Von: mk
Bozen – Der Südtiroler Landtag hat sich heute mit dem Begehrensantrag Nr. 92/17: Geburtsbegleitungsurlaub für Väter (aber nicht nur) (eingebracht von den Abg. Foppa, Heiss und Dello Sbarba am 1.9.2017) befasst. Die Landesregierung solle sich in Rom dafür einsetzen, dass künftig den Vätern und den eingetragenen Partnerinnen von Müttern verpflichtend mindestens drei Wochen Geburtsbegleitungsurlaub gewährt werden muss, falls sie um diesen Urlaub ansuchen.
“Bereits in den ersten Lebenstagen des Kindes bildet sich ein strukturell begründeter Unterschied zwischen der Mutter-Kind- und der Vater-Kind-Beziehung heraus, etwa wenn Väter in Krankenhäusern an Besuchszeiten gebunden sind; gravierender ist, dass in Italien das Recht auf Vaterschaftsurlaub auf einen einzigen Tag beschränkt ist”, bemerkte Brigitte Foppa (Grüne). “Hinzu kommt, dass die Mütter, wenn sie nach der Geburt ihres Kindes nach Hause kommen, oft allein mit Alltag, Kind und Haushalt zurechtkommen müssen, was das Risiko der Postnatalen Stimmungskrisen erhöht. Die Anwesenheit des Partners ist daher in vielen Fällen nicht nur hilfreich, sondern kann lebenswichtig sein. Aber auch unter optimalen Bedingungen ist es für die Eltern-Kind-Beziehung von großem Vorteil, wenn sich sowohl Mutter als auch Vater von Anbeginn an die Arbeit (und die Freude!) am Kind teilen können.”
Magdalena Amhof (SVP) bezeichnete die Zeit während und nach der Geburt als wichtige Voraussetzung für das Gelingen einer partnerschaftlichen Familie. Viele Maßnahmen in diese Richtung seien bereits gesetzt worden. So könne Vaterschaftsurlaub für fünf Monate beantragt werden, es seien auch Beiträge vorgesehen, aber die wenigsten wüssten von dieser Gelegenheit, die noch besser bekannt gemacht werden müsse.
Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) unterstützte den Antrag. Die Großfamilie gebe es nicht mehr, die Großeltern stünden vielfach noch im Arbeitsleben. Bei diesem Thema sei nicht nach der Art der Familie zu unterscheiden, traditionell, gleichgeschlechtlich, Patchwork … Wichtig sei, dass dieser entscheidende Moment genutzt wird, um die emotionale Bindung zum Kind aufzubauen.
Ulli Mair (Freiheitliche) tat sich mit dem Antrag schwerer. Er gehe vom Optimalzustand aus, aber der sei nicht immer gegeben. So würden bei Problemgeburten oft die Väter die ganze Arbeit übernehmen. Man sollte auch keinen Zwang schaffen, jede Familie solle frei entscheiden. Manche Frauen empfänden laut einer Umfrage auch mehr Stress, wenn der Mann in dieser Zeit immer daheim sei.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) erwiderte, dass der Zwang nur für den Arbeitgeber gefordert werde, niemand werde gezwungen, den Vaterschaftsurlaub in Anspruch zu nehmen. Der derzeit mögliche Vaterschaftsurlaub werde noch zu wenig genutzt, auch weil es Abstriche beim Gehalt gebe. Der Antrag ziele auf voll bezahlten Urlaub ab.
Maria Hochgruber Kuenzer (SVP) sah im Antrag einen Vorstoß zur Entschleunigung, man gebe jungen Familien die Möglichkeit, kurz aus dem Leistungsrad auszusteigen und Wurzeln zu schlagen. Es gehe hier um eine Kultur, die hier wieder eingeführt würde.
Hans Heiss (Grüne) sah dies ebenfalls so. Man wolle der Familie ein Moratorium bieten, um eine neue Bindung zu schaffen und auch, um den Erstgeborenen das Gefühl zu vermitteln, dass sie nun nicht vernachlässigt würden.
Er sei in seiner Firma der erste gewesen, der einen Elternurlaub genommen habe, berichtete Bernhard Zimmerhofer (STF) und bekam dafür Beifall. Der Chef und die Kollegen hätten sich damals gewundert, aber er würde es nicht bereuen.
Veronika Stirner (SVP) bezeichnete die Geburt als Ausnahmesituation für die Familie, die in dieser Zeit Unterstützung brauche. Wenn man dazu beitragen wolle, das Risiko von Trennungen zu mindern, dann sei der Vorschlag eine gute Gelegenheit dazu.
LR Waltraud Deeg bezeichnete jede Diskussion über das Thema als gute Diskussion. Der italienische Staat sei in Sachen Gleichberechtigung und Familienpolitik kein Vorzeigemodell, obwohl einige Bestimmungen eingeführt wurden, die Modellcharakter haben, etwa die Elternzeit für beide Eltern. Aber wenn man sehe, wie wenig das genutzt werde, sei die Bilanz traurig. Grund dafür seien sowohl die Einstellung als auch die Einbußen beim Gehalt. 2012 sei der obligatorische Vater-Tag eingeführt, der später erweitert wurde; dieser werde aber immer von der fakultativen Elternzeit abgezogen. Deeg schlug vor, das Wort “verpflichtend” zu streichen: Es solle nur für den Arbeitgeber eine Pflicht sein. Weiterreichende Forderungen hätten bisher nie Erfolg gehabt, auch wegen der mangelnden Solidarität der Männer, aber wenn man nach Europa schaue, sehe man, dass es gehe.
Brigitte Foppa wies auf den Vorsprung der Mütter hin, wenn sie mit dem Kind aus dem Krankenhaus kämen. Umso wichtiger wäre es, wenn die nächsten Tage gemeinsam verbracht werden könnten. Bisher sei der Gehaltsunterschied immer als Argument dagegen genutzt worden, aber je mehr Männer von der Möglichkeit Gebrauch machten, desto weniger werde sich das Problem stellen. Foppa zeigte sich mit der Streichung von “verpflichtend”, was nur eine Verdoppelung sei. Sie schlug eine weitere Änderung vor: Der geforderte Vaterurlaub dürfe nicht von der bestehenden Elternzeit abgezogen werden. Der so geänderte Antrag wurde mit 19 Ja und drei Enthaltungen genehmigt.
Beschlussantrag Nr. 882/18: Studentenheime (eingebracht von den Abg. Zingerle, Tinkhauser, Oberhofer, Stocker S., Blaas und Mair am 13.2.2018). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, sämtliche verwaltungstechnischen Schritte in die Wege zu leiten, um die Anzahl an Wohnmöglichkeiten für Studenten an universitären Einrichtungen in Südtirol an das Verhältnis zur Entwicklung der Studienplätze zu koppeln.
“Mitte Jänner 2018 hat die Landesregierung der Einrichtung von drei neuen Masterstudiengängen in den Bereichen Finanzwirtschaft, Lebensmittelwissenschaften und Transmedia zugestimmt”, bemerkte Hannes Zingerle (Freiheitliche). “Mehr Studenten bedeutet natürlich auch mehr Bedarf an Studentenwohnmöglichkeiten. Für Studierende an universitären Einrichtungen in Südtirol bietet das Land 623 Wohnmöglichkeiten in Heimen oder Apartments an. Die Obergrenze an Studierenden in Südtirol, speziell in Bozen, ist bereits jetzt erreicht, wenn man die Situation der Anzahl an Wohnmöglichkeiten betrachtet. Die rund 600 Heimplätze sind auch in diesem Studienjahr alle zugewiesen worden und es gibt demzufolge keine freien Zimmer mehr. Eine erträgliche Alternative gibt es in Bozen kaum, da gerade in Bozen die Wohnpreise überdurchschnittlich hoch sind.”
Hans Heiss (Grüne) stimmte dem Antrag zu, aber mit einigen Anmerkungen. Das angekündigte massive Wachstum der Uni Bozen stehe weiter in den Sternen. Die Uni hinke ihren Plänen immer hinterher. Bei der Schaffung von neuem Studentenwohnraum müsse man aufpassen, die Investitionen des Landes hätten sich hier immer als sehr teuer erwiesen. Es brauche durchaus mehr Wohnraum für Studenten, aber die Situation sei nicht so dramatisch.
Walter Blaas (F) gab Heiss teilweise recht, wies aber darauf hin, dass nun auch das Konservatorium zur Uni komme und dass Bozen eine sehr teure Stadt sei. Daher brauche es erschwinglichen Wohnraum für Studenten.
Bozen sei nicht als Universitätsstadt geplant gewesen, meinte Sven Knoll (STF), man habe aus politischen Gründen eine Uni geschaffen. Er sei durchaus für erschwinglichen Studentenwohnraum, aber die Stadt habe nun ihr Limit erreicht. Daher sollte man auch die Nachbargemeinden für Studentenwohnungen ins Auge fassen oder gewisse Universitätsstrukturen auslagern.
Es sei eine grundsätzliche Frage, für wie viele Studierende das Land aufkommen müsse, erklärte LR Philipp Achammer. In Bozen sei es außerhalb der Heime enorm schwierig, Platz für Studenten zu finden. Es sei de facto unmöglich, auf kurze Nachfragespitzen einzugehen, für den Bau eines Heims vergingen Jahre. Daher sollte man darauf setzen, kostengünstige Möglichkeiten auf dem freien Markt zu finden. Das Land könnte für die privaten Wohnungen einen Grundtarif zahlen und dafür eine gedeckelte Miete fordern. Damit könne man kurzfristiger reagieren. Den größten Anstieg der Inskriptionszahlen gebe es derzeit an der bildungswissenschaftlichen Fakultät in Brixen. Dort würden die Studenten vor allem pendeln und bräuchten keine Wohnung. Die Heimplätze würden nicht an die soziale Bedürftigkeit gekoppelt, das sei in diesem Fall nicht sinnvoll. Er teile die Zielrichtung, mehr Plätze zu schaffen, aber eine Koppelung an die Inskriptionen sei nicht sinnvoll.
Hannes Zingerle betonte, dass man auf jeden Fall den Bedarf im Auge behalten müsse, wenn die Studentenzahlen steigen würden, sonst würden sich viele nach einer anderen Universität umsehen. Es gebe eine lange Warteliste für Heimplätze. Der Antrag wurde mit zehn Ja, 16 Nein bei drei Enthaltungen abgelehnt.