Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich heute mit dem Beschlussantrag Nr. 702/16: Hauswirtschaft an Südtirols Schulen (eingebracht von den Abg. Wurzer, Amhof, Hochgruber Kuenzer und Noggler am 10.11.2016) befasst. Der Südtiroler Landtag möge die Südtiroler Landesregierung verpflichten, – das deutsche Bildungsressort damit zu beauftragen, in Zusammenarbeit mit den Südtiroler Fachschulen für Hauswirtschaft und Ernährung, ein Pilotprojekt zur Vermittlung der hauswirtschaftlichen Kenntnisse im Rahmen der Schul- und Berufsbildung in die Wege zu leiten, – dieses Pilotprojekt bereits im Schuljahr 2017/2018 umzusetzen.
“Früher wusste jedes Kind, wie man einen Knopf annäht, einen Fleck aus dem Hemd wäscht oder eine Suppe kocht”, bemerkte Albert Wurzer (SVP). “Diese Kenntnisse sind unseren Kindern mittlerweile abhandengekommen. Grundlegende Alltagskompetenzen werden nicht mehr, wie früher selbstverständlich, von Generation zu Generation weitergegeben. Fehl- und Mangelernährung, Lebensmittelverschwendung oder überschuldete Haushalte sind symptomatisch für die heutige Gesellschaft und können als Folge mangelnder Kenntnisse im Bereich Hauswirtschaft und Lebensökonomie gesehen werden. Sehr oft sind junge Frauen und Männer überfordert, wenn es darum geht, ihren eigenen Haushalt zu organisieren. Früher oder später wird sich aber jede/r dieser Herausforderung stellen müssen. “
Maria Hochgruber Kuenzer (SVP) begrüßte, dass das Thema nicht nur von Frauen aufgegriffen wird. Hauswirtschaft habe auch mit Wirtschaft tun, und daher sollten auch die Schulen für Hauswirtschaft nicht dauernd in Frage gestellt werden. Hauswirtschaft sollte einen höheren Stellenwert bekommen.
Auch Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) befürwortete den Antrag. Die Gehirnforschung bestätige die positive Auswirkung hauswirtschaftlicher Tätigkeit auf die Lernfähigkeit. Außerdem bekämen Schüler damit Einblick in das tägliche Leben. Sigmar Stocker (Freiheitliche) kündigte ebenfalls Zustimmung an.
Im Interesse und im Auftrag der Hauswirtschaftsschule Neumarkt plädierte Oswald Schiefer dafür, den Antrag auch so schnell wie möglich umzusetzen, um den Absolventen der Schule auch ein Tätigkeitsfeld zu bieten. In Bayern sei Hauswirtschaft an vielen Schulen Pflicht.
LR Philipp Achammer teilte die Zustimmung der Landesregierung mit. Er bestätigte, dass die Fachschulen für Hauswirtschaft immer wieder in Frage gestellt würden. Erfahrungen im deutschsprachigen Ausland zeigten, dass die Absolventinnen der Hauswirtschaftsschulen gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätten, in der Pflege, im Tourismus und in anderen Branchen. Achammer sprach sich gegen die Einführung eines neuen Schulfachs heraus. Die Angebote der Hauswirtschaftsschulen würden von den Jugendlichen gerne angenommen, in Anwendung des Beschlussantrags würde man ein Pilotprojekt für die 4. und 5. Klasse Oberschule starten. Albert Wurzer dankte für die Zustimmung und regte einen Lokalaugenschein in einer Hauswirtschaftsschule an. Der Antrag wurde einstimmig angenommen (33 Ja).
Beschlussantrag Nr. 703/16: Landesverzeichnis für Urlaub auf dem Bauernhof, Direktvermarktung und landwirtschaftliche Nebentätigkeiten (eingebracht von den Abg. Wurzer, Hochgruber Kuenzer und Noggler am 10.11.2016) Der Südtiroler Landtag möge die Südtiroler Landesregierung verpflichten, – innerhalb von zwölf Monaten ab Genehmigung dieses Beschlussantrages die genehmigungs- bzw. registrierungspflichtigen Nebenerwerbstätigkeiten von landwirtschaftlichen Betrieben, die direkt am Hof ausgeübt werden, insbesondere die Direktvermarktung und den „Urlaub auf dem Bauernhof“ mit den jeweils grundlegenden Informationen auf Gemeindeebene zu erfassen, damit dieser agrar- und gesellschaftspolitisch wichtige Wirtschaftszweig in Zukunft zielgerichteter gesteuert, weiterentwickelt und gefördert werden kann; – diese Daten vorzugsweise durch Datenaustausch mit anderen öffentlichen Körperschaften und Hilfskörperschaften zusammenzuführen, ohne dabei neue Meldepflichten für die betroffenen Bäuerinnen und Bauern einzuführen; – diese Daten neben der öffentlichen Verwaltung, auch den Interessenverbänden zugänglich zu machen.
“Der bäuerliche Zu- und Nebenerwerb am Hof spielte in Südtirol aufgrund der klein strukturierten Landwirtschaft immer schon eine große Rolle”, betonte Albert Wurzer (SVP). Aus den Landwirtschaftszählungen wissen wir, dass viele bäuerliche Betriebe eine Nebentätigkeit als Zuerwerb am Hof ausüben. Allerdings haben derzeit weder die Landesverwaltung noch die Berufsverbände einen genauen Überblick über die Anzahl der Betriebe, über deren räumliche Verteilung und vor allem über die Art dieser Nebentätigkeiten, da sie zentral nicht erfasst werden und somit keine Informationsgrundlage vorliegt. Neben den verschiedenen Tätigkeiten im Rahmen des „Urlaub auf dem Bauernhof“ sind dies die Direktvermarktung und die handwerklichen und freiberuflichen Nebentätigkeiten.”
Maria Hochgruber Kuenzer (SVP) verwies auf die Steiermark, wo man in der Direktvermarktung Spitzenreiter sei. Qualitätskontrolle und Nachverfolgbarkeit seien bei uns derzeit schwierig. Ein Register wäre hier hilfreich, auch um die Entwicklung im Auge zu behalten.
Grundsätzlich sei der Antrag zu befürworten, erklärte Myriam Atz Tammerle (STF). Ein besonderer Bereich sei aber der Urlaub auf dem Bauernhof in der Ebene, man müsse darauf achten, dass es nicht zu einer Ungleichbehandlung gegenüber den anderen Anbietern komme. Daher sollte man die Förderung auf die Berglandwirtschaft einschränken.
LR Arnold Schuler begrüßte den Antrag. 2008 sei die Zuständigkeit an die Gemeinden übergegangen, was eine Datensammlung schwieriger gemacht habe. Der Urlaub auf dem Bauernhof habe sich in den letzten Jahren gut entwickelt, zum Vorteil auch der städtischen Bevölkerung, die sich ein Bild vom Leben auf dem Bauernhof machen könne. Zur Umsetzung des Antrags werde man eine spezielle Software brauchen, auf keinen Fall wolle man mehr Bürokratie einführen. Zum Vorschlag Atz Tammerles meinte er, Berg- und Tallandwirtschaft seien in diesem Bereich schwer zu unterscheiden, denn es gebe Betriebe, die in beiden Bereichen tätig seien.
Albert Wurzer präzisierte, dass der Antrag nicht die Tätigkeit der Betriebe berühre und nur jene betreffe, die Nebentätigkeiten ausübten. Zum Thema gebe es bereits Arbeitsgruppen mit Gemeinden und Land, aber erst jetzt gebe es die technische Möglichkeit zur Umsetzung. Der Antrag wurde mit 25 Ja und vier Enthaltungen angenommen.
Beschlussantrag Nr. 704/16: Passungsprobleme an Südtirols Ausbildungsmarkt beobachten (eingebracht von den Abg. Amhof, Noggler und Wurzer am 10.11.2016). Der Südtiroler Landtag möge die Landesregierung verpflichten, – die Entwicklung am Südtiroler Ausbildungsmarkt genau zu beobachten und dafür regelmäßig Studien zur Passung in Auftrag zu geben, welche beispielsweise vom Amt für Arbeit und/oder vom Amt für Berufsbildung durchgeführt werden könnten. – dem Südtiroler Landtag über die Entwicklung am Ausbildungsmarkt zu berichten, damit möglichst rasch auf Änderungen reagiert und dazu nötige Maßnahmen eingeleitet werden können.
Wenn auf dem Arbeitsmarkt Angebot und Nachfrage fachlich nicht zusammenpassen, spreche man von einem Passungsproblem, erklärte Magdalena Amhof (SVP). “Auch in Südtirol nehmen die Passungsprobleme zu und bereiten unseren Betrieben und Jugendlichen große Sorgen. Das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage stimmt nicht mehr. Passungsprobleme werden zur zentralen Herausforderung der nächsten Zukunft. Die Ausbildungsangebote unserer Betriebe und die Ausbildungswünsche unserer Jugendlichen sollen zusammengeführt werden. Wichtig ist die Steigerung der Attraktivität der dualen Ausbildung. Um sie für junge Menschen interessanter zu machen, reichen Imagekampagnen nicht aus. Hier müssen Ausbildungsbedingungen optimiert und attraktiv gestaltet werden. Die Entwicklung am Ausbildungsmarkt legt ein rasantes Tempo vor und muss ständig im Auge behalten werden. Neben den aktuellen Zahlen müssen regelmäßig Entwicklungsberichte und Situationsanalysen studiert werden. Sie zeigen Ursachen und Tendenzen des Phänomens auf und helfen richtige Entscheidungen zu treffen und zugeschnittene Lösungsansätze für Betriebe und Jugendliche zu bieten.”
Eine Handwerksausbildung sei heute oft auch finanziell sehr attraktiv, meinte Sven Knoll (STF). Leider sinke das Interesse an der Berufsbildung, da es am attraktiven Abschluss fehle, aber auch weil bestimmte Berufe aussterben.
Andreas Pöder (BürgerUnion) bescheinigte der Landesregierung, dass sie in dem Bereich bereits aktiv sei. Zur Förderung der Attraktivität brauche es neue Wege, daher sei jede Initiative in diese Richtung positiv. LR Philipp Achammer wies auf Probleme bei einzelnen Ausbildungen hin. Maschinenbautechniker seien sehr gefragt, im Tourismusbereich würden sich hingegen viele Absolventen für einen anderen Beruf entscheiden. Die Lehrlingszahlen seien seit 2015 wieder im Steigen, Sorgen bereite der Handel, wo sie dramatisch gesunken seien. Es gebe bereits Initiativen in Richtung des Antrags, etwa vom Wirtschaftsforschungsinstitut über die Arbeitssituation der Jugendlichen, diese seien nun zusammenzuführen.
Viele Maschinenbautechniker würden vor Abschluss direkt von den Betrieben abgeworben und verbauten sich so andere Möglichkeiten, bestätigte Magdalena Amhof. Auch diesem Phänomen wolle man mit dem Antrag entgegenwirken. Der Antrag wurde einstimmig angenommen (25 Ja). Der Landtag tritt am 7. Dezember wieder zusammen.