Aktuelle Fragestunde

Landtag erinnert an die Erdbebenopfer in Mittelitalien

Dienstag, 13. September 2016 | 17:52 Uhr

Von: mk

Bozen – Zum Auftakt der heutigen Sitzung erinnerte Präsident Roberto Bizzo an die 295 Opfer des Erdbebens in Mittelitalien und bat die Abgeordneten um eine Gedenkminute. Er hob dabei auch die tatkräftige Hilfe des Südtiroler Zivilschutzes bei der Bergung Vermisster und bei der Versorgung mit Unterkünften und medizinischer Hilfe hervor.

Sven Knoll kritisierte die mangelnde Einhaltung der Zweisprachigkeitsbestimmungen bei den staatlichen Ämtern. Bei Nachfragen und Beschwerden bekomme man vom Regierungskommissariat nur eine ausweichende Antwort. Er listete eine Reihe von Verletzungen der Sprachbestimmungen auf und ersuchte die Landesregierung um Stellungnahme. Die Zuständigkeit für die Überwachung der Bestimmungen liege derzeit beim Regierungskommissariat, antwortete Landeshauptmann Arno Kompatscher, der die Situation als unbefriedigend bezeichnete. Es gebe politische Bemühungen, diese Zuständigkeit an das Land zu übertragen, dies sei sinnvoller als die tägliche Beanstandung von Verfehlungen. Derzeit leite das Land solche Beschwerden an die zuständige Behörde weiter und hake immer wieder auch nach – aber nicht mit dem gewünschtn Erfolg.

Helmuth Renzler verwies auf den Beschluss der Landesregierung, Personen über 65 und mit einem bereinigten Einkommen von maximal 36.152 Euro von der Kostenbeteiligung im Gesundheitswesen zu befreien, und fragte, ob und ggf. warum der Schwellenwert seit 2002 nie erhöht wurde. Die Kostenbefreiung gelte auch für Kinder, antwortete Landesrätin Martha Stocker, und zwar bis zu 14 Jahren – in Italien nur bis zu 6 Jahren. Die genannte Einkommensgrenze aber könne nur das italienische Parlament erhöhen.

Brigitte Foppa stellte einige Detailfragen zur Umsetzung des Klimaplans: den aktuellen Pro-Kopf-Verbrauch und die darin eingerechneten Faktoren, die internationale Vergleichbarkeit der Daten, die Begründung für die nicht einberechnete Mobilität, die Evaluation der ersten Etappe des Klimaplans, die Konformität mit ISO 14067. Südtirol habe sich ambitionierte Ziele gesetzt, antwortete Landesrat Richard Theiner, eine erste Evaluierung durch die Umweltagentur werde innerhalb des Jahres veröffentlicht. Die Berechnung folge internationalen Regeln, so auch die ausschließliche Berücksichtigung der internen Mobilität, von Einheimischen wie von Gästen. Laut Daten emittiere jeder Südtiroler pro Jahr 4,9 t CO2.

Andreas Pöder fragte nach Möglichkeiten, das Problem der fehlenden direkten Rentenvorsorge für Sozialdienstleistende zu beheben.
Bis 2010 sei die Einzahlung beim INPS getätigt worden, antwortete LH Arno Kompatscher, dann habe das INPS diese nicht mehr akzeptiert, weil es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis handle; dies betreffe auch den Zivildienst auf Staatsebene. Man habe bei INPS-Präsident Tito Boeri und auf politischer Ebene darauf aufmerksam gemacht. In Kürze gebe es ein weiteres Treffen mit Boeri.

Alessandro Urzì kritisierte die einsprachige Wanderwegbeschilderung am Ritten und fragte die Landesregierung, ob sie für die Anbringung der italienischen Namen sorgen werde und ob sie in der einsprachigen Bezeichnung für Bozen nicht eine Provokation sehe. Landeshauptmann Arno Kompatscher verwies auf die bisherigen Lösungswege, unter anderem auf das Abkommen Fitto-Durnwalder mit dem Kriterium des effektiven Gebrauchs der Namen. Der AVS habe zugesagt, sich an dieses Prinzip halten zu wollen und die Schilder nach und nach auszutauschen. Die angesprochene Lösung sei aber noch nicht Gesetz, es gebe ein Verfahren vor dem Verfassungsgericht.

Paul Köllensperger berichtete von Schwierigkeiten der Insiel Mercato – die an der Saim beteiligt ist, welche für den Südtiroler Sanitätsbetrieb die digitale Patientenakte erstellt. Für ein Drittel der Mitarbeiter sei die Lohnausgleichskasse beantragt worden, und der Mutterkonzern überlege einen Verkauf der Insiel. Köllensperger wies darauf hin, dass der Sanitätsbetrieb der Saim erneut einen Auftrag erteilt habe, und fragte die Landesregierung, ob sie eine Risikobewertung vorgenommen habe. Landesrätin Martha Stocker berichtete, dass das Informatiksystem des Sanitätsbetriebs in den letzten acht Monaten überprüft und der Masterplan für 2016-18 genehmigt wurde. Man habe dabei auch Informationen über Insiel eingeholt, um Finanzierungsrisiken zu vermeiden.

Die Privatschulen finanzierten sich zum Großteil selbst, nun aber müsse die öffentliche Hand helfen, erklärte Maria Hochgruber Kuenzer und fragte, ob und wann das Land die Kosten für das Lehrpersonal übernehmen werde. Das Land könne die anerkannten Privatschulen unterstützen, erklärte Landesrat Philipp Achammer. Aber die Landesregierung habe nicht die Absicht, die ganzen Personalkosten zu übernehmen, es sollten ja Privatschulen bleiben. Der Topf für die Finanzierung werde allerdings erhöht. Derzeit würden bis zu 80-90 Prozent der Kosten finanziert.

Sven Knoll verwies auf ein Rundschreiben des Gemeindenverbandes, wonach die Gemeinden nur noch in bestimmten Fällen auf Landtagsanfragen antworten sollten. Dies sei eine Einschränkung des Kontrollrechts des Landtags, meinte Knoll und forderte eine Stellungnahme der Landesregierung. Landesrat Arnold Schuler wies auf eine Entwicklung hin, die für die Gemeinden nicht mehr zu bewältigen sei: zu viele Anfragen. Mit der Verfassungsreform seien die Gemeinden nicht mehr dem Land untergeordnet, sondern auf gleicher Augenhöhe. Das Anfragerecht stehe daher in erster Linie den Gemeinderäten zu. Die Gemeinden seien jedenfalls nicht mehr bereit, auf diese Flut von Anfragen zu antworten.

Brigitte Foppa erinnerte Landesrat Theiner an seine Ankündigung, 2016 eine erste Evaluation zur Umsetzung des Klimaplans vorzulegen, und forderte diese nun ein. Die Daten würden derzeit noch erhoben, eine Veröffentlichung werde innerhalb dieses Jahres erfolgen, antwortete LR Richard Theiner.

Andreas Pöder kritisierte die die Sonderausgabe von „Das Land Südtirol“ zum Thema „70 Jahre Pariser Vertrag“. Er fragte, warum Ereignisse wie Sigmundskron, Feuernacht und Paketabstimmung ausgeblendet und Hauptakteure wie Magnago, Benedikter, Riz und Peter Brugger nur am Rande oder gar nicht erwähnt werden. Die Sonderausgabe wollte keine historische Darstellung bieten, dazu gebe es Literatur genug, meinte Landeshauptmann Arno Kompatscher. Man wollte stattdessen darstellen, wie sich die Lebensqualität aufgrund der inzwischen gebotenen Dienste des Landes geändert habe. Historische Darstellungen habe man am Tag der Autonomie auf Sigmundskron geboten. Für die ca. 100.000 Exemplare habe man 19.360 Euro für die Herstellung und 28.800 Euro für den Versand ausgegeben.

Elena Artioli bemängelte die unzureichende öffentliche Verbindung nach Trient und Innsbruck, wer dorthin zu Abendveranstaltungen wolle, müsse auch dort übernachten. Sie fragte, wie die Landesregierung die öffentlichen Verkehrsverbindungen innerhalb der Euregio ausbauen wolle. Es gebe Verbindungen mit Start um rund 21.00 Uhr in Innsbruck und Trient, erklärte LR Florian Mussner. Diese seien in Zusammenarbeit mit den beiden Ländern eingerichtet worden, ebenso die Morgenverbindungen, die stark in Anspruch genommen würden. Für die Abendverbindungen gebe es aber wenige Fahrgäste, zwischen 20 und 30, weniger als zehn Prozent der verfügbaren Plätze.

Fragen und Antworten zu Lehrern und Kindergärtnerinnen, Geburtenstationen und zur Mietbusregelung

Paul Köllensperger stellte eine Ungleichbehandlung der Lehrer an deutschen und ladinischen bzw. an italienischen Schulen fest. Bei ersteren genüge ein Praktikum für die Zulassung, für letztere brauche es einen Wettbewerb. Köllensperger fragte nach den Gründen und ob man das vereinfachte Verfahren nicht auch für die italienische Schule anwenden könne. Es handle sich um eine sehr komplexe Materie, räumte Landesrat Christian Tommasini ein. Hier hätten sich im Laufe der Jahre verschiedene Regelungen überlagert, was durch eine Übergangsphase nicht einfacher geworden sei. Die Regel für den öffentlichen Dienst laute: Studium, Praktikum, Wettbewerb. Die deutsche Schule habe aber kein italienweites Einzugsgebiet, während die italienische Schule für Bewerber aus allen Regionen offen bleiben müsse.

Roland Tinkhauser fragte, ob die Erste Hilfe am Krankenhaus Innichen unter Ärztemangel leide und deswegen abgebaut werde. Die Erste Hilfe in Innichen sei nicht in Gefahr, aber der Ärztemangel mache sich bemerkbar, antwortete Landesrätin Martha Stocker. Der Dienst werde weiterhin mit Vertragsärzten abgedeckt werden müssen, was auch an den anderen Krankenhäusern der Fall sei. Es seien kürzlich 100 Ärztestellen ausgeschrieben worden, darunter auch 30 Notarztstellen. Ebenso werde die Vertragsdauer auf drei Jahre erhöht, an deren Ende aber der Zweisprachigkeitsnachweis vorliegen müsse.

Myriam Atz Tammerle berichtete von einer Missachtung des Rechts auf Gebrauch der Muttersprache im Krankenhaus Bozen. Dort habe ein Arzt, mit dem sich der Patient auf Deutsch unterhalten habe, die Befunde auf Italienisch ausgehändigt – für die deutsche Ausgabe sei keine Zeit. Atz Tammerle fragte die Landesregierung, ob sie einschreiten werde. Sie habe in solchen Fällen öfters interveniert, damit der Arzt die Befunde in der angenommenen Muttersprache ausstellt, antwortete Landesrätin Martha Stocker. Sie müsse aber auch einräumen, dass man aus Gründen der Personalknappheit dieses Prinzip nicht immer gewährleisten könne. Man werde auf eine Stelle hinarbeiten, die eine korrekte Übersetzung garantieren könne.

Josef Noggler bezeichnete die Reform der Mietbustätigkeit als problematisch für Kleinunternehmen. Die Altersgrenze für die Busse betrage bei Kleinunternehmen 10, bei großen Unternehmen aber 15 Jahre. Für Kleinstunternehmen könne sich diese Investition nicht lohnen, ein Bus koste 350.000 Euro. Noggler fragte, ob man bei Verabschiedung der Reform auch diese Folgen abgeschätzt habe und ob man nachbessern wolle. Die Reform von 2014 sei zusammen mit den Vertretern der Mietbusunternehmen ausgearbeitet worden, antwortete Landesrat Florian Mussner. Die Zehn-Jahres-Frist trete nach einer Übergangszeit nun in Kraft, allerdings könnten Unternehmen mit nur einem Bus  diesen 15 Jahre einsetzen. Derzeit gebe es 106 Busunternehmen in Südtirol, 35 Busse würden das Alter von 15 Jahren überschreiten und könnten nicht mehr eingesetzt werden. Ziehe man diese ab, blieben nur noch drei Unternehmen, die von der genannten Frist betroffen seien.

Brigitte Foppa verwies auf Messungen für eine Machbarkeitsstudie zur Verdoppelung und Begradigung der Bahnstrecke Sigmundskron-Terlan und fragte nach dem Zeitplan für die Arbeiten sowie für die Übernahme der Strecke durch das Land. Ein konkreter Zeitplan sei noch nicht möglich, antwortete Landesrat Florian Mussner. Es gebe eine Machbarkeitsstudie für km 4 bis km 12,8, man wisse aber noch nicht, wann man das Vorhaben angehen könne. Es habe mehrere Vorsprachen bei RFI und Transportministerium gegeben, aber man habe noch kein genaues Datum bekommen.

Das Land vergebe Aufträge unter dem EU-Schwellenwert an Personen und Betriebe, bemerkte Elena Artioli. Hierzu gebe es aber auch eine Kontroll- und Transparenzpflicht und die Pflicht zur Rotation. Sie fragte, wo diese Daten publiziert wurden und forderte eine genaue Auflistung der Verträge. Die Kriterien seien gesetzlich festgelegt, antwortete Landeshauptmann Arno Kompatscher, die Verträge seien alle auf den Internetseiten des Landes unter “Transparente Verwaltung” aufgelistet.

Das Land habe nach Verhandlung mit den Kindergärtnerinnen die Arbeitszeit verkürzt, aber auch die Möglichkeit für Freistellungen für die Pflege von Angehörigen, alle zwei Monate ein Freistellungstag, bemerkte Andreas Pöder. Pöder fragte, ob diese Kürzung wirklich notwendig war. Man werde diese Regelung noch einmal genauer überprüfen, antwortete Landesrätin Waltraud Deeg, auch unter dem Gesichtspunkt, dass das Kindergartenpersonal andere Bedingungen habe als das Lehrpersonal an den Schulen.

Paul Köllensperger bezweifelte die Sinnhaftigkeit der Tunnelvariante für die SS12 in Bozen, es gebe keine Daten zum derzeitigen Durchzugsverkehr. Er fragte die Landesregierung, ob sie eine vorübergehende mautlose Befahrung der Autobahn auf dieser Strecke sowie die Aufstellung weiterer Messgeräte in der Stadt in Erwägung ziehen könnte, um weitere Daten zu erhalten. Die Verkehrserhebung sei 2015 veranlasst worden, erklärte Landesrat Florian Mussner. Diese hätte ergeben, dass die Stadt den Verkehr stark anzieht, während der Durchzugsverkehr weniger ausgeprägt sei. Am 20. gebe es ein weiteres Treffen zum Thema mit der Stadt Bozen.

Die Wartetickets im Bozner Krankenhaus seien in fehlerhaftem Deutsch abgefasst, berichtete Myriam Atz Tammerle und fragte, wer die Übersetzung vorgenommen habe, wer die Texte überprüfe und wie die Landesregierung solche Fälle in Zukunft vermeiden wolle. Sie ärgere sich selbst über solche Übersetzungen, erklärte Landesrätin Martha Stocker, und sie habe Generaldirektion und Bezirksdirektionen angehalten, besser auf solche Dinge zu achten. Besser wäre eine Stelle, die für korrekte Übersetzungen sorgen könne bzw. dafür verantwortlich sei. Im genannten Fall gehe es übrigens um einen Fehler in der Software, der nun behoben sein müsste.

Roland Tinkhauser fragte, ob nach der Schließung der Geburtenstation Innichen die Geburtenzahl im Krankenhaus Bruneck angestiegen sei, insbesondere bei Frauen aus dem Oberpustertal. Er fragte auch, wo das Innichner Personal inzwischen beschäftigt sei. Die Geburtenrate sei von 331 im Vorjahr auf 408 gestiegen, erklärte Landesrätin Martha Stocker. In Innichen habe es keine Kündigungen gegeben, die Mütterberatungsstelle werde stark genutzt.

Bezirk: Bozen