Von: luk
Bozen – Landeshauptmann Arno Kompatscher hat heute die Abgeordneten über die aktuelle Corona-Situation und über die geplanten Maßnahmen unterrichtet.
Kompatscher freute sich über die große Beteiligung der Bevölkerung, über 350.000 Tests, und sprach allen Beteiligten seinen Dank für die Organisation aus. Der größte Dank gelte der Bevölkerung, die Bürger hätten gespürt, dass sie einen Beitrag leisten könnten. Ein Prozent Positive sei ein Ergebnis, das man sich habe erwarten können, wenn man auf andere Massentests wie in der Slowakei schau. Durch diese Aktion habe man 3000 Asymptomatische isolieren können und zehntausende Neuinfektionen verhindern. Ein Antigentest dieser Art sei aber nicht hundertprozentig, rund 30 Prozent würden nicht identifiziert. Es sei also noch mit geschätzten 1500 unerkannten Infizierten im Lande zu rechnen. Gerade deshalb seien die AHA-Regeln in diesen Tagen wichtig. Dieses Screening und die Schutzmaßnahmen der letzten Wochen würden nun eine schrittweise Öffnung erlauben. Der RT-Wert sei von zeitweise 1,9 stark gesunken. Viele müssten aber noch im Krankenhaus behandelt werden und viele in der Intensivstation. Auch die Zahl der Todesopfer sei noch hoch, diese Zahl werde als letzte sinken. Der Druck auf die Hospitalisierung müsste in den nächsten Tagen nachlassen. Bei den PCR-Tests sei die Positivenrate sehr hoch gewesen, aber das lasse sich damit er klären, dass es sich vor allem um Folgetests nach Antigentests hanelte. LH Kompatscher deutete kurz an, was nun geplant sei. Man wolle die Antigentests immer mehr als Testinstrument etablieren. Man habe 300.000 vorrätig, und weitere kämen nach. Man werde spezifischer testen, lokal und auf Gruppen bezogen, z.B. Schulen. Südtirol sei bis 3. Dezember vom Staat als rote Zone eingestuft. Mit 4. Dezember sollten sich auch die Einstufungskriterien für die Regionen ändern. Südtirol haber strengere Bestimmungen als die staatlichen roten Zonen, bei Läden, Märkten, Friseuren, Schulen usw. Bis zum 3. Dezember werde man diese strengeren Landesregelungen zurücknehmen, man prüfe, ob man ab dem 30. November noch zusätzlich etwas zurücknehmen könne. Ab dem 4. Dezember werde man den staatlichen Regelungen folgen, mit einigen Anpassungen. Dann sollte der Handel wieder geöffnet sein, die Bars und Restaurants zumindest bis 18.00 Uhr, ebenso die Mittelschulen, Sport sei wieder möglich. Man werde dazu die Expertenkommission des Landes anhören, weniger zu den einzelnen Maßnahmen als zur Verlässlichkeit der Prognose. Es habe sich bewährt, Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei der Risikobewertung in die Pflicht zu nehmen. Es mache Sinn, wenn sich alle im Betrieb regelmäßig testen ließen. Zum Tourismus sei europaweit eine Debatte im Gang. Es habe dazu eine Aussprache zwischen Conte Macron und Merkel gegeben, auch zwischen Kurz und Merkel. Man wolle verhindern, dass hier eine Öffnung zur nächsten Welle führt. Die Frage, ob es einen Wintertourismus geben werde, betreffe alle Wintersportregionen. Man sei gespannt auf das internationale Abkommen, denn die Betriebe bräuchten Planungssicherheit. Die Öffnung der Hotels hänge von der Reisefreiheit ab, die Aufstiegsanlagen würden auch von Einheimischen genutzt. Gemeinsam mit den Kollegen der anderen Regionen habe er eine dringliche Aussprache mit der Regierung gefordert. Es werde im Tourismus keinen Ausfallersatz wie in anderen Branchen geben, dafür würde es hunderte Milliarden brauchen.
Anschließend nutzten die Abgeordneten die Gelegenheit zu Detailfragen. Dabei gab es auch Lob für die Organisation des Testwochenendes und Dank für die freiwilligen Helfer.
Helmut Tauber fragte, ob es im Wintertourismus einen autonomen Weg geben könne und was sich für eine Reiseregelung für Deutschland und Österreich abzeichne. Franz Locher fragte, ob auch die Oberschule wieder öffnen werde und ob Bauernmärkte wieder zugelassen würden. Brigitte Foppa fragte nach der Evaluierung der Tests und ob die problematischen Standards für den Tourismus aufrecht blieben. Jasmin Ladurner fragte nach Details für die Wiedereröffnung im Tourismus. Andreas Leiter Reber fragte, ob auch die Landesregierung die flächendeckenden Test als Alternative zu einem weiteren Lockdown bzw. zu anderen staatlichen Bestimmungen sehe. Paul Köllensperger fragte nach der weiteren Teststrategie, flächendeckend oder gruppenspezifisch. Diego Nicolini sah den autonomen Südtiroler Weg als Grund für die höchsten Zahlen im Staat. Das Trentino habe die staatlichen Regeln übernommen und stehe jetzt besser da. Alessandro Urzì warnte vor frühzeitigen Öffnungen, sah die Warnung des Landeshauptmanns vor 93.000 Infektionen in einer Woche als übertrieben und kritisierte, das das Land keine Unterstützungsmöglichkeiten für die Unternehmen in der zweite Welle habe. Josef Unterholzner fragte, was Kompatscher unter dem Befreiungsschlag verstehe: 30, 60, 100 Prozent Lockerung? Er fragte auch nach den Kriterien für die Lockerung. Sven Knoll fragte, ob es sinnvoll wäre, den 3000 Infizierten vom Wochenende einen PCR-Test anzubieten oder wie im Frühjahr einen Zufallstest mit PCR durchzuführen, um einen Vergleichswert zu haben. Er fragte auch, ob Südtirol die orange Zone überspringen werde und wie das mit den Familientreffen gehandhabt werde. Peter Faistnauer fragte, ob man die Touristenbusse für den Schülertransport einsetzen wolle, und wies auf die erfolgten Öffnungen der Skigebiete in der Schweiz und die geplanten in Österreich hin. Sandro Repetto sah nach dem erfolgreichen Test einen Strategiewechsel bei den Nachfolgetests notwendig, diese seien zu verstärken. Maria Elisabeth Rieder fragte, ob es Gespräche zwischen Sanitätsspitze und Skiliftbetreibern gebe; Wintersport bringe auch Unfälle mit sich. Gerhard Lanz fragte, ob man in den Betrieben die Sicherheitsprotokolle anpassen werde, damit regelmäßige Tests durchgeführt werden können. Verschiedene Öffnungen würden zusätzliche Risiken mit sich bringen, und das brauche eine möglichst breit mitgetragene Strategie. Ulli Mair fragte, ob die Landesregierung die Testreihe als Alternative zu einem dritten Lockdown sehe und wie sich die Sanität auf die Zeit nach Corona vorbereite, um die verschobenen Operationen nachzuholen.
LH Arno Kompatscher ging in seiner Antwort auf die verschiedenen Fragen ein. Mit der Oberschule sei viel Mobilität verbunden, außerdem gehe es um eine kontaktfreudige Gruppe. Die Bauernmärkte seien ab Montag offen. Das Testpersonal sei eigens für die Testreihe am Wochenende von Experten eingeschult worden. In einigen Bereichen werde es weiterhin Einschränkungen geben, etwa bei Familientreffen, Diskotheken, Veranstaltungen. Prioritär sei die Öffnung der Betriebe, denn der Staat könne den Ausfall nicht decken. Für den Wintertourismus werde es eigene Sicherheitsstandards geben. Einen Lockdown habe man im Frühjahr gehabt, dieser halbe Lockdown müsste bis in den nächsten Frühjahr dauern, wenn man den flächendeckenden Test nicht durchgeführt hätte – dieser Test sei eine Verstärkung, nicht eine Alternative. Bei den Maßnahmen gehe es nicht so sehr um die eigene Zuständigkeit, sondern um die Zahlen, auf die man reagieren müsse. Die orange Zone werde Südtirol überspringen, weil die Zahlen es hergäben. Zur Öffnung in Österreich sei noch nichts fix. Lebenspartner könnten sich besuchen, aber wenn es dafür über die Grenze gehe, brauche es eine staatliche Regelung. Es scheine so, als ob alle Staaten die großen Familienzusammenkünfte vermeiden wollten. Wenn die Schweiz nicht mitmache, würden eventuell die Grenzen zur Schweiz geschlossen. Ein PCR-Nachtest zum Screening sei nicht notwendig, da Positive nach zehn Tagen die Wohnung ohne Test verlassen könnten. Die Antigentests seien nicht unsicher, sie würden eine Infektion aber nur zu einem gewissen Zeitpunkt erfassen. Auch das Trentino nehme einen Antigentest vor, teste aber erst nach zwölf Tagen mit PCR nach – mit dem Ergebnis, das die meisten negativ seien. Das erste Ziel des Screening sei erreicht, das Contact-Tracing sei wieder möglich. Man habe im Frühjahr früher aufgemacht, weil die Zahlen es erlaubt hätten, und man habe im Sommer dann keine Belastung der Krankenhäuser gehabt. Andererseits habe man noch nie so viele Nächtigungen im August gehabt wie dieses Jahr. Südtirol sei ein Transitland und ein Land mit extrem viel Bewegung im Lande. Mit dem Screening sei die Epidemie nicht vorbei, daher mache man die Öffnung Schritt für Schritt. Die 90.000 Infizierten in einer Woche seien ein Rechenfehler, man komme bei der richtigen Berechnung dennoch auf Zehntausende. Was die UNterstützungszahlungen betreffe, so denke der Staat bereits an das fünfte Dekret im Jänner. Südtirol werde diese Maßnahmen abwarten, um zu wissen, was noch zu tun sei. Südtirol verhandle auch mit der Regierung, mehr Schulden aufnehmen zu dürfen. Die derzeitige Schuldengrenze sei absurd, denn sie sei an der bisherigen Schuldenlast bemessen. 3.500 Positive seien nicht wenig, die Zahl sei nicht mit jener der PCR-Tests zu vergleichen. Es sei nicht notwendig, die Antigentests mit PCR nachzuprüfen, sie seien mehrfach bestätigt. Es gebe ein Sicherheitskonzept für Skigebiete und Hotels. Das Land habe eine Teststrategie für die Zukunft, sie werde am Donnerstag vorgestellt. Ob eine dritte Welle verhinderbar sei, wisse niemand. Sie so flach wie möglich zu halten, sei das Ziel von Schutzmaßnahmen und Screenings.
Im Frühjahr habe man rund 100 Mio. an Betriebe bis 5 Mitarbeiter ausbezahlt, erklärte LR Philipp Achammer, weitere Zahlungen erfolgten an besondere Sektoren. Man wolle weiterhin zielgerichtet auszahlen, nicht flächendeckend. 80 Prozent des Umsatzes seien unrealistisch, aber man werde schauen, was vom Staat abgedeckt werde und wo man ergänzen müsse. Man wolle den Haushalt mit zusätzlichen Mitteln aufstocken, aber dazu müsse man Kredit aufnehmen.
Die frühe Öffnung vom Mai könne nicht schuld an der derzeitigen Entwicklung haben, betonte LR Arnold Schuler. Man müsse sich jetzt bewusst sein, dass die Situation es noch nicht erlaube, auf “normal” zurückzugehen. Im Tourismusbereich gebe es noch viele offene Fragen. Der Wintertourismus habe lange Vorlaufzeiten. Entscheiden werde auch sein, was die Nachbarländer festlegen. Die Sicherheitsprotokolle für den Wintertourismus seien ausgearbeitet worden, gemeinsam mit anderen Regionen.
LR Thomas Widmann berichtete, dass sich mittlerweile 353.000 testen hätten lassen, mehr als 80 Prozent jener, die für den Test in Frage kamen. Man habe eine gute Fotografie der Situation, aber es sei nur eine Momentaufnahme. Am Donnerstag werde man die neue Teststrategie bekannt geben. Bei allen neuen Herden wolle man rasch das Umfeld testen. Ebenfalls wolle man das Lehrpersonal testen. Es würden auch mobile Einsatztruppen eingerichtet, die bis zu 500 Tests machen könnten, und man werde die Apotheken einbinden. Nicht zu vergessen: Einige große Betriebe hätten selbständig Tests durchgeführt, dass wolle man weiter propagieren. In allen Bezirkslabors und in Bozen habe man Schnell-PCR-Labors eingerichtet. Es seien nun 600.000 Testkits gekommen, weitere 1,2 Mio. habe man bestellt. Wichtiger sei aber, dass die Bevölkerung die Regeln einhalte. Eine dritte Welle sei nicht verhinderbar, wenn man weiter private Feiern usw. abhalte. In Südtirol würden die Tests am Anfang der Infektion durchgeführt, und das ermögliche das Tracing. Das Trentino und Tirol hätten ungefähr die gleichen Daten, aber durch die späteren Test gebe es nicht so viele Positive.