Von: luk
Bozen – Die Landesregierung hat nach der knappen Ablehnung eines Artikels eine Vertagung in Sachen Haushaltsänderung beantragt. Das Gesetz zu Verbindlichkeiten außer Etat wurde verabschiedet und der SVP-Antrag zum Einsatz alten Saatgutes genehmigt.
Landesgesetzentwurf Nr. 102/16: „Änderungen zum Haushaltsvoranschlag der Autonomen Provinz Bozen für die Finanzjahre 2016, 2017 und 2018 und andere Bestimmungen“ (vorgelegt von der Landesregierung auf Vorschlag von LH Kompatscher). Es handle sich um die sechste und letzte Haushaltsänderung in diesem Jahr, die nötig sei, damit die Mittel nicht in die Erhausung fließen, erklärte LH-Stv. Richard Theiner. Der Gesetzentwurf sehe auch eine Erhöhung der Landesbeteiligung an der Messe Bozen vor sowie kleinere Änderungen an verschiedenen Landesgesetzen und die Einführung der zivilrechtlichen Buchhaltung. Bei den rund 87 Mio. Euro gehe es um Beträge, die nicht gebunden werden konnten und nun in den Reservefonds überstellt werden, auch wenn ihr Zweck für das nächste Jahr schon feststehe – das würden die neuen Normen zur Haushaltserstellung so vorsehen. In seinem Ressort betreffe das zum Beispiel ein Fernheizwerk. 13,7 Mio. beträfen Investitionen im Gesundheitsressort, fügte LR Martha Stocker hinzu.
Die Süd-Tiroler Freiheit hat zum Gesetzentwurf eine Tagesordnung vorgelegt, mit der sie den Landtag auffordert, sich gegen die Wiederaufstellung des Markuslöwen und der römischen Wölfin vor dem Siegesdenkmal auszusprechen und diese Stellungnahme dem Bürgermeister, der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat von Bozen mitzuteilen. Die beiden Figuren seien im Mai von den Fahnenstangen genommen worden, weil sie abzustürzen drohten, berichtete Sven Knoll. Bürgermeister Caramaschi habe aber vor, Kopien davon wieder aufzustellen. Die beiden Figuren seien Symbole der faschistischen Herrschaft über Südtirol.
Landtagspräsident Roberto Bizzo erklärte die Tagesordnung für nicht zulässig, da nicht in Zusammenhang mit dem Haushalt.
Mit elf Ja, zehn Nein und drei Enthaltungen wurde der Übergang zur Artikeldebatte beschlossen.
Ein Ersetzungsantrag von LR Theiner zu Art. 2 mit Änderungen an den Ausgaben wurde mit 14 Ja und 15 Nein abgelehnt. Auf Antrag von Oswald Schiefer wurde die Sitzung für eine Beratung innerhalb der SVP-Fraktion unterbrochen. Nach der Bitte um eine weitere Unterbrechung erklärte Präsident Bizzo auf Nachfrage von Andreas Pöder, dass man nun eine technische Lösung für einen Haushaltsausgleich suche.
Anschließend legte Theiner einen Abänderungsantrag zu einem vorliegenden Änderungsantrag zu Art. 3 vor, der zur geplanten Haushaltsumstellung eine Differenz von 260 Euro aufweist. Damit könne man aus diesem Dilemma herauskommen.
Pius Leitner protestierte gegen diese Vorgehensweise, die eine gewagte Auslegung der Geschäftsordnung sei. Laut Andreas Pöder kann ein gefasster Beschluss nicht durch einen nachträglichen Änderungsantrag geändert werden. Sven Knoll meinte, dass die Regel, wonach nicht zweimal über dasselbe abgestimmt werden dürfe, gebrochen werde. Hans Heiss bemerkte, dass man der Mehrheit bei diesem kurzfristig eingereichten Entwurf bereits entgegengekommen sei; die Mehrheit sollte wenigstens präsent sein und nicht der Opposition die Verantwortung für dieses Gesetz übertragen.
LH-Stv. Richard Theiner beantragte, die Behandlung des Gesetzentwurfs bis zur nächsten Sitzung auszusetzen. LR Martha Stocker stellte fest, dass Mitglieder der Landesregierung oft kurzfristig zu wichtigen Sitzungen einberufen werden. Der Landeshauptmann müsse heute z.B. an drei offiziellen Sitzungen in Rom teilnehmen. Das verstehe er, aber der Landeshauptmann hätte nicht unbedingt auch die Finanzagenden übernehmen müssen, wenn er so viele Termine habe, antwortete Andreas Pöder.
Die Behandlung des Gesetzentwurfs wurde vertagt.
Von der Landesregierung wurde ebenfalls der Gesetzentwurf Nr. 103/16 – Außeretatmäßige Verbindlichkeit – vorgelegt, die Anerkennung der Rechtmäßigkeit des Ankaufs von Liegenschaften und Diensten betrifft.
Art. 1 wurde mit 15 Ja, 13 Nein und zwei Enthaltungen genehmigt, Art. 2 und drei mit 16 Ja und 15 Nein.
Der Gesetzentwurf wurde schließlich mit 16 Ja und 15 Nein genehmigt.
Beschlussantrag Nr. 685/16: Landsorten und altes Saatgut verstärkt für den Anbau einsetzen (eingebracht von den Abg. Hochgruber Kuenzer, Noggler und Wurzer am 30.9.2016): Der Landtag möge sich dafür aussprechen, 1. auf den landeseigenen Versuchsflächen des Land- und Forstwirtschaftlichen Versuchszentrum Laimburg und zukünftigen Flächen der Domänenverwaltung die Aussaat und Vermehrung von alten Landsorten (Gemüse- und Getreidesorten) voranzutreiben und dadurch maßgeblich zur Entwicklung und Förderung dieses Nischensektors beizutragen; 2. das Land- und Forstwirtschaftliche Versuchszentrum Laimburg damit zu beauftragen, stärker als bisher das in diesem Forschungsbereich erworbene Fachwissen einzusetzen, um interessierte Bäuerinnen und Bauern, beziehungsweise Direktvermarkter bei Verwendung und Anbau von Landsorten, welche in der Genbank des Landes vorhanden sind, zu unterstützen.
Die Laimburg lege seit Jahren eine Genbank zur Erhaltung von alten Pflanzensorten an, bemerkte Maria Hochgruber Kuenzer (SVP), jetzt müsse der nächste Schritt gemacht werden: “Die vermehrte Verwendung von Landsorten in der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung der Flächen trägt wesentlich zum Erhalt der Biodiversität bei. Zudem könnten der Anbau und die Vermarktung von besonderen Landsorten im Bereich Getreide und Gemüse als „Rarität“ ein Nischenprodukt werden, das die Lebensfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit aller Arten von Landwirtschaft fördert.” Derzeit sei man abhängig von zehn Saatgutkonzernen, während 80 Prozent der Lebensmittelverteilung in Europa in der Hand von fünf Firmen liege.
Brigitte Foppa (Grüne) unterstützte den Antrag. Altes Saatgut habe auch kulturelle Bedeutung, während das neue in der Hand von Großkonzernen sei, welche die dazu passenden Pflanzenschutzmittel verkauften. Südtirol habe viele Initiativen zur Aufwertung alter Lebensmittel, aber die öffentliche Hand könnte da stärker tätig sein.
Auch Bernhard Zimmerhofer (STF) unterstützte den Antrag. Er fragte nach der Zusammenarbeit mit der Genbank Innsbruck.
Ein Ja auch von Sigmar Stocker (F), der darin auch eine Unterstützung der Gastronomie sah. Südtirol sollte mehr auf Nischenproduktion setzen und sich nicht alles von Brüssel vorschreiben lassen.
Abgesehen vom kulturellen Aspekt erwiesen sich die alten Sorten oft auch als resistenter, meinte Sven Knoll (STF). Sie könnten auch zu einer neuer Wertschätzung gegenüber Lebensmitteln bedeuten. Für gewisse Getreidesorten sei die Laimburg vielleicht nicht der geeignete Standort.
Südtirol habe im Anbau verschiedener Sorten eine lange Tradition, erklärte LR Arnold Schuler, auch wegen des günstigen Klimas. Viele Sorten würden nicht mehr angebaut, weil sie nicht so ertragreich oder auch mit Problemen behaftet waren. Heute gebe es wieder eine neue Chance für alte Sorten, es gebe eine neue Wertschätzung, die auch Nachteile in Kauf nehme. Interessant seien die Sorten mit ihren jeweils speziellen Eigenschaften auch für die Spitzenköche im Land. Es gehe hier immer um Nischen, die Großkonzerne werde man damit nicht verdrängen können. Die Laimburg verfüge über Flächen im ganzen Land, somit auch über die geeigneten Flächen für die verschiedenen Sorten.
Südtirol sei nicht der Nabel der Welt, sondern auch eine Nische, bemerkte Maria Hochgruber Kuenzer. Mit diesen besonderen Sorten könne man in Nischenmärkten auch höhere Preise erzielen. Eigenes Saatgut sei auch Zeichen der Eigenständigkeit eines Volkes.
Der Antrag wurde einstimmig angenommen.
Der Landtag tritt Ende November wieder zusammen.