Tagesordnungen

Landtag befasst sich mit Sammelgesetzentwurf

Donnerstag, 06. Oktober 2016 | 17:53 Uhr

Von: mk

Bozen – Am Nachmittag wurde im Landtag die Behandlung des Landesgesetzentwurfs Nr. 96/16: „Änderungen zu Landesgesetzen in den Bereichen Verwaltungsverfahren, örtliche Körperschaften, Kultur, Bodendenkmäler, Ämterordnung, Personal, Umwelt, Gewässernutzung, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Bevölkerungsschutz, Gemeinnutzungsrechte, Mobilität, Wohnbau, Abhängigkeiten, Gesundheit, Soziales, Arbeit, Vermögen, Finanzen, Steuerrecht, Wirtschaft und Tourismus“ (vorgelegt von der Landesregierung auf Vorschlag von LH Kompatscher) wieder aufgenommen. Dazu wurden neun Tagesordnungen vorgelegt.

Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) forderte schärfere Bestimmungen zum Pilzesammeln: strengere und mehr Kontrollen, Pflicht, die Rucksäcke vor den Förstern zu öffnen, Aufenthaltsverbot auf dem Gemeindegebiet bei wiederholtem Zuwiderhandeln. Andreas Pöder (BürgerUnion) wies darauf hin, dass man das Pilzesammeln auf seinem Grund bereits verbieten könne. Der Respekt vor Privatgrund müsse besser vermittelt werden. Sven Knoll (STF) meinte, auch ein Privateigentümer sollte ein Aufenthaltsverbot für sein Grundstück aussprechen können, wenn jemand die Bestimmungen wiederholt übertritt.

Landesrat Arnold Schuler bezeichnete die derzeitige Regelung als ausreichend. Eine flächendeckende Kontrolle sei aber nicht möglich. Die Kontrolle mache zehn bis 15 Prozent der Arbeitszeit der Förster aus. Eine Kontrolle der Rucksäcke sei rechtlich nicht möglich, ebenso ein Aufenthaltsverbot auf dem Gemeindegebiet. Letzteres sei auch wenig sinnvoll. Der Antrag wurde mit vier Ja, 22 Nein bei vier Enthaltungen abgelehnt.

Andreas Pöder (BürgerUnion) forderte ein Nein des Landtags zur Impfwerbekampagne bzw. gleiche Fördermittel auch für eine Kampagne der Impfgegner. Die Impfkampagne des Landes koste 50.000 Euro, aber nützlich sei sie nur für die Pharmakonzerne. Die geringe Zahl der Ansteckungsfälle zeige, dass die Impfrate ausreichend sei. Pöder wies darauf hin, dass der Staat einen Entschädigungsfonds für Opfer von Impfschäden eingerichtet habe.

Mit der Impfpflicht seien viele Krankheiten verbannt worden, meinte Pius Leitner (F), der auch auf die Gefahr hinwies, dass durch die Einwanderung neue eingeschleppt werden könnten. Es sei richtig, wenn das Land fürs Impfen werbe, aber einen Zwang könne er nicht befürworten.

Brigitte Foppa (Grüne) kritisierte, dass über die Risiken von Impfstoffen, etwa gegen das Papilloma-Virus, nicht ausreichend informiert werde. Sie sprach sich aber gegen eine gleich dotierte Impfgegnerkampagne aus.
Für das Impfen werde bereits genug geworben, auch durch die Ärzte, meinte Elena Artioli (Team Autonomie). Sie plädierte auch für eine Kampagne über die Impfrisiken, denn ein Impfschaden bleibe lebenslang.  Südtirol sei eine der wenigen Regionen, wo es noch Strafen für Impfverweigerer gebe.

Die persönliche Freiheit sei ein hohes Gut, meinte Dieter Steger (SVP), aber hier gehe es auch um die Verantwortung gegenüber anderen, um das Ansteckungsrisiko. Bei der genannten Kampagne gehe es nicht um Pflichtimpfungen, aber um Impfungen, deren Nutzen wissenschaftlich belegt sei. Sicher gebe es auch Fälle von Impfschäden, aber das Allgemeinwohl sei wichtiger.

Sven Knoll (STF) kündigte Enthaltung an. Er könne unterstützen, was sein Vorredner gesagt habe, aber die Wissenschaft sei noch eine Aufklärung über die Risiken schuldig. Es sei schwer abzuwägen, ob das Entscheidungsrecht der Eltern mehr wiege als das Recht des Kindes auf Gesundheit. Ebenso sei zu bedenken, dass die Durchimpfungsrate in einer Zeit, in der man die ganze Welt bereisen könne, weniger aussagekräftig sei.

Die 50.000 Euro würden für eine Kampagne für die Impfung gegen Masern, Röteln u.ä. verwendet, erklärte LH-Stv. Richard Theiner, also gegen Krankheiten, die sehr gefährlich sein können. Hier werde kein Zwang ausgeübt, es werde informiert. Das sei eine hoheitliche Aufgabe, das könne man weder der Pharmaindustrie noch den Impfgegnern überlassen. Als Tourismusgebiet habe Südtirol ein zusätzliches Risiko.
Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Den Einsatz der Umweltgelder aus der Stromerzeugung für Energiesparmaßnahmen von Privaten und Betrieben forderte Andreas Pöder mit einer weiteren Tagesordnung. Die Möglichkeit sei bereits heute gegeben, antwortete LH-Stv. Theiner. Der Antrag wurde mit acht Ja, 16 Nein bei vier Enthaltungen abgelehnt.

Die Chancen eines Güterverkehrsterminals in Südtirol sollten ernsthaft überprüft werden, forderte Hans Heiss (Grüne) mit einer weiteren Tagesordnung. Dazu solle die von der Handelskammer angedachte Studie vorangetrieben und bei positivem Ergebnis eine Machbarkeitsstudie veranlasst werden. Es wäre eine wichtige Maßnahme zur Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene, derzeit gebe es in Südtirol keinen Verladebahnhof mehr.

Auch der Zement für den BBT müsse in Hall oder Verona verladen werden, kritisierte Sven Knoll (STF), daher wäre eine Verladestelle zwischen Südtirol und Trentino sinnvoll. Pius Leitner (F) erinnerte an das Vorhaben, in Grasstein einen Verladebahnhof zu errichten; daraus sei nichts mehr geworden. Er sprach sich für den Antrag aus.

Bei der Mobilität müsse man nach Prioritäten vorgehen, erklärte Landesrat Florian Mussner. Derzeit gebe es Pläne für eine Erweiterung in Hall und für eine neue Verladestelle im Trentino. Es sei die Frage, ob Südtirol allein einen solchen Verladebahnhof auslasten könne. Er plädierte dafür, die Studie der Handelskammer abzuwarten. Die Tagesordnung wurde mit 14 Ja und 16 Nein abgelehnt.

Riccardo Dello Sbarba forderte eine Reihe von Maßnahmen für Flüchtlinge: Für alle Flüchtlinge, die nach Südtirol kommen, müssten die erforderlichen Mittel bereitgestellt werden, die jüngsten Einschränkungen sollten zurückgezogen werden, gemeinsam mit Freiwilligenverbänden, Sozialdiensten, Gemeinden und Regierungskommissariat sollen die Maßnahmen abgestimmt werden, um eine humane Aufnahme gewährleisten zu können, die Verpflichtung zur Aufnahme sollte nach einem ausgeglichenen Verteilungsschlüssel von allen Gemeinden getragen werden. Dello Sbarba wies darauf hin, dass rund hundert zu den gefährdeten Personengruppen gemäß EU-Vorgaben gehören, Frauen, Kinder, Kranke usw. Der Staat rechne auch die 400, die bisher als außerhalb der Quote gehandelt wurden, zur Verteilungsquote, bezahle aber nichts dafür. Gleichzeitig bedeute dies aber, dass damit die Südtiroler Quote von 1.500 erfüllt sei. Es sei richtig, den Staat in die Pflicht zu nehmen, aber nicht auf Kosten der Flüchtlinge.

Der Antrag stifte Verwirrung, meinte Andreas Pöder (BU), auch weil man keine aktuellen und genauen Zahlen kenne. Man wisse nicht, wie viele Asylansuchen abgelehnt wurden und was mit diesen Personen geschehe. Man müsste daher korrekterweise von Personen mit laufendem Asylverfahren reden. Die Maßnahmen für die Flüchtlinge hätten in einem Jahr 9 Mio. Euro gekostet, aber der Antrag tue so, als ob in Südtirol nichts getan werde.

Sven Knoll (STF) fragte, ob der Staat bei den Quoten einen Unterschied zwischen Asylanten und Asylwerbern mache. Brigitte Foppa (Grüne) beanstandete zynische Aussagen über zu hohes Taschengeld und goldene Uhren für Flüchtlinge. Es könne auch nicht sein, dass die ganze Verantwortung auf die Freiwilligen abgewälzt werde. Wessen Asylantrag abgelehnt werde, werde in die Illegalität gedrängt, und die öffentliche Hand könne sich nicht mehr um ihn kümmern. Man sollte nicht von Wirtschaftsflüchtlingen reden, eher seien es Hunger- oder Klimaflüchtlinge.

Es gebe Gesetze, die von allen einzuhalten seien, meinte Pius Leitner (F), wer illegal hier sei, habe kein Recht, hier zu bleiben. Die Ärmsten der Armen seien nicht die Flüchtlinge, sondern jene, die in den Herkunftsländern geblieben seien.

LH Kompatscher sei gerade in Rom, um genau diese Frage zu klären, berichtete Dieter Steger (SVP). Die Landesregierung werde ihr Rundschreiben mit den einschränkenden Maßnahmen nicht zurücknehmen, eine gewisse Kontrolle müsse sein. Die Flüchtlinge müssten im ersten Ankunftsland Asylantrag stellen, sie könnten nicht auf eigene Faust nach Südtirol kommen. Steger sprach sich gegen den Antrag aus.

Ulli Mair (F) berichtete von ihren Bemühungen, für einen jungen Drogenabhängigen Unterkunft zu finden, aber das sei in Südtirol anscheinend nicht möglich. Die öffentliche Hand hätte also viel zu tun, sie sei schon mit den eigenen Fällen überfordert. Zur Einwanderung erklärte Mair, man dürfe die Boote erst gar nicht starten lassen. Alle Behörden und Freiwilligenorganisationen im sozialen Bereich wären derzeit nur mehr mit Flüchtlingen beschäftigt.

Mit dem Thema, das im Antrag aufgegriffen werde, sei die Landesregierung gerade beschäftigt, erklärte LH-Stv. Christian Tommasini. Der Antrag sei seriös, sollte aber im Lichte der neuen Informationen und Verhandlungsergebnisse vertieft werden, auf die man gerade warte. Tommasini forderte Dello Sbarba daher auf, den Antrag zurückzuziehen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder einbringen. Riccardo Dello Sbarba zeigte sich damit einverstanden.

Das neue Institut für die Sonderausbildung in Allgemeinmedizin, das bei der Claudiana eingerichtet werde, brauche keinen eigene Führungskraft, meinte Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung), diese Aufgabe könnten die Führungskräfte der Claudiana übernehmen. Andernfalls müsse diese Stelle per Wettbewerb vergeben werden. Elena Artioli (Team Autonomie) unterstützte den Antrag. Es wäre ein Beitrag die Führung der Claudiana etwas professioneller zu machen.
Es handle sich um eine besondere Ausbildung, die nicht mit jener zum Krankenpfleger oder anderen Claudiana-Ausbildungen vergleichbar sei, erklärte LH-Stv. Richard Theiner. Die Leitung müsse ein Arzt übernehmen. Die Tagesordnung wurde mit acht Ja, 16 Nein bei sechs Enthaltungen abgelehnt.

Paul Köllensperger forderte auch ein Programm für Kontrollen an den baulichen Teilen der Wanderwege, um Risiken für die Wanderer zu beseitigen – es gehe um Geländer, Aussichtsplattformen usw. Die Elemente aus Holz, Metall und anderen Materialien seien regelmäßig zu überprüfen.

Landesrat Arnold Schuler kündigte an, dass in Zukunft die Forstbehörde für die außerordentliche Instandhaltung der Wanderwege zuständig sein werde. Im genannten Fall gehe es aber oft um Stellen auf privatem Grund bzw. um private Strukturen. Die Tagesordnung wurde mit vier Ja, 23 Nein bei 4 Enthaltungen abgelehnt.

Pius Leitner (Freiheitliche) forderte einen organischen Gesetzentwurf zu den Gemeinnutzungsrechten, da die derzeitigen Bestimmungen oft nicht anwendbar seien und nicht den aktuellen Erfordernissen entsprechen. Die im Sammelgesetz enthaltenen Bestimmungen seien auch nicht ausreichend.

Andreas Pöder (BU) bezeichnete den Antrag als berechtigt. Es brauche mehr Transparenz und auch eine homogenere Handhabung in den Gemeinden.

Die Eigenverwaltungen spielten noch heute eine große Rolle, erklärte Landesrat Arnold Schuler, es gebe derzeit rund 180. Er gehe davon aus, dass die Transparenz gegeben sei, da die Beschlüsse der öffentlichen Kontrolle unterlägen. Eine Arbeitsgruppe sei mit dem Thema beschäftigt, sehe aber keine Notwendigkeit für eine Reform. Der Antrag wurde mit 13 Ja und 16 Nein abgelehnt.

Anschließend wurde mit der Artikeldebatte begonnen.

Artikeldebatte: Knackpunkt Treuhandgesellschaften

Art. 1 betrifft die Offenlegung bei Treuhandgesellschaften. Andreas Pöder kritisierte die Absicht, börsennotierte Unternehmen von der Offenlegungspflicht wieder auszunehmen. Die Börsenaufsicht kontrolliere, ja, aber es sei nicht gesagt, dass sie ihre Informationen nach Südtirol weiterleite. Paul Köllensperger forderte, dass die Informationen der Börsenaufsicht dem Konzessionsgeber und an die Landtagsabgeordneten weitergeleitet werden. Riccardo Dello Sbarba kritisierte ebenfalls die Bestimmung, räumte aber ein, dass die bisherige Bestimmung nicht anwendbar war; er plädierte für die Annahme des Änderungsvorschlags von Köllensperger und Tinkhauser. Pius Leitner forderte die Streichung des Artikels und erinnerte an den Fall Stein an Stein. Myriam Atz Tammerle fragte, welcher Kontrolle die ausländischen Gesellschaften unterlägen. Roland Tinkhauser nannte verschiedene Projekte, an denen Treuhandgesellschaften beteiligt waren, so etwa bei Windkraftparks. An sich seien diese Gesellschaften kein Problem, aber bei öffentlichen Konzessionen müsse es Transparenz geben. Dieter Steger sah es als schwierig an, eine Offenlegung zu garantieren, man habe in den bekannten Fällen auch mit Strohmännern zu tun gehabt. Die von Köllensperger vorgeschlagene Änderung (zusammen mit einem weiteren Änderungsantrag von LR Theiner) könne am ehesten für Offenheit sorgen.

Josef Noggler bezeichnete die bisherige Norm als nicht anwendbar, daher sei eine Korrektur sinnvoll. Es habe bereits damals Zweifel gegeben, ob die Norm auch halten würde, erklärte LR Richard Theiner. Er stellte in Abrede, dass Flavio Ruffini von dieser Norm profitieren würde. Der heutige Vorschlag sei von der Anwaltschaft formuliert worden, einen konkreten Anlassfall gebe es nicht. Bei börsennotierten Unternehmen, die nicht ihren Sitz in Italien hätten, könne nicht kontrolliert werden. Köllenspergers erster Antrag, die Offenlegung an den Konzessionsgeber, entspreche dem, was im Trentino bereits genehmigt wurde. Sein zweiter Antrag, dass die Consob dem Landtag ihre Unterlagen übermitteln müsse, sei unrealistisch. Der erste Antrag Köllenspergers wurde angenommen. Er ersetzt Art. 1. Die Art. 2 und 3 wurden ohne Debatte genehmigt.

Die Arbeiten werden morgen wieder aufgenommen.

Bezirk: Bozen