Von: mk
Bozen – Nach der Haushaltsrede des Landeshauptmanns und der Verlesung der Begleit- und Minderheitenberichte hat der Landtag heute mit der Generaldebatte zu den drei Haushaltsgesetzen begonnen: Landesgesetzentwurf Nr. 107/16: „Bestimmungen in Zusammenhang mit dem Stabilitätsgesetz 2017“; Landesgesetzentwurf Nr. 108/16: „Bestimmungen über das Erstellen des Haushaltes für die Finanzjahre 2017, 2018 und 2019 (Stabilitätsgesetz 2017)“ und Landesgesetzentwurf Nr. 106/16: „Haushaltsvoranschlag der Autonomen Provinz Bozen für die Finanzjahre 2017, 2018 und 2019“, alle drei vorgelegt von der Landesregierung auf Vorschlag von LH Arno Kompatscher, wobei zunächst der Gesetzentwurf Nr. 107 behandelt werden sollte und dann gemeinsam die Gesetzentwürfe Nr. 108 und 106, wie Präsident Roberto Bizzo ausführte.
Die Haushaltsrede des Landeshauptmanns sei eher Rückschau als Vorschau gewesen, bemängelte Andreas Pöder (BürgerUnion), ein eher staubiger Haushalt, der Glanz der Anfangszeit sei weg. Die Rede täusche darüber hinweg, dass nicht alles umgesetzt sei, was versprochen wurde, zum Beispiel das Zero Base Budgeting, die grundlegende Überarbeitung des Haushalts, bei der jede Ausgabe überprüft werde. Was die Landesregierung als Steigerung ausgebe, etwa die Mittel für Soziales und Familie, sei prozentuell zum verfügbaren Haushalt ein Rückgang, in diesem Fall von 10,8 auf zehn Prozent, bei der Bildung von 21 auf 19 Prozent, bei der Wirtschaft – jener, die Steuern zahle – von 3,9 auf drei Prozent. Nur die Landwirtschaft steige von 1,6 auf zwei Prozent. Für diese gebe es auch 60 Sonderförderungen und Entlastungen, die andere Wirtschaftsbereiche nicht hätten. Die Politik dieser Landesregierung sei bauernlastig, die Mehrheitspartei eine Bauernbundpartei, dessen sollten sich die SVP-Arbeitnehmer bewusst werden. Hier brauche es eine Umkehr, denn solche Bevorzugung schüre Neid und könnte auch bald die Solidarität mit den Bergbauern kippen.
Pöder kritisierte den Rückgang der Mittel für Mobilität von 7,5 auf sechs Prozent. Die großen Entlastungen bei der Irap habe es in der vergangenen Legislaturperiode gegeben, diese Landesregierung habe nur mehr Kosmetik betrieben, aber sie brüste sich damit. Einen deutlichen Anstieg gebe es bei der Sanität, aber nicht bei Pflegesicherung usw., sondern bei den laufenden Ausgaben, während man gleichzeitig nach der Schließung verschiedener Strukturen (Geburtenabteilungen u.a.) weniger Dienste anbiete. Die Kostensteigerung sei höher als in der vergangenen Legislaturperiode, die Effizienz nicht größer geworden. Die Reform sei schon seit zwei Jahren für den jeweils nächsten Jänner versprochen worden, die überflüssigen Bezirksdirektionen, denen man drei nicht kompatible Informatiksysteme verdanke, blieben erhalten.
Den Garantiepakt mit Rom bezeichnete Pöder als “Teufelspakt”, auf dessen Grundlage Südtirol eine Milliarde zu viel zahle und erst in 50 Jahresraten wieder zurückbekomme. Gleichzeitig seien damit einige Sicherheiten aufgegeben worden, wodurch das Land nicht mehr 90, sondern nur mehr 83 Prozent der Steuern behalten.
Auch bei der öffentlichen Verwaltung sei ordentlich aufgestockt worden. 2013 habe Kompatscher noch ein großes Einsparungspotenzial bei der Verwaltung gesehen. Was die angekündigte Verwaltungsreform betreffe, seien die Auswirkungen noch unklar.
Kompatscher habe den Ausgang des Referendums als Bestätigung seiner Autonomiepolitik bezeichnet, es sei aber üblich, dass die Bevölkerung in Autonomiefragen mehr der SVP vertraue. Er sei immer gegen den Autonomiekonvent gewesen, erklärte Pöder, aber er frage sich, ob es sinnvoll sei, jetzt, wo der Neid anderer Regionen größer geworden sein dürfte, das Erreichte zu riskieren und ein neues Statut vorzulegen. Der Zentralismus sei nicht verschwunden, und Gentiloni sei hier nur eine Kopie Renzis.
Zur Polemik nach dem landesüblichen Empfang für Juncker erklärte Pöder, er habe den Italienern nicht das Heimatrecht in Südtirol abgesprochen. Aber die italienischen Parteien in Südtirol seien immer nationalistisch geblieben, auch der PD verteidige Tolomeis Namen. Wer keinen Respekt vor Südtiroler Traditionen habe – landesüblicher Empfang eingeschlossen -, verdiene selber keinen Respekt. Die faschistischen Traditionen seien nicht herzeigbar.
Pöder kritisierte schließlich die mangelnde Wahlfreiheit für die Familien: Für einen Krippenplatz werde viermal so viel ausgegeben wie für die Betreuung daheim.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) bezeichnete Kompatschers Haushaltsrede als extrem langweilig. Er sei auf alle möglichen Bereiche eingegangen und habe dabei die Taten der Landesregierung unterstrichen, er zeichne Südtirol als Paradies. Er habe sogar als positiv hervorgehoben, dass der Anteil der armutsgefährdeten Familien stabil bei 16,6 Prozent geblieben sei. Das bedeute, dass sich seit 2003 nichts gebessert habe. In der Haushaltsrede fehlten Teile Südtirols, die nicht das Gefühl hätten, im Paradies zu leben. Für seinen Vorgänger Durnwalder habe Kompatscher nur zwei Zeilen übrig gehabt, auch das sei im Stile Renzis. So stehe in der Rede, dass Beiträge nur dazu dienten, wieder gewählt zu werden – dies sei eindeutig auf Durnwalder gemünzt und ein schwerer Vorwurf. In seiner Rede habe Kompatscher nur die SVP erwähnt, der alle Verdienste zukämen, und den Koalitionspartner PD mit keinem Wort.
In der Rede fehle ein Hinweis auf Kosteneinsparung, ein Hauptziel zu Beginn der Legislaturperiode. Die Mehrsprachigkeit werde als Mehrwert gepriesen, sei aber immer noch dem Willen einzelner Schulen überlassen. Ebenso fehle ein Hinweis auf die Kürzung der Entschädigungen für die Mitglieder der Landesregierung.
Urzì lobte hingegen die Stellungnahme gegen die Polemiken nach dem Juncker-Empfang, vor allem gegen Tendenzen, den Italienern das Heimatrecht abzusprechen. Aber er fürchte, das sei mehr ein Feigenblatt, um gegenteiliges Verhalten zu rechtfertigen, etwa den landesüblichen Empfang, der Südtirol nicht widerspiegle. Die Italiener fühlten sich dadurch jedenfalls nicht repräsentiert. Das Problem seien nicht Knoll und Klotz, die ihre Politik verträten, das Problem sei eine Mehrheit, die ihnen nachlaufe. Dass Kompatscher in seiner Rede unter den vielen verdienstvollen Vereinen auch die Schützen aufzähle, sei ein Beispiel dafür. Das Befinden der Italiener leide auch, wenn dieselben Schützen jeden 8. Dezember der Terroristen gedächten, und das in Anwesenheit eines Mitglieds der Landesregierung. Der Landeshauptmann sollte solche Kundgebungen einmal deutlich verurteilen, genauso wie der Faschismus ohne Abstriche zu verurteilen sei und auch verurteilt werde. In der Ortsnamensfrage mahne Kompatscher zu gegenseitigem Verständnis, aber während die Italiener Verständnis für die Verwendung der deutschen Namen, fehle es an Verständnis von der Gegenseite. Es sei kein Kompromiss, wenn eine Seite alle Namen behalten dürfe und die andere nicht.