Von: mk
Bozen – Nach der gestrigen Ablehnung des Landesgesetzentwurfs Nr. 107/16, „Bestimmungen in Zusammenhang mit dem Stabilitätsgesetz 2017“, wurde der Entwurf heute im Landtag unter der Nr. 112/16 neu vorgelegt. Der erste Gesetzgebungsausschuss und der Rat der Gemeinden haben dazu bereits ihr Gutachten abgegeben. Der neue Text enthält auch die Änderungen, die der Landtag gestern am Gesetzentwurf Nr. 107 vorgenommen hat, wie LH Arno Kompatscher erklärte, aber mit einer Ausnahme: In Art. 17 wurde festgelegt, dass der Autonomiekonvent ein Dokument mit “Vorschlägen” (statt “Empfehlungen”) an den Landtag übermittelt. Er ersuchte um Zustimmung des Plenums zu dieser Vorgangsweise.
Nach einer Sitzung der Oppositionsvertreter erklärte Hans Heiss, dass die Opposition Verantwortung zeige und anerkenne, dass diese Gesetze zum Haushalt weiterbehandelt werden müssen. Man halte aber fest, dass Abstimmungsfehler häufig passieren und dass die neue Hektik in dieser Legislaturperiode zu Pannen geführt habe. Dieses Prozedere sei unbedingt zu verbessern, und dies sei die Auflage der Opposition für das heutige Entgegenkommen.
Andreas Pöder fragte, ob die gestrigen Änderungsanträge der Opposition neu eingereicht werden müssten. Er werde an der Endabstimmung zum Gesetzentwurf nicht mitstimmen, um das Quorum zu senken. Die Schuld für die gestrige Panne dürfe auf keinen Fall den Mitarbeitern zugeschoben, und auch Präsident Bizzo habe sich völlig korrekt verhalten, als er das Abstimmungsergebnis verkündet habe. Präsident Roberto Bizzo erklärte, dass für Tagesordnungen und Änderungsanträge Zeit bis zum Abschluss der Generaldebatte sei.
Pius Leitner betonte, dass die politische Minderheit in dieser Sache Verantwortung übernehme, sie hätte es auch anders kommen lassen können. Man erwarte sich aber nun ein Entgegenkommen der Mehrheit beim künftigen Gesetzgebungsverfahren, damit z. B. nicht dauernd von der Mehrheit noch in letzter Minute Änderungsvorschläge zu ihren Entwürfen kommen. Bei der Kontrolle über das technische Gelingen der eigenen Abstimmung trage jeder selbst Verantwortung.
Auch Paul Köllensperger unterstrich das Verantwortungsbewusstsein und die Notwendigkeit, die Prozeduren zu überarbeiten, auch für die Arbeit in den Ausschüssen. LH Kompatscher habe noch vor Wochen gesagt, er trage die Verantwortung und die Opposition könne nur Forderungen stellen und kritisieren, meinte Walter Blaas. Heute beweise die Opposition, dass die Opposition nicht nur Nein sagen könne. Man zeige Verantwortung, und das nicht auf der Basis eines Kuhhandels.
Es sei ein Abstimmungsfehler gewesen und keine technische Panne, stellte Brigitte Foppa fest, das sollte auch nach außen zugegeben werden. Es gebe bereits einen genehmigten Beschlussantrag der Grünen, dass nach einer Abstimmung das grafische Ergebnis auf der Anzeigetafel bleibt. (Präs. Bizzo kündigte an, diesen Auftrag den Technikern zu übermitteln, die mit der Überarbeitung der Anlage betraut wurden.) Riccardo Dello Sbarba dankte für die von ihm geforderte Formulierung “Vorschläge” beim Konvent und kündigte an, sich an der Abstimmung über die Aufnahme des Gesetzentwurfs in die Tagesordnung zu stimmen. Man werde keine Änderungsanträge mehr einbringen, aber gegen die Artikel stimmen.
LH Arno Kompatscher räumte ein, dass der Fehler bei der Mehrheit liege. Wenn man nun den neuen Entwurf nicht heute behandle, dann würde der Landtag noch einmal vor Jahresende zusammentreten müssen. Man werde das Entgegenkommen der Opposition jedenfalls in Rechnung stellen. Es sei auch schon vereinbart worden, das Gesetzgebungsverfahren zu verbessern, damit die Gesetzentwürfe frühzeitig im Landtag ankommen. Er begrüße den diesbezüglichen Vorschlag einer gemeinsamen Sitzung mit Fraktionssprechern, Landesregierung und Beamten zum Verfahren.
Alessandro Urzì sprach sich gegen die Aufnahme des Gesetzentwurfs in die Tagesordnung aus. Wenn Mehrheit und Opposition nicht auseinanderzuhalten seien, dann sei das ein Problem für die Demokratie. Vor allem protestierte Urzì dagegen, dass man jetzt einen Gesetzentwurf politischen Inhalts nun durchwinken wolle. Elena Artioli kritisierte Urzì, der jetzt anprangere, was in der Fraktionssprechersitzung einstimmig ausgemacht wurde, wogegen Urzì heftig protestierte.
Seine Fraktion werde gegen den Gesetzentwurf stimmen, erklärte Sven Knoll, aber es sei nicht seine Aufgabe, eine Abstimmung und einen Haushalt zu verhindern. Daher sei er für die Aufnahme in die Tagesordnung. Vor der Abstimmung verließen die Abgeordneten von Grünen, BürgerUnion und 5 Sterne Bewegung den Saal. Die Aufnahme des Gesetzentwurfs in die Tagesordnung wurde mit 28 Ja und einem Nein genehmigt.
Bestimmungen zum Stabilitätsgesetz verabschiedet
Nach dem Verzicht des Landeshauptmanns auf weitere Erläuterungen zum Gesetzentwurf, dessen Inhalt er bereits erläutert habe, wurde die Generaldebatte zum Gesetzentwurf 112/16 eröffnet.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) bezeichnete es als undemokratisch, wenn über ein Gesetz so lange abgestimmt wird, bis das Ergebnis passt. Er frage sich, ob die Sitzung des Rates der Gemeinde, der sein Gutachten zum Entwurf abgegeben habe, regulär einberufen wurde. Er könne sein Gutachten auch nicht mit dem positiven Gutachten zum Gesetzentwurf Nr. 107 begründen, denn das seien zwei verschiedene Gesetze. Ein Teil der Opposition betone nun ihr Verantwortungsbewusstsein, aber dieses vermisse er bei der Mehrheit. Wenn man diese Prozedur der Neuauflage zulasse, dann könne die Mehrheit alle ihre Entwürfe so lange einbringen, bis das Abstimmungsergebnis passe.
Der Übergang zur Artikeldebatte wurde mit 18 Ja, neun Nein und drei Enthaltungen genehmigt.
Die meisten der 19 Artikel des Entwurfs wurden ohne Debatte genehmigt. Zu Art. 1 beantragte Alessandro Urzì die Möglichkeit der Wahl einer Vertrauensperson für die Mieter der WOBI-Wohnungen und wurde darin durch Andreas Pöder unterstützt. Der Antrag wurde abgelehnt. Zu Art. 8 forderten Urzì und Paul Köllensperger eine Aufnahme der 105 Lehrer mit prekärem Arbeitsvertrag an der italienischen Schule. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt. Zu Art. 12 beantragte LH Kompatscher eine sprachliche Präzisierung zu den indirekt kontrollierten Gesellschaften, was genehmigt wurde.
Der Gesetzentwurf wurde mit 18 Ja und 15 Nein genehmigt.
Landesregierung erklärt Annahme einer Reihe von Forderungen
Zu Beginn der Debatte über Landesgesetzentwurf Nr. 108/16, „Bestimmungen über das Erstellen des Haushaltes für die Finanzjahre 2017, 2018 und 2019 (Stabilitätsgesetz 2017)“, und Landesgesetzentwurf Nr. 106/16, „Haushaltsvoranschlag der Autonomen Provinz Bozen für die Finanzjahre 2017, 2018 und 2019“, kündigte LH Arno Kompatscher die Annahme einer Reihe von Tagesordnungen der Opposition an, so zur Erweiterung der Bahnlinie Bozen-Meran (Pöder), zur Forschung über Bioproduktion (Foppa), zum Verbleib des Laurin-Denkmals (Leitner), zu einer Aufladestelle für E-Autos (Zimmerhofer/Leitner), zu In-House-Gesellschaften (Tinkhauser/Köllensperger) und zur Betreuung für Frauen die Opfer von Gewalt wurden (Artioli). Eine Reihe von anderen wurde von den Abgeordneten anschließend zurückgezogen.
Tagesordnungen zu den Gesetzentwürfen
Andreas Pöder forderte Erschwerniszulagen auch für Lohnabhängige und Selbständige wie für die Bauern. Auch Lohnabhängige und Selbständige könnten in schwierigen Situationen sein, nicht nur die Bauern, für die es bereits 19 Sondermaßnahmen gebe. Die Tagesordnung wurde mit sieben Ja, 16 Nein bei acht Enthaltungen abgelehnt.
Alessandro Urzì forderte ein klares Nein zu einer Parteienfinanzierung durch das Land. Er würde das nicht eigens fordern, wenn die Möglichkeit im Landtag nicht bereits angeklungen wäre.Dagegen sprach sich Sven Knoll aus. Demokratie müsse etwas kosten dürfen. Parteien seien nicht elitäre Zirkel, und sie hätten bestimmte Kosten, auch um ihre Positionen öffentlich mitteilen zu können. In Österreich etwa gebe es eine öffentliche Parteienfinanzierung. In Italien habe man die Parteienfinanzierung abgeschafft, dafür aber die Politikergehälter hoch angesetzt, damit diese ihre Partei finanzieren können. Nach diesen Abzügen bleibe ihm ein Monatsgehalt von rund 2.000 Euro.
Pius Leitner sah das ähnlich. Ohne öffentliche Finanzierung würden die Parteien halt von Stronach, Berlusconi und Co. finanziert, nicht unbedingt zum Vorteil der Demokratie. Man sollte eine sachliche und transparente Diskussion über Abgeordnetengehälter und Parteienfinanzierung, dann werde man bei der Bevölkerung auch Verständnis finden. Sie habe selbst beim Referendum 1993 für die Abschaffung der Parteienfinanzierung gestimmt, die dann durch die Hintertür wieder eingeführt wurde, erklärte Brigitte Foppa. Ohne diese Finanzierung gäbe es die meisten Parteien nicht mehr, sie sei nur weniger transparent. Sie sei für eine transparente öffentliche Finanzierung, die die Parteien auch zwinge, Rechenschaft über ihre Tätigkeit abzulegen. Eine Finanzierung wie in Österreich wäre viel transparenter.
Andreas Pöder erklärte seine Zustimmung zum Antrag. Ein Parteienfinanzierungsgesetz auf Landesebene wäre schwierig und wahrscheinlich auf die Mehrheitspartei zugeschnitten. Das würde nach außen als Kuhhandel verstanden. Die Tagesordnung wurde mit drei Ja, 27 Nein bei zwei Enthaltungen abgelehnt.
Die Sitzung wird am Nachmittag mit der Behandlung weiterer Tagesordnungen wieder aufgenommen.