Plenarsitzung

Landtag sagt Ja zur Änderung des Wahlgesetzes

Mittwoch, 31. Juli 2024 | 13:49 Uhr

Von: mk

Bozen – Nach der Genehmigung von Rechnungslegung 2023 und Nachtragshaushalt 2024 wurden die Arbeiten im Plenum des Landtages mit der Behandlung des Landesgesetzentwurf Nr. 27/24„Änderung des Landesgesetzes vom 19. September 2017, Nr. 14, ‚Bestimmungen über die Wahl des Landtages, des Landeshauptmannes und über die Zusammensetzung und Wahl der Landesregierung‘“ (vorgelegt vom Abgeordneten Arnold Schuler) fortgesetzt.

Die Gründe für die Nichtwählbarkeit und Unvereinbarkeit der Landtagsabgeordneten sind in Artikel 8 (Gründe der Nichtwählbarkeit zum Landtagsabgeordneten) und Artikel 9 (Gründe der Unvereinbarkeit mit dem Amt eines Landtagsabgeordneten) des Landesgesetzes Nr. 14/2017 aufgeführt. Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe l) des Landeswahlgesetzes bezieht sich insbesondere auf die Unvereinbarkeit einer Person, die „als Partei in einem Zivil- oder Verwaltungsverfahren mit der Region oder mit den Provinzen Bozen und Trient einen Rechtsstreit anhängig hat. […]“. „Sinn und Zweck dieses Unvereinbarkeitsgrundes ist es“, heißt es im Begleitbericht des Einbringers, „zu gewährleisten, dass der Mandatsträger bei der Ausübung seines Mandats uneigennützig handelt, und zu verhindern, dass ein Interessenkonflikt entsteht, d. h. ein Konflikt zwischen dem vorrangigen öffentlichen Interesse, das mit dem Mandat verbunden ist, und dem persönlichen Interesse des Mandatsträgers.“ Um eine uneingeschränkte Ausübung des in Artikel 24 der Verfassung anerkannten Rechts auf Verteidigung für die in den Landtag gewählten Abgeordneten zu gewährleisten, “wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf vorgeschlagen, Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe l) des Landeswahlgesetzes Nr. 14 vom 19. September 2017, wonach ein anhängiger Rechtsstreit als Grund für die Unvereinbarkeit mit dem Mandat eines/einer Landtagsabgeordneten gilt, aufzuheben“, so der Begleitbericht weiters.

In der Generaldebatte ergriff zunächst Josef Noggler (SVP) das Wort und verwies darauf, dass man wisse, weshalb der LGE nun vorgelegt werde, man die Problematik aber auch anders hätte lösen können – ohne Änderung des Wahlgesetzes. Er sei 2017 Erstunterzeichner des Wahlgesetzes gewesen und habe sich sehr viel mit der Thematik befasst, speziell die Punkte Unvereinbarkeit und Unwählbarkeit seien damals ein Anliegen gewesen. Er verstehe Aussagen des Abg. Alex Ploner gegenüber der Presse nicht, wonach die Regelung im Wahlgesetz ein Fehler sei – das sei aber sehr wohl von den Abgeordneten so gewollt gewesen: Man habe gesagt, dass jemand, der aus eigenem Interesse ein Verfahren mit der Gemeinde oder mit dem Land habe, nicht die Möglichkeit haben solle, Landtagsabgeordneter, Landesrat oder Landeshauptmann zu sein. Es gehe um die Gleichheit unter der Bevölkerung. Er sei für die Beibehaltung der Bestimmung und werde sich bei der Abstimmung enthalten.

Brigitte Foppa (Grüne) erinnerte u.a. an die ausführlichen Diskussionen zum Thema. Man habe sich gefragt, ob es möglich sein solle, eine Institution zu vertreten, mit der man im Rechtsstreit liege. Es sei eine hoch interessante Diskussion – es gehe um den Schutz der Institution oder um den Schutz der Rechte der einzelnen Abgeordneten, und zwar nicht als Träger des Mandats, sondern als Bürgerin, als Bürger. Aktuell habe man eine Unvereinbarkeit, wenn man nicht als Mandatsträger, sondern als einfacher Bürger, einfache Bürgerin im Rechtsstreit mit dem Land sei, das man vertrete. Ausgenommen seien Rechtsstreits bezüglich Steuerfragen oder wenn man es als Abgeordneter mache – diesbezüglich erinnerte die Abgeordnete an einen Rekurs zum Flughafen Bozen, den sie und der Abg. Köllensperger mitunterzeichnet hatten. Die Frage, die sich stelle, sei: Was ist nun vordergründig? Ist es der Schutz der Institution? Aber wie sei es, wenn man als Bürgerin – die man ja bleibe – sein Recht verteidigen wolle? Schließlich könne auch das Land einen Fehler machen – und dann habe man nicht das Recht, sich zu verteidigen. Die Abgeordnete verwies auf Beispiele in anderen Regionen. Die beste Lösung wäre, ausschließlich das Recht auf Verteidigung zuzulassen, falls das Land einen Streit beginnt.

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) erklärte u.a., auch er erinnere sich an die Diskussion zum Wahlgesetz im Gesetzgebungsausschuss. Es sei nie die Rede davon gewesen, dass man jene sanktionieren wolle, die sich verteidigen. Es sei ein Unterschied, ob jemand proaktiv aus Eigeninteresse eine öffentliche Verwaltung verklage oder ob man sich verteidige. Eine Person, die ein politisches Mandat ausübe, müsse sich weiterhin verteidigen können. Dies sei ein Grundrecht, das für einen “normalen” Bürger genauso gelten müsse, wie für einen Bürger, der ein politisches Mandat ausübe. Man sei auch im Wahlbestätigungsausschuss der Meinung gewesen, dass diese Unterscheidung gemacht werden sollte. Es sei notwendig, dass eine Sanierung gemacht werde. Doch es dürfe nicht dazu führen, dass – wie vom Kollegen Noggler angemerkt – jemand aus der öffentlichen Verwaltung heraus seine Interessen durchboxe. In der jetzigen Diskussion brauche es die Nachschärfung im Gesetz – die reine Verteidigung dürfe nicht zu einem Verlust des Mandats führen.

Das Recht auf Verteidigung stehe in der Verfassung, so Paul Köllensperger (Team K) u.a., das müsse gemacht werden. Der LGE gehe in der öffentlichen Meinung als “Lex Holzeisen” durch, doch in Wirklichkeit gehe es um eine “Lex Kompatscher”, wo das Problem 2018 zwar gelöst sei, aber wo wohl für 2023 noch etwas komme. Nichtsdestotrotz werde man dem Gesetz heute zustimmen, weil das Recht auf Verteidigung gegeben sein müsse.

Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) verwies u.a. darauf, dass es sich hier um Anlassgesetzgebung handle, da es nun Anlässe gebe, dieses Gesetz zu ändern. Doch eine Bestimmung auf dem Papier führe mitunter in der Anwendung zu Problemen. Es sei ein Unterschied, ob man sich verteidige oder ob man der Initiator sei. Denn auch wenn man sich etwas zurückholen wolle, sein eigenes Hab und Gut in einem Rechtsstreit mit der öffentlichen Hand verteidigen, sei man der Initiator. Es sei notwendig, dass die Gesetzesanpassung gemacht werde. Man könne keinem Menschen das Recht auf Verteidigung verwehren, aber auch nicht für ein Mandat zu kandidieren.

Andreas Colli (JWA Wirth Anderlan) berichtete u.a., er sei davon ausgegangen, dass der Aspekt hätte mit einer “authentischen Interpretation” gelöst werden. Er habe sich dann mit mehreren Rechtsanwälten ausgetauscht, die ihm gesagt hätten, der Gesetzesartikel widerspreche Art. 24 der Verfassung. Er werde für das Gesetz stimmen.

LH Arno Kompatscher kritisierte auf ihn bezogenen Aussagen in der Generaldebatte und verwies u.a. darauf, dass die heute diskutierte Regelung in den meisten anderen Ländern und Regionen bereits so gelte. Er werde für den LGE stimmen.

Arnold Schuler (SVP), Erstunterzeichner des LGE, ging in seiner Replik auf einige Stellungnahmen in der Debatte ein und wies u.a. darauf hin, dass – wenn ein Gesetz geschrieben werde – man zwar versuche, die Dinge so gut als möglich abzuwägen, Vor- und Nachteile, es aber dann in der praktischen Anwendung vorkomme, dass sich doch Schwierigkeiten ergäben. Die Frage sei, wie weit Verteidigung gehe – zähle dazu auch eine Klage, bei der man sein Recht aktiv beanspruche, oder lediglich die Verteidigung bei Klagen anderer? Es wurden mehrere Varianten erwogen, auch andere Formulierungen, aber die beste Lösung sei die Streichung des Buchstaben „l“ des Artikels.

Die drei Artikel des LGE Nr. 27/24 wurden jeweils ohne Debatte mehrheitlich genehmigt. In ihrer Stimmabgabeerklärung verwies Brigitte Foppa (Grüne) darauf, dass es nur zwei Regionen gebe, in denen diese Unvereinbarkeit nicht bestehe, in allen anderen jedoch schon.

In der Schlussabstimmung wurde der Landesgesetzentwurf Nr. 27/24„Änderung des Landesgesetzes vom 19. September 2017, Nr. 14, ‚Bestimmungen über die Wahl des Landtages, des Landeshauptmannes und über die Zusammensetzung und Wahl der Landesregierung‘“ mit 31 Ja und zwei Enthaltungen angenommen. Damit wurde die zweite Juli-Sitzung 2024 des Landtages von Vizepräsident Angelo Gennaccaro geschlossen. Das Plenum tritt ab 10. September zu seiner nächsten Sitzungsfolge zusammen.

Bezirk: Bozen