Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich heute mit dem Beschlussantrag Nr. 672/16: Diözesanarchiv Brixen: Abschluss einer Vereinbarung mit der Landesregierung sollte ins Auge gefasst werden (eingebracht von den Abg. Heiss, Dello Sbarba und Foppa am 2.9.2016) befasst: Der Landtag möge die Landesregierung auffordern: • Seitens des Südtiroler Landesarchivs eine schriftliche Bewertung der Situation am Diözesanarchiv und denkbarer Perspektiven erstellen zu lassen. Gemeinsam mit dem Südtiroler Landesarchiv in Gespräche mit der Bischöflichen Kurie im Hinblick auf denkbare Lösungswege und erweiterte Aufgaben des Diözesanarchivs einzutreten. Dabei auch Möglichkeiten personeller und finanzieller Kooperation im Sinne der Archivbetreuung und Forschungsförderung ins Auge zu fassen.
Derzeit sei das Diözesanarchiv geschlossen, das sei ein unzumutbarer Zustand, erklärte Hans Heiss (Grüne). Es sei einer der bedeutendsten Archivstandorte des Tiroler und Trentiner Raumes.
Andreas Pöder (BürgerUnion) bezeichnete den Antrag als unterstützenswert, vorausgesetzt, das Landesarchiv habe das Personal, um hier auszuhelfen. Auch Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) unterstützte den Antrag, stieß sich aber am Bezug auf den Tiroler und Trentiner Raum, auf das politische Konzept von Tirol.
Für die Forschung wäre eine Zusammenlegung der Archive sinnvoll, meinte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit), er würde auch die Diözesen Trient und Innsbruck mit einbeziehen. Der historische Bezug auf Tirol sei sinnvoll, daher solle er bleiben. Auch Pius Leitner (Freiheitliche) kündigte seine Zustimmung an. Es müsse allerdings eine Vorabklärung mit der Diözese geben.
LR Florian Mussner verwies auf ein Einvernehmen zwischen Staat und Bischofskonferenz, die auch diese Zusammenarbeit abdecken würde. Eine Einbeziehung des Diözesanarchivs sei wünschenswert. Derzeit könne die öffentliche Hand nur über Beiträge etwas beisteuern. Letzthin seien pro Jahr 4,5 Mio. für die Sicherstellung von privaten und kirchlichen Archiven ausgeschüttet worden. Mussner plädierte für die Annahme von Punkt 2, eine personelle Kooperation sei derzeit nicht möglich, aber man werde in diese Richtung arbeiten.
Hans Heiss gab Urzì teilweise recht, die beiden Diözesen reichten historisch gesehen über Tirol hinaus. Er bedankte sich für die breite Zustimmung zum Anliegen. Der Antrag wurde einstimmig genehmigt.
Beschlussantrag Nr. 674/16: Notlage nach Erdbeben in Mittelitalien: Für den Wiederaufbau und die Prävention nötige Mittel sollen nicht der Europäischen Union zukommen (eingebracht vom Abg. Urzì am 8.9.2016): 1. Die Mittel für Notfallhilfe, Wiederaufbau und Vorsorge sollen vom Stabilitätspakt ausgenommen werden, 2. die Ausgaben für den Wiederaufbau sollen vom nächsten Beitrag Italiens zum EU-Haushalt abgezogen werden, 3. die Kriterien für die Zuweisung der EU-Mittel sollen mit Blick auf Katastrophengefahr geändert werden, 4. die von den italienischen Regionen nicht genutzten Mittel aus EU-Fonds sollen für Erdbebensicherung eingesetzt werden, 5. Italien solle die EU auf diese Verrechnung hinweisen, falls es zu keiner Einigung zum Staatshaushalt kommen sollte.
Juncker habe sich bei seinem Bozen-Besuch durchaus offen für eine solche Möglichkeit gezeigt, erklärte Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore). Er könne das Grundanliegen teilen, erklärte Dieter Steger (SVP), es sei zu berücksichtigen, dass Italien erdbebengefährdet sei. Dem ersten Punkt könne seine Fraktion zustimmen, die anderen seien zu sehr auf Details konzentriert.
Bernhard Zimmerhofer (STF) lobte die Südtiroler Katastrophenhilfe, zeigte sich aber skeptisch zum Antrag. Italien erwarte sich wieder die Lösung von außen, wobei Renzi letzthin sehr EU-feindlich aufgetreten sei. Italien hätte andere Möglichkeiten, um Geld einzusparen. Wenn ein Neubau wie eine Schule einstürze, liege das Problem jedenfalls woanders.
Niemand habe Schuld am Erdbeben, meinte Pius Leitner (F), aber es gebe politische Verantwortlichkeiten für die Folgen. Was in L’Aquila nach dem Erdbeben passiert sei, das seien hausgemachte Geschichten. Eine Drohung gegen die EU wie in Punkt 5 könne er nicht unterstützen. Er könnte sich auch einen EU-Sonderfonds für Katastrophenhilfe vorstellen.
Sven Knoll (STF) plädierte dafür, auf die Formulierung genau zu achten. Mit diesem Antrag würde der Stabilitätspakt ausgehebelt, die Stabilität der Eurozone in Frage gestellt. Eine Dauerausnahme für einzelne Staaten könne es nicht geben. Unterstützenswert finde er hingegen Punkt 4 zu den EU-Fonds.
Italien sei stärker als andere gefährdet und es sei auch mehr als andere europäisches Kulturgut, bemerkte Hans Heiss (Grüne). Insofern sei der Vorstoß berechtigt, vor allem Punkt 1, der das meiste abdecke. Natürlich spiele auch Eigenverantwortung eine Rolle, siehe die eingestürzten öffentlichen Neubauten.
LH Arno Kompatscher berichtete über die Hilfe des Südtiroler Zivilschutzes nach dem Erdbeben. Über den genauen Einsatz der gesammelten Mittel werde man noch sprechen. Das Ansuchen um Ausnahme vom Stabilitätspakt sei bereits gestellt worden, dem Anliegen von Punkt 4 werde bereits Rechnung getragen. Von Punkt 1 würde er die Vorsorgemaßnahmen streichen, das sei realistischer. Punkt 1 des Antrags wurde (ohne die Vorbeugemaßnahmen) mit 24 Ja, drei Nein und sechs Enthaltungen angenommen, die anderen wurden mehrheitlich abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 679/16: Österreichische oder deutsche Mobilfunkanbieter auch für Süd-Tiroler Kunden (eingebracht von den Abg. Zimmerhofer, Knoll und Atz-Tammerle am 16.9.2016). Die Landesregierung wird aufgefordert, 1. Den Südtiroler Vertreter im EU-Parlament damit zu beauftragen, das anstehende Gesetz zur Neuausrichtung der Telekomregeln in der Staatengemeinschaft dahingehend zu beeinflussen, dass eine Liberalisierung in diesem Sektor auch nach dem Grundsatz der Kundenfreundlichkeit und im Sinne der Südtiroler Konsumenten ermöglicht wird. 2. Alle rechtlichen, technischen und finanziellen Voraussetzungen zu schaffen, damit ein oder mehrere Telefonanbieter aus dem deutschsprachigen Raum ihre Dienste auch in Südtirol anbieten können. 3. Die Schlichtungsangebote des Landesbeirates für das Kommunikationswesen nicht nur im Büro in Bozen, sondern auch in den Bezirken zu ermöglichen.
Laut Bericht des Kommunikationsbeirats häuften sich die Beschwerden gegenüber den italienischen Telefonieanbietern, vor allem über die versteckten Kosten, bemerkte Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit). Jeder Mobilfunkanbieter der Welt könne mit einem Sitz in Italien seine Dienste auch in Südtirol anbieten, bemerkte Andreas Pöder (BürgerUnion). Von den Angeboten der deutschen und österreichischen Anbieter könne man hier nur träumen, andererseits sei das Netz vor allem im ländlichen Raum hier dichter als in Deutschland.
Es gehe nicht um den Aufbau eines neuen Netzes in Südtirol durch deutsche oder österreichische Unternehmen, präzisierte Sven Knoll (STF). 2017 würden die Roaminggebühren abgeschafft. Die SIM-Karten würden weiter an den Wohnsitzstaat gebunden, allerdings wolle die EU Ausnahmen machen, und hier könnte es für Südtirol interessant werden. Man könnte dann z.B. mit einer österreichischen SIM in Italien und ins Ausland telefonieren, Nachteile gäbe es nur, wenn man vom Festnetz angerufen würde. Damit könnte man auch das Problem der Missachtung der Zweisprachigkeitspflicht beheben.
Der Wegfall der Roaminggebühren könnte zu einer Neuaufteilung der Marktgebiete führen, bestätigte LH Arno Kompatscher. Derzeit seien Initiativen zur Einschränkung im Gang, daher unterstütze er Punkt 1, um dem entgegenzuwirken. Für den Punkt 2 gebe es bereits die rechtlichen Voraussetzungen. Punkt 3 betreffe den Kommunikationsbeirat, der beim Landtag angesiedelt sei. Punkt 1 des Antrags wurde einstimmig angenommen, die anderen Punkte wurden mehrheitlich abgelehnt.