Von: luk
Bozen – Im Südtiroler Landtag wurde heute auch ein Beschlussantrag der SVP angenommen.
Beschlussantrag Nr. 745/17: Attraktive Arbeitsplätze für den ländlichen Raum – Wohnortnahe Arbeitsstellen mit hohem Qualifikationsniveau in Südtirols Bezirken (eingebracht von den Abg. Noggler und Wurzer am 21.2.2017). Die Landesregierung sei aufgefordert, – der bisherigen Politik zur Stärkung des ländlichen Raumes weiteren Nachdruck zu verleihen und innerhalb eines Jahres zusätzliche Initiativen zur Dezentralisierung der Südtiroler Landesverwaltung zu ergreifen und dem Südtiroler Landtag darüber Bericht zu erstatten; – als Ansiedlungskriterium bei der Verlagerung von Ämtern die Indikatoren der Strukturschwäche und der demographischen Entwicklung heranzuziehen; – die Voraussetzungen für eine stärkere Verlagerung von einzelnen Arbeitsstellen mit hohem Qualifikationsniveau in Wohnortnähe zu schaffen; – bei Errichtung künftiger Ämter und Einrichtungen diese im ländlichen Raum anzusiedeln, falls nicht erwiesenermaßen nur eine Ansiedlung in der Landeshauptstadt zweckmäßig ist; bei der Ausarbeitung der Initiativen den zuständigen Gesetzgebungsausschuss des Südtiroler Landtages in die Arbeiten mit einzubeziehen.
“Wenn heute der ländliche Raum Südtirols vergleichsweise gut floriert, dann weil früher der Grundstein dafür gelegt worden ist und die Landespolitik konsequent an dieser Politik für den ländlichen Raum festgehalten hat”, erklärte Albert Wurzer (SVP). Was das Arbeitsplatzangebot betrifft, zeigen die jüngsten Entwicklungen, dass das steigende Bildungsniveau und der damit einhergehende Bedarf an hoch qualifizierten Arbeitsplätzen die Tendenz zur Abwanderung aus peripheren Gebieten verstärken kann. Dabei gäbe es durchaus den Wunsch der Jugend, im ländlichen Raum zu leben, falls es dort auch ein entsprechendes Arbeitsangebot gibt.”
Walter Blaas (Freiheitliche) zeigte sich wenig überzeugt vom Vorschlag. Er hätte Sinn, wenn er nur für den ländlichen Raum gedacht wäre, aber hier gehe es hauptsächlich um die Verlegung von Ämtern nach Bruneck. In einer kleinen Realität wie Südtirol mache eine Auslagerung wenig Sinn. Der Antrag stehe zudem im Widerspruch zur Schließung der Geburtenstationen.
Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) sah das Wesen Südtirols in der Peripherie. Die Gelegenheit dazu hätte man bei der Beibehaltung der Geburtenstationen gehabt oder auch bei einigen seiner Anträge, die aber abgelehnt worden seien, so etwa zum Führerschein, zur Telearbeit, zur Abhaltung bestimmter Kurse usw. Insgesamt sei der Antrag richtig, daher werde er ihn unterstützen.
Maria Hochgruber Kuenzer (SVP) freute sich, dass ihr früherer Antrag nun wieder aufgelegt wurde. Dezentralisierung beginne sehr früh, bereits im Kindergarten. Kinder bräuchten Erlebnisse im eigenen Dorf, damit sie dieses auch als ihren Lebensmittelpunkt sähen. Ebenso brauche es ein Angebot an Ausbildungsplätzen in der Peripherie.
Andreas Pöder (BürgerUnion) unterstützte das Anliegen, passe aber nicht mit anderen Maßnahmen der Landesregierung zusammen, z.B. der Schließung der peripheren Geburtenstationen, der Schwächung der kleinen Krankenhäuser.
Oswald Schiefer (SVP) fand den Antrag bahnbrechend. Es sei Zeit für eine Entwicklung in diese Richtung, denn in den vergangenen Jahren sei vieles nach Bozen verlagert worden, was der Stadt auch mehr Verkehr gebracht habe. So könnte man auch die Sprengel mehr aufwerten und dadurch Bozen entlasten.
Hans Heiss (Grüne) kündigte ebenfalls Zustimmung an. Periphere Räume seien in ganz Europa von Abwanderung bedroht. Die Frage sei, was die Kollegen unter ländlichem Raum verstünden. Wurzers Studie zu den abwanderungsgefährdeten Gemeinden zeige, wo Nachholbedarf bestehe.
Christian Tschurtschenthaler (SVP) wies auf das Projekt “Automotive Südtirol” hin, bei dem die Dezentralisierung funktioniere und das nächste Woche in Bruneck vorgestellt werde. Es gehe um ein Projekt der E-Mobilität der Autozulieferer. Bruneck zähle er übrigens zum ländlichen Raum.
Dieter Steger (SVP) sah die Stoßrichtung des Antrags als genau richtig an. Das Land könne über seien Ämter verfügen, aber auch bei Privatinitiativen mithelfen. Es gehe nun aber nicht darum, die Verwaltung in die ganz strukturschwachen Gemeinden zu bringen, das wäre schwierig. Aber ein Landesamt in Bruneck oder Schlanders wäre sinnvoll. Es sei nicht notwendig und zielführend, alles in Bozen zu konzentrieren. Man müsse nun schauen, in welchen Bereichen das möglich sei, und wo Arbeitsplätze dringend notwendig seien.
Südtirol sei ein Best-practice-Modell der Regionalpolitik, meinte LR Waltraud Deeg, hier werde viel für den ländlichen Raum getan. Im Zuge der Verwaltungsreform setze man sich auch stark mit diesem Thema auseinander. Man denke etwa an einen dezentralen Bürgerschalter, aber auch an E-Government-Dienste, von denen es bereits 42 gebe. Ebenso wolle man mehr Telearbeit möglich machen und dezentrale Großraumbüros schaffen. Zum Vorwurf, man habe die Peripherie geschwächt, spreche die Verteilung der Arbeitsplätze des Landes eine klare Sprache. Deeg wies auch auf die Bemühungen zur Ausweitung des Breitbandnetzes hin. Man werde diesen Weg weitergehen.
Südtirol gehöre zu den wenigen Ausnahmen in Europa, in denen der ländliche Raum noch lebendig geblieben sei, erklärte LR Arnold Schuler. Es gehe hier nicht nur um Arbeitsplätze, sondern auch um Infrastrukturen und anderes. Der Antrag gehe in die richtige Richtung, daher unterstütze ihn die Landesregierung.
Albert Wurzer ging in seiner Replik auf verschiedene Einwände ein. Man könne mit der Initiative nicht alles lösen, man müsse Schritt für Schritt machen. Die Ämter sollten dort angesiedelt werden, wo es Sinn mache. Der Antrag mache nicht konkrete Vorgaben, es sei stattdessen konstant und von Fall zu Fall überlegen, wo eine Dezentralisierung möglich und sinnvoll sei. Nicht sinnvoll sei es, die Landesverwaltung mit der Sanität aufzurechnen, meinte Wurzer in Richtung Pöder. Er denke bei der Dezentralisierung an Meran, Bruneck oder Schlanders, nicht Ulten oder Sexten.
Der Antrag wurde mit 22 Ja und zehn Enthaltungen genehmigt.
Vor Ende der Sitzung bekam LR Philipp Achammer auf Anregung von Brigitte Foppa noch den Beifall der Abgeordneten als Glückwunsch für den morgigen Hochzeitstag.
Der Landtag tritt im Oktober wieder zusammen.