Von: luk
Bozen – Der Südtiroler Landtag hat sich heute für einen Vorrat an Schutzausrüstung ausgesprochen.
Beschlussantrag Nr. 276/20: Strategischer Vorrat an Schutzausrüstung (eingebracht von den Abg. Mair und Leiter Reber am 22.04.2020). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. sämtliche verwaltungstechnischen Schritte zum Schutz der Bevölkerung und der damit zusammenhängenden Aufrechterhaltung der Wirtschaftskreisläufe in die Wege zu leiten, damit ein strategischer Vorrat an Schutzausrüstung für Südtirol angelegt wird, der aus medizinischer Ausrüstung für die Intensivpflege, persönliche Schutzausrüstungen, wie Schutzanzüge und Schutzmasken, sowie medizinischen Labormaterialien besteht, 2. dass Fachexperten den Aufbau und den Unterhalt des strategischen Vorrats an Schutzausrüstung betreuen, koordinieren, überwachen und sicherstellen, dass alle Produkte die notwendigen Zulassungen und Zertifikate aufweisen dass die gesetzlich verankerten Pandemiepläne berücksichtigt werden und wenn es die Notwendigkeit erfordert für den Aufbau eines strategischen Vorrates an Schutzausrüstung angepasst werden den strategischen Vorrat an Schutzausrüstung dahingehend auszulegen, dass gemäß den Erfahrungen aus der Coronapandemie der Bedarf insbesondere für sensible Einrichtungen bis zum Zeitpunkt, wo weitere medizinische Produkte und Schutzausrüstungen beschafft werden können, gedeckt werden kann.
“Die Coronapandemie hat nicht nur in Südtirol gezeigt, dass der Mangel an adäquaten Schutzausrüstungen und Schutzmasken zu ernsthaften Folgen führen kann”, erklärte Ulli Mair (Freiheitliche). “Eine unzureichende Menge an Schutzmasken und anderen Schutzausrüstungen begünstigte die Ausbreitung des Coronavirus und schaffte somit ein optimales Milieu, um besonders Menschen zu befallen, die aufgrund anderer Krankheiten ein geschwächtes Immunsystem hatten. Die Schwachstellen wurden vor allem in den Südtiroler Seniorenwohnheimen deutlich, die erst am Höhepunkt der Krise mit adäquater Schutzausrüstung versorgt wurden. Es ist nach wie vor nicht nachvollziehbar, weshalb trotz des Wissens um die Gefahren, denen ältere Menschen und das betreuende Personal ausgesetzt waren und sind und trotz der strengen Verordnungen und Maßnahmen gegen das Virus die Seniorenheime so spät mit Schutzkleidung ausgestattet wurden. Einzelne Staaten wie Finnland hätten bereits vor Jahren strategische Vorräte angelegt, damit im Notfall auf die unverzichtbare Ausrüstung zurückgegriffen werden kann. Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips und aus den gewonnenen Erfahrungen aus der Coronapandemie täte Südtirol jedoch gut daran, sich einen eigenen strategischen Vorrat an Schutzausrüstung anzulegen, um im Notfall gewappnet zu sein. Die Kosten für den Aufbau, den Unterhalt und die Wartung eines entsprechenden strategischen Vorrates wären allemal vertretbar, wenn die Folgen der Coronapandemie und die damit einhergehende Stilllegung der Wirtschaft dem gegenübergestellt werden.”
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) bat LR Schuler um Auskunft über den Vorrat an Schutzmaterial. Man müsse auch daran denken, wie man die Bevölkerung aufklären und für die Benutzung des Schutzmaterials sensibilisieren könne. Derzeit würden sich viele so verhalten, als gäbe es keine Gefahr mehr.
Franz Ploner (Team K) verwies auf das Wiederaufflammen der Epidemie in anderen Staaten und darauf, dass auch noch andere Epidemien ausbrechen könnten. Viele Staaten hätten die von der EU geforderten Pandemiepläne nicht erstellt. Ein Pandemieplan enthalte alle Maßnahmen, die im Notfall getroffen werden müssten, und dafür brauche es ausreichende Vorräte.
Man müsse auf die nächste Pandemie vorbereitet sein, betonte Andreas Leiter Reber (F). Europa sei lange verschont geblieben, daher sei die Gefahr unterschätzt worden. Durch die Globalisierung sei man abhängiger geworden. Daher müsse man sich regional und europäisch mehr absichern.
Hanspeter Staffler (Grüne) griff einen praktischen Aspekt heraus: Heute seien es Schutzmasken, morgen seien es vielleicht Wasserpumpen, übermorgen wieder anderes. Man müsste unendlich viel strategischen Vorrat anlegen, um für alles gerüstet zu sein, und diese Vorräte müssten laufend ausgetauscht werden. Es sei also nicht so einfach.
Gert Lanz (SVP) fragte, wie viel man in die Schutzausrüstung zu investieren bereit sei. Diese Ausrüstung sei ständig zu erneuern, auch weil sich die Bestimmungen änderten. Man wisse auch noch nicht, was man alles berücksichtigen müsse. Südtirol sei in dieser Krise einige Male vor einem Engpass gestanden, man habe dann aber doch noch eine Lösung gefunden. Nach einer kurzen Unterbrechung erklärte Lanz, dass man den Antrag unterstützen wolle.
Niemand sei auf eine solche Situation vorbereitet gewesen, berichtete LR Arnold Schuler, und es sei deswegen zu Engpässen gekommen. Das sei überall so gewesen, daher habe es auch weltweit ein Wettrennen um die Schutzausrüstungen gegeben. Dazu seien noch Exportverbote gekommen. Es sei richtig, Vorräte anzulegen und mit dem Material sparsam umzugehen. Aber Vorräte hätten das Problem nicht sicher gelöst, denn es sei unmöglich, den ganzen Bedarf abzudecken. Man müsse sich auf einen Vorrat an jenen Dingen konzentrieren, die unabdingbar seien. Dabei müsse man im Einzelnen schauen, was in absehbarer Zeit benötigt werde. Derzeit sei man dabei, die entsprechenden Erhebungen vorzunehmen.
Ulli Mair dankte für die Zustimmung. Es sei nur ein Vorschlag, es werde noch vieles geben, auf das man sich vorbereiten müsse. Auch in Finnland habe man sich die Frage nach dem Ablaufdatum der Ausrüstung gestellt, aber es habe sich ausgezahlt, da man im Notfall auch andere Länder beliefern konnte.
Der Antrag wurde einstimmig angenommen.
Beschlussantrag Nr. 295/20: Die Krise überwinden – am besten zu Fuß oder mit dem Rad (eingebracht von den Abg. Foppa, Staffler und Dello Sbarba am 21.05.2020). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. zusätzlich zum Neukauf auch die Reparatur von Fahrrädern und den Gebrauchtkauf zu fördern; 2. einen Sonderbeitrag für die Umrüstung von Fahrrädern zu E-Bikes und Cargo-Bikes vorzusehen, der mit anderen Beiträgen kumulierbar ist; 3. ein Projekt zu einem professionellen Fußverkehrs-Check in Zusammenarbeit mit Pilotgemeinden durchzuführen; 4. ebenfalls zusammen mit Pilotgemeinden, die sich dazu bereit erklären, die Einführung von Rad- und Fußgängerstraßen zu erproben.
LR Alfreider habe in Diskussionen über die Mobilität nach der Krise immer betont, dass das Fahrrad Priorität habe, stellte Brigitte Foppa (Grüne) fest, das sei aber bei der Mehrheit leider nicht angekommen – daher habe man Alfreiders E-Bike-Förderung aus dem Gesetz gestrichen. Nachrüsten auf E-Mobilität sei sinnvoll, aber Wiederverwenden sei ökologisch nachhaltiger. Das umweltfreundlichste Verkehrsmittel seien die eigenen Füße, aber die würden buchstäblich an den Rand gedrängt, zum Beispiel durch enge Gehsteige.
Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) wollte das Fahrrad auch aus der Sicht der Frau betrachten. Fahrrad- und Fußwege seien für Frauen nachts oft eine Gefahr. Dies sollte beim Wegenetz berücksichtigt werden, damit es auch innerhalb der Städte sicher verwendet werden könne, nicht nur in der Freizeit, sondern auch für Einkäufe oder Amtsgänge.
Josef Unterholzner (Team K) freute sich, dass die Mehrheit die E-Bike-Förderung auf seine Initiative gestrichen habe. E-Bikes seien im Boom und bräuchten keine Förderung, man könne das Geld sinnvoller ausgeben. Er sei dafür, das Wegenetz so zu gestalten, dass Radfahren attraktiver wird. Die Punkte 3 und 4 des Antrags könne er unterstützen.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) hoffte auf Zustimmung durch den Mobilitätslandesrat. Bozen investiere derzeit viel in die Radwege. Wenn man Bewegungen von Leifers oder Eppan nach Bozen sehe, müsse man eine Unterstützung der Radmobilität befürworten. Er würde es nicht verstehen, wenn ein solcher Vorstoß auch heute abgelehnt würde.
Nun habe man wieder gleich viel Verkehr wie vor dem Lockdown, wenn nicht mehr, bemerkte Riccardo Dello Sbarba (Grüne). Dieser Antrag sehe nicht die Unterstützung für den Ankauf, sondern für die Aufrüstung zum E-Bike vor. Heute trete das neue Urbanistikgesetz in Kraft. Eines seiner Ziele sei die nachhaltige Mobilität, mit mehr und breiteren Fuß- und Fahrradwegen und weniger Platz für die Autos.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) fand es richtig, Fahrrädern und Fußgängern gute Wege zu bieten, nicht aber, die Autos zu behindern. Lese man die Prämissen des Antrags, so sei dies aber das Ziel. Die Punkte 1 und 2 im beschließenden Teil könne er aber mittragen.
Die Debatte wird morgen fortgesetzt.