Von: mk
Bozen – Der Südtiroler Landtag hat sich heute mit dem Beschlussantrag Nr. 733/17: Maßnahmen zum Schutz von Frauen vor Belästigungen, gewalttätigen und sexuellen Übergriffen (eingebracht von den Abg. Mair, Blaas, Leitner, Oberhofer, Stocker S. und Tinkhauser am 25.1.2017) befasst. Der Landtag möge laut Antrag die Landesregierung auffordern, innerhalb Juni dieses Jahres ein Maßnahmenpaket zum Schutz von Frauen in Südtirol vor gewalttätigen oder sexuellen Übergriffen sowie zur Erhöhung des subjektiven Sicherheitsgefühls zu verabschieden.
“Diverse Vorfälle der letzten Wochen im In- und Ausland führten zu einer starken Verunsicherung unter der heimischen Bevölkerung”, erklärte Ulli Mair (Freiheitliche). “Insbesondere bei vielen Frauen kam es vor diesem Hintergrund zu einer Abnahme des subjektiven Sicherheitsgefühls. Dieser negativen Entwicklung gilt es entschieden entgegen zu wirken. Es bedarf eines klaren Bekenntnisses dazu, dass alle Personen in Südtirol gleichberechtigt und mit Respekt behandelt werden müssen. Es darf nicht sein, dass Frauen und Mädchen sich künftig nur noch in männlicher Begleitung im öffentlichen Raum bewegen können und sich mit Pfefferspray und akustischen Alarmgeräten ausrüsten müssen, um die eigene Sicherheit vor tätlichen Übergriffen zu gewährleisten. Es sollen daher alle notwendigen Schritte gesetzt werden, damit Bedrohungsszenarien weitestgehend verhindert werden. Die Sicherheitssituation sowie das subjektive Sicherheitsempfinden sollen wieder verbessert werden, weshalb seitens des Landes ein entsprechendes Maßnahmenpaket auszuarbeiten ist.” Sie wolle den Aspekt nicht besonders ausbreiten, aber es seien immer gewisse Personengruppen, die sich an sensiblen Zonen aufhalten würden, merkte Mair an.
Brigitte Foppa (Grüne) unterstützte den Antrag, der sehr allgemein gehalten sei. Es gebe verschiedenste Möglichkeiten, die Sicherheit im öffentlichen Raum zu verbessern. Es gehe hier um den öffentlichen Raum, wenngleich viel Gewalt auch im privaten Raum passiere. Öffentlicher Raum sollte bereits urbanistisch so gestaltet werden, dass mehr Sicherheit möglich sei.
Auch sie fühle sich abends of unsicher an gewissen Orten, erklärte Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit). In Deutschland hätten bereits 40 Prozent der Frauen einmal körperliche, psychische oder sexuelle Gewalt erlebt, daher habe Deutschland auch ein Paket mit 130 Maßnahmen beschlossen.
Das Gefühl der Unsicherheit habe zugenommen, meinte LR Martha Stocker, dazu würden auch die täglichen Meldungen von Übergriffen beitragen. Vieles spiele dabei eine Rolle, auch das Verhalten von Menschen, die nicht hier aufgewachsen seien. Neben dem allgemeinen Empfinden gebe es aber auch Daten und Fakten. Richtig sei, dass mehr als drei Viertel der Gewalt in häuslicher Umgebung stattfinde. Die Landesregierung habe, soweit es in ihren Zuständigkeitsbereich, bereits einige Maßnahmen zur Sicherung des öffentlichen Raums getroffen. Weitere seien bereits beschlossen, aber noch umzusetzen. In erster Linie seien aber die Polizeikräfte gefordert, darauf weise das Land auch immer wieder hin. Seit sechs Jahren seien laut Bericht einer parlamentarischen Untersuchungskommission die Daten zur Gewalt italienweit deutlich rückläufig, um etwa 12 Prozent. Rückläufig seien auch die Anfragen an die Frauenhäuser. Ein neuer Maßnahmenkatalog sei nicht notwendig.
Bei der Eröffnung des Gerichtsjahres habe man gehört, dass alle Sorten von Kleinkriminalität zugenommen hätten, wandte Ulli Mair ein. Daher tue sie sich schwer mit den von Stocker genannten Daten. Die Politik rede das Problem klein, damit fehle auch der Polizei die Rückendeckung. Der Antrag wurde mit 15 Ja, 13 Nein und 1 Enthaltung genehmigt.
Beschlussantrag Nr. 862/17: Keine Sanktionen für Gemeinden in Flüchtlingsfragen (eingebracht vom Abg. Pöder am 18.12.2017). Der Landtag wolle beschließen, 1. Die Entscheidung von Gemeinden, sich nicht am SPRAR-Programm zu beteiligen ist von der Landesverwaltung ohne daraus folgende Sanktionen anzuerkennen. 2. Gemeinden, die sich auch gegen das CAS-Programm wenden, dürfen keine Flüchtlinge zugewiesen werden. Mit diesen Gemeinden ist eine finanzielle Beteiligung an der Flüchtlingsunterbringung in Südtirol zu vereinbaren.
“Im Zuge der Umverteilung von sogenannten Flüchtlingen auf die Südtiroler Gemeinden stellen sich immer mehr Gemeindeverwaltungen gegen die Flüchtlingspolitik des Landes”, erklärte Andreas Pöder (BürgerUnion). “Mehrere Gemeinderäte lehnen sowohl das SPRAR- als auch das CAS-Programm ab. Diesen Gemeinden wird nicht nur der Dialog verweigert, sondern im Zuge der Gemeindefinanzierung ihnen zustehende Steuergelder vorenthalten. Unbeschadet dessen und ohne Rücksicht auf deren Willensbekundung durch demokratisch gewählte Gremien werden gerade diesen Gemeinden bevorzugt Flüchtlinge zugewiesen. Jüngstes negatives Beispiel ist die Gemeinde Kaltern. Das in dieser Angelegenheit angewandte Vorgehen der Landesregierung kann man unverhohlen als Strafexpedition gegen Südtirols Gemeinden werten. Dieses verhalten kann jedoch nicht die Basis für eine ausgewogene Flüchtlingspolitik sein.”
Sven Knoll (STF) unterstützte den Antrag. Man sollte aber von Asylwerbern sprechen und nicht von Flüchtlingen.
Dagegen sprach sich Riccardo Dello Sbarba (Grüne) aus. Mit der Aufnahme von Flüchtlingen komme das Land internationalen und europäischen Bestimmungen nach. Das Land fordere richtigerweise eine solidarische Beteiligung aller Gemeinden. Selbst Pöder sehe einen Finanzausgleich durch Gemeinden vor, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollten.
Ulli Mair (F) erklärte ihre Zustimmung zum Antrag. Alle würden von mehr Bürgerbeteiligung reden, aber bei diesem Thema werde die Bevölkerung oft gar nicht informiert, von Mitbestimmung sei gar nicht die Rede.
Walter Blaas (F) bezeichnete es als unverfroren, wenn man die freie Entscheidung der Gemeinderäte sanktioniere. Das Land habe Angst, dass andere Gemeinden dem Beispiel folgen.
Roland Tinkhauser (F) berichtete von Bezirksversammlungen im Pustertal zum Thema. Dabei sei zur Sprache gekommen, dass sich viele Gemeinden im Stich gelassen fühlten, auch wenn sie dem SPRAR-Programm zugestimmt hätten. Die Südtiroler seien zur Aufnahme bereit, wenn es sich um wirkliche Flüchtlinge handle. Das Problem werde sichtbar, wenn nicht Familien aus Syrien kämen, sondern einzelne Schwarzafrikaner, die nicht vor einem Krieg flüchten würden.
Viele täten sich mit einer anderen Hautfarbe schwer, meinte LR Martha Stocker, für diese sei es schwieriger, eine Unterkunft zu finden. Auch in Afrika gebe es Kriege, die Hautfarbe dürfe keine Rolle spielen. Für die 31 CAS-Strukturen sei das Land zuständig, und dazu habe es auch Informationsveranstaltungen in jedem Ort gegeben. Es gebe auch Erfolge zu vermelden, so hätten im Josefsheim bis auf vier Personen alle eine Arbeit gefunden. Stocker wies darauf hin, dass es der Wunsch der Gemeinden war, dass die Flüchtlinge gerecht verteilt würden. Man könne also nicht von einem Zwang durch das Land reden. Es seien auch die Gemeinden gewesen, die Sanktionen gefordert hätten. Der Antrag wurde mit elf Ja, 18 Nein und zwei Enthaltungen abgelehnt.
Die Arbeiten werden morgen um 10.00 Uhr wieder aufgenommen.