Von: mk
Bozen – Heute wurde im Landtag die Artikeldebatte zum Omnibusgesetz bei Art. 19 wieder aufgenommen. Im Folgenden die Artikel (von insgesamt 41), zu denen es Wortmeldungen gab.
Art. 19 betrifft das Raumordnungsgesetz. Die Debatte dazu hatte bereits gestern begonnen, wobei es vor allem um die Entwicklung des Tourismus ging.
Arnold Schuler (SVP) unterstrich die Bedeutung des Tourismus für die Entwicklung des Landes, er habe natürlich aber auch Landschaft verbraucht. Aufgabe der Politik sei es, die Entwicklung gut zu steuern. Seit dem Bettenstopp in den Achtzigern seien bis 1996 26.000 Betten abgebaut worden, dann habe man die qualitative Erweiterung zugelassen und 2007 eine weitere Lockerung vorgenommen, aber der Zuwachs betrage nur drei Prozent. Derzeit gebe es einen Boom an Ansuchen um Erweiterung und neue Zonen. Für das vermehrte Verkehrsaufkommen könne man nicht nur den Tourismus verantwortlich machen. Es brauche zweifellos Steuerungsmechanismen, und man stelle dazu auch neue Überlegungen an. Das Verkehrsaufkommen hänge kaum mit den Betten zusammen. Bei einer insgesamt stabilen Zahl habe die Bettenzahl in einigen Gemeinden zu-, in anderen abgenommen. Es bestehe keine Notwendigkeit, in Torschlusspanik zu verfallen und unbedingt noch Projekte einzureichen. LR Maria Hochgruber Kuenzer berichtete von 66 Ansuchen bis Ende August, für insgesamt 35 Hektar. Die 300 Meter zählten laut derzeitigem Raumordnungsgesetz vom Ortskern aus, danach sei die Siedlungsgrenze ausschlaggebend. Nur 4 Fälle beträfen stark entwickelte Gemeinden. Mit ihrem Änderungsantrag wolle sie ein Signal setzen, auch damit Südtirol seinen Erholungswert erhalten könne. Die Anträge von Foppa und Faistnauer zum öffentlichen Interesse beim Handel wurden abgelehnt. Der Antrag von Hochgruber Kuenzer zur Einschränkung von neuen Genehmigungen wurde angenommen. Der Artikel wurde mit 19 Ja, sieben Nein und sechs Enthaltungen genehmigt.
Art. 20 betrifft Wildhege und Jagd. LR Schuler hat dazu einen Änderungsantrag zur Abgabe von Wildvögeln in den Vogelschutzzentren vorgelegt, mit dem das Kriterium der Gefahr für die Population eingeführt wird. Gelegentliche Ausfälle bei Wildtieren gehörten zur natürlichen Selektion und stellten nicht unbedingt eine Gefahr für die Art dar. Peter Faistnauer forderte die Pflicht für das Amt für Jagd und Fischerei, Foto- und Videofallen durch Schilder kenntlich zu machen, im Sinne des Privacygesetzes. Andreas Leiter Reber zeigte Verständnis für Faistnauers Anliegen. Mit den Schildern, die auch den Zweck der Aufnahmen erklärten, fördere man auch das Verständnis der Grundeigentümer. Aber wichtiger als ein Schild sei, dass der Aufstellung von Kameras das Gespräch mit den Grundbesitzern vorausgehe. Franz Locher sah dies ebenfalls so. Auch Private stellten oft Kameras auf, ohne den Grundbesitzer zu fragen – viele wollten ein schönes Bild vom Wolf. Aber auch die Forstbehörde sollte bei dem Eigentümer nachfragen müssen. Das sei der Punkt, nicht die Schilder – man wolle keinen Schilderwald. Brigitte Foppa fragte, was denn im Wald so geschehe, wenn man eine solche Angst vor den Kameras habe. LR Arnold Schuler betonte, dass man den Bereich nun regeln wolle, da Kameras aus verschiedensten Gründen aufgestellt würden. Kameras für die Jagd wolle man nicht erlauben. Das Monitoring sei von öffentlichem Interesse, und das könne nicht vom Einverständnis des Grundeigentümers abhängen. Die Beschilderung sei aus praktischen Gründen nicht durchführbar, man müsste den ganzen Waldrand beschildern. Der Antrag Schulers wurde angenommen, jener Faistnauers abgelehnt. Der Artikel wurde mit 21 Ja und elf Enthaltungen genehmigt.
Art. 22 betrifft Planung, Buchhaltung, Controlling und Vertragstätigkeit des Gesundheitsdienstes. Franz Ploner forderte einen Bezug auf das Jahresbudget. LR Thomas Widmann bestand auf der ursprünglichen Formulierung, die rechtlich korrekt sei. Die Änderungsanträge Ploners wurden abgelehnt. Der Artikel wurde mit 19 Ja und 13 Enthaltungen genehmigt.
Art. 23 betrifft die Organisationsstruktur des Landesgesundheitsdienstes. Franz Ploner forderte, dass in das entsprechende Landesgesetz auch die Anerkennung von Berufsqualifikationen aufgenommen wird, wobei Deutsch und Italienisch für die Eintragung in die Berufskammer als gleichwertig anzusehen seien. Ansonsten müsse man auf Ärzte aus dem deutschsprachigen Ausland verzichten. Ploner forderte außerdem komplexe Strukturen und ärztliche und Verwaltungsleiter für jedes Krankenhaus. Sven Knoll berichtete von einem Bekannten, der als Arzt in Aosta arbeite und nur Französisch spreche. In Südtirol müsste die Voraussetzung für die Einschreibung in die Ärztekammer, die Kenntnis der Sprache der Mehrheit der Bevölkerung sein. Hier erwarte er sich ein resoluteres Auftreten der Landesregierung. Andreas Leiter Reber erinnerte an den Rekurs gegen die Entscheidung der Ärztekammer, der von allen deutschsprachigen Abgeordneten unterzeichnet worden sei. Es sollte per Landesgesetz festgelegt werden, dass dieses Prinzip für alle Berufskammern gilt. Die Landesregierung setze sich in dieser Sache sehr energisch ein, betonte LH Arno Kompatscher. Das Problem sei entstanden, weil der italienische Gesetzgeber die EU-Richtlinie nicht korrekt übertragen habe. Er hätte berücksichtigen müssen, dass auch Deutsch Amtssprache sei. Das Autonomiestatut gebe dem Land Befugnisse zu den Berufskammern – wie auch vom Verfassungsgericht bestätigt -, die entsprechende Bestimmung komme ins anstehende Europagesetz, damit es für alle Berufskammern gelte. Man habe sich dabei auch von Rechtsexperten beraten lassen. Kompatscher betonte, dass die Zweisprachigkeitspflicht im öffentlichen Dienst davon unbeschadet bleibe. Auch LR Thomas Widmann sah das Europagesetz als die beste Lösung. Die komplexen Strukturen würden von der Landesregierung festgelegt und nicht ins Gesetz geschrieben. Die Notwendigkeit von Verwaltungsleitern auf Krankenhausebene werde vor Ort von niemandem gesehen. Die Änderungsanträge Ploners wurden abgelehnt.
Zur Formulierung der vom Landeshauptmann angekündigten Sprachbestimmung bemängelte Sven Knoll den Bezug auf das Territorium. Südtirol habe keine territoriale, sondern eine ethnische Autonomie. Das sei im Text festzuhalten. Auch die Landesregierung sei der Meinung, dass die Autonomie zum Schutz der Minderheit da sei, antwortete LH Kompatscher. Er teilte mit, dass der Rekurs von Dr. Müller auch eine Verfassungsbeschwerde beinhalte – man beschreite also auch diesen Weg. Der Artikel wurde mit 19 Ja und zwölf Enthaltungen genehmigt.
Art. 24 zum Landesgesundheitsdient wurde mit einer von LR Widmann vorgeschlagenen Änderung zu den Einkaufsprioritäten genehmigt.
Art. 27 ändert das Gesetz zur Regelung des Landesgesundheitsdienstes. Franz Ploner forderte die Aufstockung der Amtsdauer der Schlichtungsstelle für Haftungsfragen von drei auf fünf Jahre. Sie sollte aus vier Personen bestehen, darunter einem Rechtsmediziner, außerdem sollten zwei externe Gutachten angefordert werden können. Brigitte Foppa forderte die Vertretung von Betroffenengruppen und des Dachverbands für Soziales und Gesundheit. LR Thomas Widmann legte zwei Änderungsanträge mit rechtlichen Präzisierungen, die den Vorgaben der Staatsadvokatur angepasst wurden, und zur Übergangszeit bei Neubesetzung der Schlichtungsstelle vor. Er sprach sich gegen die Präsenz von Interessenvertretern im Gremium aus, das allein fachliche Aufgaben habe. Auch die Anträge Ploners könne man nicht annehmen. Die Anträge Widmanns wurden angenommen, die anderen wurden abgelehnt. Der Artikel wurde mit 19 Ja und zwölf Enthaltungen genehmigt.
Art. 28 betrifft die Werksverträge bei personellen Engpässen. Franz Ploner schlug vor, die vorgesehenen fünf Jahre bei Bedarf um weitere fünf Jahre zu verlängern. In der Notaufnahme sollten auch Ärzte ohne Facharztausbildung angestellt werden können. LR Widmann verwies auf die staatliche Gesetzgebung, die leider nur 5 Jahre zulasse. Die zweite Forderung könnte man theoretisch übernehmen. Man habe dies bereits versucht, aber die damalige Gesundheitsministerin habe Anfechtung angekündigt. Daher wolle man nun mit dem neuen Minister reden, bevor man den Versuch wieder wage. Ploners Antrag wurde abgelehnt. Der Artikel wurde mit 26 Ja, einem Nein und fünf Enthaltungen genehmigt.
Art. 30 betrifft die Sozialdienste. Brigitte Foppa forderte im Falle von provisorischen Besetzungen begleitende Ausgleichs- und Bildungsmaßnahmen bei Bedarf. LR Waltraud Deeg bezeichnete es als selbstverständlich, dass dieses Personal begleitet und geschult wird, das müsse man nicht gesetzlich festlegen. Der Änderungsantrag wurde abgelehnt. Der Artikel wurde mit 20 Ja und elf Enthaltungen genehmigt.
Art. 32 betrifft die Eingliederung in die Arbeitswelt für Menschen mit Behinderung. LR Philipp Achammer schlug eine bürokratische Erleichterung für die Auszahlung des Entgelts an Menschen mit Behinderung vor, die an die betreuende Körperschaft delegiert werden könne. Brigitte Foppa forderte ein Entgelt, das nicht unter dem sozialen Mindesteinkommen liegt, eine Art Grundeinkommen, das ein würdevolles Leben ermögliche. Sven Knoll unterstützte das Anliegen, gab aber zu bedenken, dass manche Menschen mit Behinderung nicht über ihr Geld verfügen können. Wer ein Grundeinkommen erhalte, sollte darüber auch verfügen können. LR Waltraud Deeg erinnerte daran, dass bereits in der letzten Legislaturperiode 80 Stellen für Menschen mit Behinderung geschaffen wurden. Ein Grundeinkommen sah sie nicht als sinnvoll, da Menschen mit Behinderung, die arbeiten, bereits Förderungen und Dienste aus verschiedenen Quellen erhielten, die auch 2.200 Euro erreichen könnten, mehr als das, was Foppa fordere. LR Achammer erklärte, dass diese Arbeit oft als Praktikum eingestuft wird, für das das Land dem Betrieb eine Zulage zahle. Eine Bezahlung nach Kollektivvertrag wäre nicht möglich. Der Artikel wurde mit 19 Ja und 13 Enthaltungen genehmigt.
Art. 33 betrifft die Handwerksordnung. LR Achammer legte einen Änderungsantrag zu den Landschaftspfleger vor und eine Neufassung des Artikels, mit der ein Meisterbund ein Verzeichnis der Meister eingeführt wird. Gerhard Lanz begrüßte die Änderung. Die Änderungsanträge wurden angenommen, der Artikel wurde genehmigt.
Art. 34 zur Gastgewerbeordnung wurde nach einer von LR Achammer vorgeschlagenen Änderung ohne Debatte genehmigt.
Art. 35 betrifft die Handelsordnung und wurde ebenfalls nach einer von LR Achammer vorgeschlagenen Änderung ohne Debatte genehmigt.
Art. 36 betrifft Gruben und Steinbrüche. Andreas Leiter Reber forderte einen Abstand von 300 Metern zum Siedlungsgebiet. Nach Ablauf der Nutzung müsste der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden. LR Achammer sprach sich gegen zusätzliche Auflagen aus, man müsse jeden Fall einzeln bewerten. Die Wiederherstellungspflicht sei sinnvoll, werde aber mit eigenem Gesetz geregelt. Die Änderungsanträge wurden abgelehnt. Der Artikel wurden mit 20 Ja und elf Enthaltungen genehmigt.
Die anderen Artikel wurden ohne Debatte genehmigt.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) kündigte die Gegenstimme seiner Fraktion zum Gesetz an und verwies dazu auf das “Propagandaministerium”, auf die Tourismusentwicklung und auf die Sanität. Zu den Sprachbestimmungen fehle die nötige Durchsetzungskraft.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) kündigte Stimmenthaltung an. Bei einigen Artikeln habe man Verbesserungen erreichen können, bei anderen nicht.
Der Gesetzentwurf wurde mit 19 Ja, neun Nein und vier Enthaltungen genehmigt.