichnete den Verbrennungsofen als unheimliche Misserfolgsgeschichte. Die gepriesene Fernwärme sei in den letzten Jahren nur um 20 Anschlüsse weiter gekommen. Statt sich um einen Ausstieg aus diesem unsinnigen Konzept zu bemühen, das nach mehr Müll verlange, wolle man nun Müll aus dem Trentino importieren und übermorgen vielleicht aus anderen Regionen.
Wenn man Müll trenne, werde er nicht weniger, meinte Sven Knoll (STF). Bei einem Müllimport seien auch die langfristigen Folgen zu bedenken, etwa, was mit den Verbrennungsrückständen aus dem importierten Müll geschehe. In Südtirol gebe es aus alten Zeiten noch viele ungesicherte Deponien, die entsorgt werden müssten.
Die weitere Behandlung des Antrags wurde auf morgen vertagt.
Beschlussantrag Nr. 651/16: Mehrsprachige Kindergärten (eingebracht von der Abg. Artioli am 17.8.2016): die Landesregierung wird aufgefordert, 1) dort, wo die Familien darum ersuchen, das Angebot der mehrsprachigen Kindergärten insbesondere der Deutsch- und Englischstunden auszubauen; 2) die diesbezüglichen Wünsche und Erwartungen der Familien zu erheben und eine entsprechende Studie vorzulegen. Das würde vor allem den italienischen Familien eine mehrsprachige Ausbildung ihrer Kinder ermöglichen, ohne, dass sie sie in die deutschen Schulen einschreiben müssten, meinte Elena Artioli (Team Autonomie). Sie wolle mit dem Antrag nicht in die deutsche Schule dreinreden, betonte sie, sie wolle nur den italienischen Familien einen Ausweg bieten. Vor allem im frühen Alter lerne man eine andere Sprache leichter und ohne Akzent. Brigitte Foppa (Grüne) verwies auf den Gesetzentwurf ihrer Fraktion, der dasselbe Ziel habe, und sprach sich für den Antrag aus.
Er verstehe das Anliegen, der Antrag enthalte aber einige kritische Punkte, erklärte Pius Leitner (F). Die Möglichkeit, die Zweitsprache zu erlernen, sei in Südtirol durchaus gegeben. Die Mängel sehe er eher bei den Zweitsprachenlehrern, deren Muttersprache nicht die Zweitsprache sei, oder beim nicht praxisbezogenen Unterricht.
Ulli Mair (F) verwies auf eine jüngere Studie von Simone Fenninger, die ein späteres Sprachenlernen als erfolgreicher bezeichnet. Diese Erkenntnis räume auch mit einer alten Weisheit auf: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Jedenfalls sei das Früherlernen nicht mehr das Amen im Gebet.
Sven Knoll (STF) bezeichnete die Studie als interessant, genau solche Fragen müsse sich Südtirol auch langfristig stellen, da es ja auch und vor allem um den Erhalt der Muttersprache gehe. Man sollte sich vor diesem Hintergrund auch einmal das paritätische Schulmodell in Aosta ansehen. Dort gehe die Muttersprache verloren, die Minderheit selbst bestehe nicht mehr auf Französisch. Die Debatte zum Antrag wird morgen fortgesetzt.