Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich heute mit dem Landesgesetzentwurf Nr. 27/19: Änderungen zu Landesgesetzen befasst. Es geht um die Bereiche örtliche Körperschaften, Schulfürsorge, Bildung, Kindergärten, öffentliche Veranstaltungen, Ämterordnung und Personal, Landwirtschaft, Landschafts- und Umweltschutz, Nutzung öffentlicher Gewässer, Raumordnung, Jagd und Fischerei, Energieeinsparung, Hygiene und Gesundheit, Soziales, Arbeit, Handwerk, Gastgewerbe, Handel, Steinbrüche und Gruben sowie Torfstiche, Wirtschaft, Forschung und Innovation, Bergführer, Enteignung aus Gründen der Gemeinnützigkeit, Rückerstattung von Gerichts-, Anwalts- und Gutachterkosten, öffentliche Auftragsvergabe, Finanzen und Haushalt. Vorgelegt wurde der Entwurf von der Landesregierung auf Vorschlag von Landeshauptmann Arno Kompatscher. Man habe versucht, mit diesem Omnibus Bestimmungen vorzuschlagen, die aufgrund der geänderten Rechtslage nötig sind oder Vereinfachungen oder mehr Rechtssicherheit bringen, erklärte Kompatscher. Selbstverständlich seien auch Bestimmungen enthalten, die Ausdruck eines politischen Willens seien.
Brigitte Foppa (Grüne) wies auf die Schwierigkeit hin, über ein Omnibusgesetz zu debattieren. Es sei ein zerstückeltes Werk, kein organisches Gesetz. Zudem habe man die Änderungsanträge der Mehrheit erst am Vormittag erhalten. Sie griff zunächst ein Thema des Gesetzentwurfs heraus, die Raumordnung. Aus einem Artikel sei hier das öffentliche Interesse gestrichen worden, das sei gefährlich. Die Grünen hätten vor einem Bauboom vor Inkrafttreten des neuen Urbanistikgesetzes gewarnt, aber die Landesregierung habe abgewunken. Man müsse überlegen, wann im Tourismus die Grenze erreicht sei. Diesbezüglich trage man einen entsprechenden Änderungsantrag der Landesrätin mit, auch wenn er nicht ausreichend sei. Sie habe einen Antrag zur Inklusion von Menschen mit Behinderung eingereicht, der auch auf eine angemessene Wortwahl abziele, vor allem aber auf ein angemessenes Grundeinkommen.
Das öffentliche Interesse bleibe in der Urbanistik im Vordergrund, erklärte LH Arno Kompatscher. Bei dem betreffenden Artikel hätten die Juristen zur Streichung geraten. Mangels weiterer Wortmeldungen zur Generaldebatte ging man zur Behandlung von Tagesordnungen zum Gesetzentwurf über.
Maria Elisabeth Rieder (Team Köllensperger) forderte einen garantierten Betreuungsplatz für Kinder, die innerhalb Februar das dritte Lebensjahr vollenden, bzw., sollte dies nicht möglich sein, einen garantierten Kindergartenplatz. Dafür sei auch ein finanzieller Ausgleich für die Eltern zu überlegen. Die neue Regelung bringe viele Eltern in Schwierigkeiten. Die Einschränkung sollte nur bei Kindergärten mit Personalnot gelten.
Für den Kindergarten werde die Betreuung von Zweieinhalbjährigen wahrscheinlich ein Problem sein, meinte Brigitte Foppa (Grüne). Andererseits würden mit dem Vorschlag Rieders die Probleme vieler Eltern gemildert. Sandro Repetto (PD) unterstützte die Tagesordnung, es sei auch wichtig, den finanziellen Aspekt zu berücksichtigen. Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) zweifelte an der Zulässigkeit des Antrags, denn damit werde die Gemeinde zu etwas verpflichtet. Magdalena Amhof (SVP) verwies auf ihre Tagesordnung zum Thema, die auf einen Ausbau der finanziellen Unterstützung für die Betreuung in jenen Monaten ziele, die mit der neuen Regelung nicht abgedeckt seien. Ulli Mair (Freiheitliche) plädierte für eine Übergangslösung bis Ende des Schuljahres 2020/21. LR Philipp Achammer räumte ein, dass es für einige Eltern eine Umstellung sein werde, aber es gebe eine breite Zustimmung für die Erhöhung des Eintrittsalters. Ein Aufschub sei möglich, aber am Prinzip halte man fest. LR Giuliano Vettorato erklärte, dass die Landesregierung auf Sonderfälle eingehe, z.B. auch, wenn ein Kindergarten wegen zu wenig Kindern schließen müsste. Für die Kindergärten sei die Betreuung von Kindern mit zweieinhalb Jahren schwierig, erklärte LR Waltraud Deeg und verwies auf die Tagesordnung von Amhof. Die Tagesordnung wurde mit elf Ja, 17 Nein und vier Enthaltungen abgelehnt.
Paul Köllensperger forderte, die Aufsicht über die Einhaltung der Bestimmungen des Landesgesetzes zum “Urlaub auf dem Bauernhof” dem Land und den zuständigen Ordnungskräften zu übertragen und für regelmäßige und flächendeckende Kontrollen zu sorgen. Der Urlaub auf dem Bauernhof sei als Zusatzeinnahme für den Bauern gedacht, nicht als Konkurrenz zum Gastgewerbe, doch werde er oft als urbanistisches Schlupfloch genutzt. Auch der Bauernbund habe davor gewarnt.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) bestätigte, dass es Missbrauch gebe. Aber es gehe nicht darum, das Hotelgewerbe zu schützen, sondern die Landwirtschaft vor den Hotelieren, die über die Landwirtschaft ein Schlupfloch suchten. Es sei auch problematisch, wenn das Land aus seinem Besitz Höfe an Leute verkaufe, die keine Bauern seien. Jasmin Ladurner (SVP) plädierte dafür, die Zuständigkeit für die Kontrollen bei den Gemeinden zu belassen. Sie fragte, wie viele Kontrollen in Freienfeld durchgeführt worden seien. Peter Faistnauer (Team Köllensperger) berichtete, dass es in seiner Gemeinde nur wenige Kontrollen gegeben habe, da die Ämter mit anderen Dingen bereits ausgelastet seien. Daher wolle man die Übertragung ans Land. In Zukunft könnten am Bauernhof 1.500 Kubikmeter verbaut werden, unabhängig von der Zweckbestimmung. Daher sei verstärkt aufzupassen. LR Arnold Schuler bezeichnete den Urlaub auf dem Bauernhof auch als Maßnahme gegen den Strukturwandel in der Landwirtschaft, den man anderswo beobachten könne. Man überlege eine deutlichere Abgrenzung, um nicht dem Missbrauch Vorschub zu leisten. Wo Landwirtschaft draufstehe, müsse auch Landwirtschaft drin sein, das erwarte sich auch der Gast. Das Land habe keine Ordnungskräfte, die es für diese Kontrollen einsetzen könne.
Die Tagesordnung wurde mit neun Ja, 18 Nein und vier Enthaltungen abgelehnt.
Magdalena Amhof (SVP) forderte, die Erhöhung der Finanzierung der Kinderbetreuung anzudenken. Die Tagesordnung wurde von der Landesregierung angenommen. Anschließend wurde der Übergang zur Artikeldebatte mit 21 Ja und zehn Nein angenommen.
Im Folgenden die Artikel des Landesgesetzentwurfs Nr. 27/19, zu denen eine Debatte abgehalten wurde.
Zu Art. 4 zur Schulfürsorge erklärte Sandro Repetto, statt einem Abkommen mit den Gemeinden wäre eine Prozentlösung sinnvoller gewesen. Dann würden jene, die schlechter wirtschaften, mehr Geld bekommen, antwortete LH Arno Kompatscher.
Art. 8 betrifft die Ordnung von Kindergarten und Unterstufe.
Magdalena Amhof schlug vor, mit dem Rat der Gemeinden über die Kriterien für die Nachbesetzung eines freien Kindergartenplatzes zu reden. Der Vorschlag wurde angenommen.
Der Artikel wurde mit 19 Ja und 13 Enthaltungen genehmigt.
Art. 9 betrifft die Rechtsordnung der Kindergärten.
Alex Ploner kritisierte, dass manche Schulen keinen Willen zur Integration zeigten.
Der Artikel wurde mit 23 Ja und 9 Enthaltungen genehmigt.
Art. 11 betrifft das Landespersonal.
Alex Ploner kritisierte die Aufnahme der Pressesprecher der Landesräte in der Presseagentur des Landes, das widerspreche der Berufsethik, denn die Journalisten der Presseämter hätten gänzlich andere Aufgaben als die Pressesprecher. Die bisherigen 12 Journalisten hätten ausreichend über die Tätigkeit der Landesregierung berichtet, nun brauche es anscheinend 20. Viele Rundfunkredaktionen bräuchten weit weniger, um ein viel breiteres Spektrum abzudecken. Brigitte Foppa bemerkte, dass der ganze Landtag mit zwei Journalisten auskomme. Sie kritisierte die neue Hochglanzbroschüre “LP”, in der Vorgängerzeitschrift habe auch der Landtag Platz gefunden. Sie fragte, ob wirklich jeder Landesrat einen eigenen Journalisten brauche. Auch Sven Knoll kritisierte “LP”. Der Ehrenkodex der Journalisten, den Ploner zitiere, sei hingegen gar nichts wert, von Ausgewogenheit bemerke man bei vielen Journalisten nichts. Dieselben Bedenken habe er beim neuen “Landespropagandaministerium”. In einer Demokratie sollten Argumente zählen, nicht die Selbstdarstellung. Er bezweifle, dass man so mehr Wohlwollen in der Bevölkerung finde. Mehr Homogenität in der Information reduziere das Interesse. Es gebe nach 38 Jahren eine Entwicklung, die einen Ausbau nötig mache, erklärte Gerhard Lanz, der dazu aufrief, nicht den Heiligen zu spielen. Dass der Landtag mit 2 Journalisten auskommen müsse, sei nicht korrekt, denn die Fraktionen hätten Mitarbeiter, die auch in der Kommunikation tätig seien. Die Bürger wollten informiert werden, auch über die neuen Medien. Für jeden Landesrat sei ein Mitarbeiter vorgesehen, der sich um die Information kümmere, erklärte LH Arno Kompatscher, wenn es sich um Journalisten handle, müssten sie aus rechtlichen Gründen beim Presseamt angestellt werden. In der Praxis sei bereits bisher ein Mitarbeiter in jedem Ressort für diese Arbeit beschäftigt gewesen, nun mache man es halt offiziell. Das letzte Wort habe bei der Arbeit aller Journalisten der Chef des Presseamtes. Der Großteil dieser Arbeit habe nichts mit Politik zu tun, sondern mit Verwaltung. Die Arbeit habe, auch durch die neuen Medien, zugenommen, aber man habe immer noch weniger Journalisten als die Regierungen anderer Länder. Der Streichungsantrag wurde abgelehnt. Der Artikel wurde mit 19 Ja und 13 Nein genehmigt.
Art 12 betrifft die Führungsstruktur der Landesverwaltung.
Dazu hat LH Kompatscher drei Änderungsanträge vorgelegt: zum Generalsekretär, zum Generaldirektor und zur Abordnung an andere Körperschaften. Alex Ploner forderte die Streichung der Bestimmung zur provisorischen Führung, die unnötig sei, und eine andere Regelung für die provisorische Nachbesetzung von Führungsstellen. Auf Nachfrage von Brigitte Foppa erklärte LH Kompatscher, dass eine Vertretung des Generaldirektors derzeit ein Problem wäre, da er noch keinen Stellvertreter habe. Er wandte sich auch gegen den Vorschlag von Ploner, die provisorische Nachbesetzung zu verlängern. Wenn man Stabilität wolle, müsse man die Stelle ausschreiben. Die provisorische Nachfolge werde nun neu geregelt und werde nicht unbedingt vom Stellvertreter angetreten. Die Änderungsanträge von LH Kompatscher wurden angenommen, die anderen wurden abgelehnt. Der Artikel wurde mit 18 Ja, sechs Nein und sieben Enthaltungen genehmigt.
Art. 13 betrifft die Personalordnung des Landes.
Alex Ploner forderte die Streichung der Bestimmung, welche die Anerkennung des Dienstalters im Kindergarten abschafft. Erfahrung sei auch dort wertvoll. Dem stimmte auch Brigitte Foppa zu. LH Arno Kompatscher betonte, dass die Anerkennung des Dienstalters nicht abgeschafft, sondern in Zukunft mit Beschluss der Landesregierung geregelt wird.
Der Streichungsantrag wurde abgelehnt. Der Artikel wurde mit 18 Ja, einem Nein und zwölf Enthaltungen genehmigt.
Art. 16 betrifft den Tierschutz.
Sandro Repetto kritisierte die Bestimmungen zum Melderegister für Heimtiere. Sven Knoll bezeichnete die Maßnahmen, darunter das genetische Profil bei Hunden, als überzogen und kündigte seine Gegenstimme an. LR Arnold Schuler berichtete von der deutlichen Zunahme der Hundepopulation. Das Problem sei nicht nur der Kot, es seien auch die Risse durch streunende Hunde, die man mit dem genetischen Profil leicht ausfindig machen könne.
Der Artikel wurde mit 19 Ja, drei Nein und zehn Enthaltungen genehmigt.
Art. 17 betrifft die Lärmbelastung.
LR Philipp Achammer legte dazu einen Änderungsantrag vor, mit dem man ein Lärmklasse fünf einführen könne, gedacht für Zonen, in denen man auch nachts anliefern könne. Der Antrag wurde angenommen. Der Artikel wurde mit 28 Ja und vier Enthaltungen genehmigt.
Art. 19 betrifft das Raumordnungsgesetz.
Brigitte Foppa und Peter Faistnauer forderten die Streichung. Es gebe keinen Grund, das öffentliche Interesse (aus dem Art. 19 des geltenden Urbanistikgesetzes) zu streichen, erklärte Foppa. Sie sprach sich für einen Änderungsantrag von LR Hochgruber Kuenzer aus, der eine Begrenzung für die Ausweisung von Tourismuszonen vorsieht. Peter Faistnauer wollte das öffentliche Interesse ebenfalls im Artikel beibehalten und stellte Fragen zu Details des Antrags von LR Hochgruber Kuenzer. Sven Knoll meinte, es habe wenig Sinn, den Tourismus auf die Ortskerne einzuschränken, wie es die Landesrätin vorschlage, das bringe auch Verkehrsprobleme. LR Maria Hochgruber Kuenzer verteidigte die Streichung des öffentlichen Interesses aus der Bestimmung zum Handel. Die derzeitige Fassung bedeute eine Rechtsunsicherheit, denn das öffentliche Interesse könne in diesem Zusammenhang ausgelegt werden, ohne die Kriterien für eine Handelstätigkeit im Gesetz zu beachten. Manche der jüngsten Anträge im Tourismus beträfen nicht neue Zonen, sondern mehr Kubatur. Es sei sinnvoll, das Bestehende zu nutzen. In touristisch entwickelten Gebieten sollten keine Tourismuszonen mehr ausgewiesen werden. Die familiären Betriebe im Tourismus seien ein Mehrwert, den man erhalten wolle, auf der anderen Seite wolle man sparsam mit der Landschaft umgehen. Helmut Tauber wies auf den Beitrag des Tourismus für den Wohlstand und die Entwicklung dieses Landes hin. Die Südtiroler Tourismusstrukturen hätten bei weitem nicht die Größe, die man jetzt an die Wand male. Es gebe Spitzenzeiten mit gewissen Belastungen, die aber auch dem Umstand geschuldet seien, dass die Mobilität in den letzten 40 Jahren nicht so entwickelt worden sei, wie es nötig gewesen sei. Der Tourismussektor sei nicht an allem schuld, und er bemühe sich auch, dass die Dinge nicht aus dem Ruder liefen. Sie klage nicht den Tourismus an und wisse um seinen wirtschaftlichen Beitrag, erwiderte Brigitte Foppa, sie habe nur darauf hingewiesen, dass es Grenzen gebe, die an manchen Orten schon überschritten wurden. Peter Faistnauer verteidigte den nachhaltigen Tourismus der Familienbetriebe und fragte, wie viele der neuen Ansuchen Projekte außerhalb der 300 Meter vom Ortskern beträfen. Wenn man den Tourismus in Südtirol erhalten wolle, dann müsse man gewisse Grenzen setzen, meinte Sven Knoll. Die Bettenburgen würden die Touristen abschrecken.
Die Debatte wird morgen fortgesetzt.