Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich heute mit dem Landesgesetzentwurf Nr. 22/24 „Neuordnung der Bestimmungen hinsichtlich der Finanzen der örtlichen Körperschaften“ (vorgelegt von der Landesregierung auf Vorschlag des Landeshauptmannes Arno Kompatscher) befasst: Wie es im Begleitbericht zum Landesgesetzentwurf heißt, wurde der Bereich der Gemeindenfinanzierung in den letzten Jahrzehnten verschiedenen Reformen unterzogen, die Bestimmungen in diesem Bereich wurden jedoch nie systematisch überarbeitet. Nun ziele der vorgeschlagene Gesetzestext „vorrangig darauf ab, die Bestimmungen im Bereich der Finanzen der örtlichen Körperschaften zu vereinheitlichen, klar zu strukturieren und obsolete Gesetzesbestimmungen aufzuheben“.
Die Zuweisungen an die Gemeinden seien in den vergangenen Jahren gestiegen, so LH Arno Kompatscher bei der Vorstellung des LGE im Plenum u.a., weil die Ausgaben gewachsen seien. Die Gemeinden seien inzwischen nahezu schuldenfrei; dies auch dank einer vom heutigen Landtagspräsidenten Schuler initiierten Reform.
In der Generaldebatte ergriff zunächst Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion) das Wort und erklärte u.a., die Gemeinden wären froh, wenn sie mehr Gestaltungsraum im Sinne eines Föderalismus hätten – auch bei den Einnahmen und der Besteuerung. Es gehe darum, zu gewährleisten, dass die Gemeinden frei auf die Mittel zugreifen dürften.
Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) verwies u.a. darauf, dass die Behandlung des Gesetzentwurfs im I. GGA eine etwas seltsame Situation gewesen sei. So komme es nicht häufig vor, dass der Präsident des Rates der Gemeinden selbst in den Ausschuss komme; zudem habe man ein Gutachten ausgehändigt bekommen, das weder positiv noch negativ gewesen sei. Als der Gesetzentwurf im Ausschuss vorgestellt wurde, sei klar geworden, dass es noch Verhandlungen brauche. Im Ausschuss sei demnach ein nicht fertiger Entwurf präsentiert worden. Bei der Art der Finanzierung komme man nun wieder zur alten Form zurück, von der man habe abgehen wollen.
Franz Locher (SVP) unterstrich u.a., dass die Gemeinden eine sehr gute Arbeit leisteten. Damit das System funktioniere, müsse das Personal aber aufgestockt werden, damit man dieses finden könne, müsse sich die Bezahlung verbessern. Die Gemeinden hätten unterschiedliche Voraussetzungen, je nach geografischer Lage. Es gehe langsam in die Richtung, dass viele Gebäude und Infrastrukturen, die vor Jahrzehnten errichtet worden seien, saniert werden müssten – das sei ein wichtiges Thema für die Gemeinden.
Er hätte die Kombination von Verhandlung und Schlüssel gut gefunden, so Alex Ploner (Team K) u.a.: Es solle einerseits eine Mindestsicherheit bei der Finanzierung geben, und die Möglichkeit zur Verhandlung. Um Vereine am Leben zu erhalten, seien bestimmte Strukturen vor Ort notwendig – doch die Bürgermeister hätten Sorgen in der Finanzierung derselben, besonders jene, die über keine Einnahmen verfügten. Gebe es für diese besondere Kriterien in der Finanzierung?
Madeleine Rohrer (Grüne) bemerkte u.a., es habe den Wunsch für ein organisches Gesetz zur Gemeindenfinanzierung gegeben. Die zweite Erwartungshaltung der großen Gemeinden sei gewesen, dass sie in diesem Gesetz anders berücksichtigt werden als die kleinen. Es gebe eine Enttäuschung, dass dies nicht geschehen sei. Zudem stellte die Abgeordnete einige Detailfragen.
Sandro Repetto (PD – Demokratische Partei) bemerkte u.a., dass die Gemeinden unterschiedliche Einnahmen und Ausgaben haben. Die Gemeindesekretäre seien von grundlegender Bedeutung für die Arbeit der Gemeinden – doch auch hier bestehe Fachkräftemangel. Der Abgeordnete erkundigte sich nach der Taskforce zum Pnrr; diese Fonds könnten für die Gemeindenfinanzierung hilfreich sein. Der LH versuche das Ganze aus Südtiroler Sicht zu managen, aber es könne dennoch zu Problematiken kommen. Er werde die Streichung eines Artikels beantragen.
Für Gemeinden in der Peripherie, die struktur- und wirtschaftlich schwach seien, so Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) u.a., bedürfe es Sonderfinanzierungen und wirtschaftlicher Impulse. Auch soziale Projekte sollten unterstützt werden. Die Stärkung solcher Gemeinden sei immer eine Stärke Südtirols gewesen, dadurch seien die Leute auch nicht abgewandert.
LH Arno Kompatscher stellte u.a. fest, dass man wesentliche Elemente der Gemeindeautonomie vorangebracht habe – entgegen der vom Abgeordneten Leiter Reber diesbezüglich angebrachten Kritik. Man habe in bestimmten Bereichen sehr wohl Autonomie abgegeben. Die Gemeinden, die Gemeinderäte hätten bewiesen, dass sie ausgewogen entscheiden würden und Prioritäten setzen könnten. Es gebe auch die Situation nicht mehr, dass die Gemeinden als Bittsteller zum Land kämen. Es gebe Kriterien. Die von der Abg. Atz Tammerle geschilderte Sitzung habe er anders in Erinnerung; die wenigen Ergänzungen, die er im GGA angekündigt habe, seien im Sinne der Reform. Das Prinzip sei, dass die Gemeinden, die mehr Unterstützung bräuchten, auch mehr erhielten – theoretisch wäre es gar möglich, dass eine Gemeinde nichts erhielte, das sei aber nicht der Fall. Jede Gemeinde werde ein Kriterium finden, das ihrer Ansicht nach nicht ausreichend berücksichtigt sei. Insgesamt seien die Gemeinden in Südtirol – nicht nur im gesamtstaatlichen, sondern auch im europäischen Vergleich – seit langem schon gut finanziert und hätten gleichzeitig immer zu wenig Mittel. Man werde die 10-Jahres-Planung beibehalten können, man habe ein Instrument gefunden, das rechtlich in Ordnung sei. Kritik übte der LH am Vorgehen des Staates im Bereich Pnrr.
Es folgte die Behandlung der Tagesordnung zum LGE Nr. 22/24: Punkt 1 der Tagesordnung Stärken wir Südtirols Gemeinden! (eingebracht von den Abgeordneten Rohrer, Foppa und Oberkofler) wurde von der Landesregierung angenommen: In diesem forderten die Grünen, der Landtag möge die Landesregierung im Zusammenhang mit dem Landesgesetzesentwurf Nr. 22/24 beauftragen, die im Gesetzesentwurf und im Koalitionsprogramm genannte Richtlinie zur Aufteilung der Finanzmittel zwischen den Gemeinden der zuständigen Gesetzgebungskommission für Verbesserungsvorschläge vorzulegen, und zwar noch vor Genehmigung durch die Landesregierung. Die restlichen beiden Punkte wurden von den Einbringern zurückgezogen.
LH Arno Kompatscher stellte u.a. klar, dass es nicht so sein werde, dass die Gemeindeausschüsse fortan unendlich viele Beschlüsse fassen müssten – es reichten auch die programmatorischen Akte. Der Landesgesetzentwurf Nr. 22/24 wurde in der Schlussabstimmung mit 18 Ja und 15 Enthaltungen verabschiedet.
Es folgte die Behandlung des Beschlussantrags Nr. 111/24 Ausbildungsangebot für PflegehelferInnen und SozialbetreuerInnen ausbauen (eingebracht von der Abgeordneten Deeg am 13.06.2024): Der Landtag möge die Landesregierung beauftragen, 1. berufsbegleitende, wohnortnahe und flexible Ausbildungsangebote durch öffentliche und private berufliche Aus- und Weiterbildungsangebote mit Schwerpunktsetzung im Bereich PflegehelferInnen und SozialbetreuerInnen auszubauen; 2. die Stellenpläne für die Berufsbilder Pflegehelfer/in und Sozialbetreuer/in in Ausbildung der Nachfrage anzupassen und zu erhöhen.
Brigitte Foppa (Grüne) unterstrich u.a., dass das Thema voller Problematiken sei. Sie habe kürzlich eine Anfrage gemacht, um Informationen zum ersten gemachten Lehrgang zu erhalten – die Informationen seien spärlich gewesen und wahrscheinlich auch nicht vollständig. Man habe zu den herkömmlichen Ausbildungen eine verkürzte Angeboten – wenn man schneller zu einem Diplom komme, dann wolle sie sehen, wer sich für den längeren Weg entscheide. Das sei unlautere Konkurrenz; die konsolidierten Ausbildungswege und die Qualität würden darunter leiden.
Sandro Repetto (PD – Demokratische Partei) erklärte u.a., es sei in Ordnung, wenn das Ausbildungsangebot ausgedehnt werde. Dasselbe müsse auch in anderen Bereichen getan werden, zum Beispiel für die Erzieherinnen in den Kindergärten. Man brauche eine sehr hohe Anzahl von Pflegehelferinnen – ansonsten müssten sich die Älteren allein betreuen. Man müsse auch bei unterschiedlichen Ausbildungswegen dieselbe Qualität gewährleisten. Er werde dem Antrag zustimmen.
Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion) sagte u.a., es entspräche der Logik, dass man die Ausbildung runterschraube, wenn man mehr Pflegekräfte brauche – es würde dadurch aber eine Ungleichheit entstehen. Nun stelle sich die Frage, ob man sich etwas Gutes täte, wenn man dieses Ungleichgewicht mit einem Beschlussantrag zelebriere.
Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) verwies u.a. darauf, dass es in mehreren Bereichen ein Umdenken, eine Umstrukturierung brauche und erinnerte an die Hausärzte. Es brauche mehr Flexibilität in der Ausbildung und neue Ausbildungsmodelle – besonders wenn es um Frauen gehe, die schon mitten im Leben stünden. Diejenigen, die eine jahrelange Ausbildung mitbringen, sähen das natürlich skeptisch. Es stelle sich aber die Frage, ob alles, was in unseren Ausbildungen gelehrt wird, auch Sinn mache. Vielleicht sollte man die Inhalte auch einmal überdenken.
In ihrer Replik ging LRin Rosmarie Pamer u.a. auf den aktuellen Stand der Ausbildungswege im Bereich ein. Es habe in den vergangenen Jahren eine Erweiterung des öffentlichen Ausbildungsangebots dank der Finanzierung des Landes gegeben. Es gelte die Gleichwertigkeiten der Ausbildungen zu garantieren, ebenso wie die Zusammenarbeit aller Akteure. Derzeit arbeite man daran, zu definieren, wie die Prüfung der Sozialbetreuer aussehen solle. Die berufsbegleitende, wohnortnahe Ausbildung sei ein Schwerpunkt ihres Ressorts. Es gebe aber keine Vorgaben zu den Stellenplänen – um die es in Punkt 2 gehe – und begutachte diese auch nicht. LR Philipp Achammer unterstrich u.a., dass die Bildung nicht dagegen sei, dass es auch private Anbieter gebe – so wie es in der Diskussion geheißen habe. Man sei aber dagegen, dass die Qualität leide. Sonst könne man mit der Keule “Fachkräftemangel” irgendwann alles tun, alles anders anbieten. Man wolle absolut nicht, dass Private die Berufsbefähigung vergeben. Gelten müsse auf jeden Fall: Qualitätsstandard für alle – und eine laufende Überprüfung der Qualität.
Waltraud Deeg (SVP), Einbringerin des Antrags, betonte u.a., es sei wichtig, über diese Dinge zu reden. Es gebe die Menschen, die in diesen Beruf einsteigen wollten; man müsse diese dort abholen, wo sie stünden. Sie hoffe, man finde eine gute Lösung im Sinne der Menschen, die gepflegt werden müssten. Der Beschlussantrag Nr. 111/24 wurde mit 25 Ja, sechs Nein und einer Enthaltung angenommen.
Damit war die erste Juli-Sitzung des Landtags zu Ende. Der Landtag tritt ab 29. Juli wieder zusammen, um den Nachtragshaushalt zu behandeln.