Von: mk
Bozen – Das Buch “Südtirols Minderheitenschutzsystem” von Matthias Haller, Träger des Föderalismus- und Regionalforschungspreises 2020, zeigt den engen Zusammenhang zwischen Völker- und Verfassungsrecht auf und zeichnet die Entwicklung des Schutzsystems von 1946 bis zur Streitbeilegungserklärung, die weitere Entwicklung seit 1992, die Möglichkeiten der Wiederherstellung der durch die Verfassungsreform von 2001 begrenzten Kompetenzen nach. Landtagsvizepräsident Josef Noggler erklärt: „Ein wertvoller Beitrag zum Thema des 50. Jahrestages des zweiten Autonomiestatuts, der uns das ganze Jahr über begleiten wird.“
Matthias Haller, Südtiroler Assistenzprofessor am Institut für Italienisches Recht der Universität Innsbruck, hat mit seinem als Dissertation verfassten Buch „Südtirols Minderheitenschutzsystem“ den Föderalismus- und Regionalforschungspreis 2020 der Präsidenten und Präsidentinnen der österreichischen Landtage und des Südtiroler Landtags sowie des Instituts für Föderalismus in Innsbruck erhalten. Das Werk, das auch mit dem Franz-Gschnitzer-Preis 2020 und dem Wissenschaftspreis der Stadt Innsbruck 2021 ausgezeichnet wurde, wurde heute Vormittag im Landtag vorgestellt.
“Hallers Buch”, so der Landtagsvizepräsident Josef Noggler, der heute Präsidentin Rita Mattei vertrat, “ist eine Art Handbuch des Föderalismus, eine vertiefende Studie über die Grundlagen und die Entwicklung der Südtiroler Autonomie und des Minderheitenschutzes vom Pariser Abkommen über die UNO-Kontroverse bis zu den Entwicklungen der letzten Jahre, außerdem ein wertvoller Beitrag zum Thema ‚50 Jahre Zweites Statut‘, das uns das ganze Jahr über begleiten wird.”
Professor Peter Bußjäger, Ordinarius an der Universität Innsbruck und Direktor des Instituts für Föderalismus, erklärte, dass die Verleihung des Forschungspreises für Föderalismus nicht nur durch die Akribie der Arbeit begründet sei, sondern insbesondere durch die interessante Verklammerung von Völker- und Verfassungsrecht zum Minderheitenschutz in Südtirol, eine wichtige Synthese voller Informationen und kritischer Überlegungen, auch in Anbetracht der Tatsache, dass das Südtiroler Minderheitenschutzsystem auf internationaler Ebene zu einem Vorbild geworden ist und dass Dezentralisierung und Autonomie seit einigen Jahren ein Megatrend sind. Er freue sich, dass das Buch an dem Ort vorgestellt werde, an dem die Autonomie ausgeübt und gelebt wird, d.h. im Südtiroler Landtag.
Die gelungene Verbindung von Völker- und Verfassungsrecht, die auch für die betreuenden Professoren von besonderem Interesse war, wurde von Prof. Esther Happacher, Professorin am Institut für Italienisches Recht der Universität Innsbruck, hervorgehoben. Sie wies darauf hin, dass Hallers Arbeit in dieser Hinsicht neue Aspekte aufweise, nicht zuletzt, weil sich der Autor nicht scheue, brennende Themen wie die Auswirkungen der Verfassungsreform von 2001 auf die Südtiroler Autonomie anzusprechen, aber auch Lösungsvorschläge zu machen.
Matthias Haller, bedankte sich für die Möglichkeit, sein Werk im Landtag vorzustellen und erinnerte daran, dass das Buch auch das Ergebnis eines einjährigen Stipendiums der Silvius-Magnago-Stiftung war, die heute bei der Buchvorstellung durch Rosa Franzelin Werth, ehemalige Präsidentin des Landtags, und Martha Stocker, Historikerin, ehemalige Landesrätin und Vizepräsidentin der FUEV, vertreten war. Das Buch behandelt die Entwicklung des Schutzsystems von 1946 bis zur Streitbeilegungserklärung, die Entwicklung seit 1992, die Möglichkeiten der Wiederherstellung der Kompetenzen, die durch die Verfassungsreform von 2001 eingeschränkt wurden. Die Reform habe dem Staat wichtige Kompetenzen wie den Umweltschutz zugewiesen und Kompetenzen eingeführt, während das Verfassungsgericht Überschneidungen zugunsten des Staates entschieden hätte, wobei auch die Schutzklausel von Artikel 10 nicht helfen konnte. Die Streitbeilegungserklärung habe die internationale Verankerung gestärkt, auch dank des Konsensprinzips, das für die Änderung des Schutzsystems notwendig ist, “ein Meilenstein”, so Haller, der auch das Finanzabkommen von 2014 und das Verfassungsgesetz von 2017 betreffend die Ladiner anführte, die ebenfalls auf internationaler Ebene verankert sind.
Durch Querschnittskompetenzen des Staates hätten sich Einschränkungen bei rund 50 Prozent der Landeskompetenzen ergeben, insbesondere durch Schutz des Wettbewerbs, Zivilrecht, Umweltschutz, Festlegung von Mindeststandards beim Schutz der bürgerlichen und sozialen Rechte. Es gebe zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren: die Änderung des Autonomiestatuts, die in einigen Fällen von grundlegender Bedeutung ist, oder der Erlass von Durchführungsbestimmungen, die ein einfacheres Instrument darstellen, aber mit konkreten oder sogar abgrenzenden Vorschriften ausgearbeitet werden müssen und die im Einzelnen die von der Provinz und die vom Staat geregelten Aspekte definieren. Haller mahnte, die neue Kompetenz der Digitalisierung nicht zu übersehen, bei der die Gefahr bestehe, dass die Autonomie weiter eingeschränkt werde. Haller ging abschließend auf die Fragen einzelner Abgeordneter ein, etwa zum Vertretungsrecht der Minderheiten und zur internationalen Verankerung.