Von: mk
Bozen – Der Südtiroler Landtag hat sich heute mit dem Beschlussantrag Nr. 183/19: Dorfgasthäuser erhalten und beleben (eingebracht vom Abg. Tauber am 10.10.2019) befasst; der Landtag möge die Landesregierung beauftragen, in Zusammenarbeit mit Interessensvertretern eine zielgerichtete Sonderbestimmung auszuarbeiten und einzuführen, die eine Unterstützung für kleine Dorfgasthäuser und Dorfbars vorsieht.
“Mit jedem Dorfgasthaus, das schließt, geht ein Stück Tradition verloren”, betonte Helmut Tauber (SVP). “Mit jeder Dorfbar, die schließt, verringert sich die gastronomische Vielfalt in unserem Land. Das Dorf verliert seinen gesellschaftlichen Mittelpunkt. Doch damit nicht genug: Wenn es im Dorf kein Gasthaus mehr gibt, sind auch andere Betriebe wie Metzgereien, Bäckereien usw. in ihrer Existenz bedroht. Um die Revitalisierung und Aufrechterhaltung von kleinen Dorfgasthäuser und Dorfbars zu unterstützen, bedarf es, ähnlich wie für den Handel, Sondermaßnahmen zugunsten der gastgewerblichen Nahversorgung zu treffen. Tirol hat es uns vorgemacht: Am 2. Oktober hat die Tiroler Landesregierung beschlossen, dem Wirtshaussterben vehement entgegenzutreten. Dazu wurde ein Maßnahmenpaket beschlossen, welches unter anderem eine Prämie für Wirtshausübernehmer sowie ein Direktdarlehen für Kleinstunternehmer vorsieht.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) unterstützte den Vorschlag, bemängelte aber, dass er auf den ländlichen Raum beschränkt sei. Auch in der Stadt seien kleine Gasthäuser und Läden in Schwierigkeiten, und auch hier sei eine Schließung ein Eingriff in das soziale Gefüge.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) sah ebenfalls eine Diskriminierung, wenn nur die Dörfer berücksichtigt würden. Die Handelszentren und Supermärkte seien für die kleinen Läden eine Belastung.
Franz Ploner (Team K) fragte, ob die Dorfgasthäuser schließen müssten, weil zu wenig Gäste kämen oder weil sie inzwischen zu viel Konkurrenz durch immer größere Gastbetriebe hätten. Man dürfe außerdem nicht nur an die Dorfgasthäuser denken, auch die kleinen Läden, Metzgereien hätten Schwierigkeiten. Die mit öffentlichen Geldern verteilten kleinen Tropfen würden gleich verdampfen. Die Dorfgasthäuser sollten auch in ihrer Berufsvereinigung mehr gehört werden. Zusammen sollten sie ein zukunftsfähiges Konzept erarbeiten.
Alex Ploner (Team K) meinte, Unternehmer müssten immer überlegen, ob ihr Angebot noch stimme – das gelte auch für die Dorfgasthäuser. Irische Pubs z.B. seien sehr kreativ, um Gäste anzuziehen, vor allem durch Musik. Wenn unsere Gasthäuser so unbürokratisch vorgehen könnten, würden sie leichter Gäste finden.
Brigitte Foppa (Grüne) erinnerte an die Wort-Cafés in der Weiterbildung, die viel Erfolg hätten, weil eben die Bar-Atmosphäre beliebt sei. In Bozen sei ein neues Viertel ohne Bar und Laden entstanden, und das sei von den Bewohnern sofort bemängelt worden. Daher sollte man auch die Stadtviertel in diesen Antrag mit einbeziehen.
Es gebe bereits eine solche Förderschiene, gab Paul Köllensperger (Team K) zu bedenken. Ein ähnlicher Antrag von Team K sei übrigens von der Mehrheit abgelehnt worden.
Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) erinnerte an die Schwierigkeiten, bis man sich auf die Auszeichnung des typischen Südtiroler Gasthauses einigen konnte. Der Antrag nenne keine Details, wie man die Dorfgasthäuser fördern wolle. Ihr größtes Problem sei der Fachkräftemangel, ebenso die Steuerlast.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) schloss sich der Frage nach Details an. Heute besuchten weniger Leute die Dorfgasthäuser als früher. Das hänge auch damit zusammen, dass viele auswärts günstiger einkaufen. Dem könne man auch nicht mit Musik und Tanz begegnen.
Zur Wohn- und Lebensqualität gehörten gewisse Standards, die sich die Leute erwarteten, meinte LR Arnold Schuler, sonst wanderten sie ab. Dazu gehöre auch ein Gasthaus, eine Möglichkeit zur Geselligkeit. In Südtirol habe man diesbezüglich noch ein hohes Niveau, anders als in Tirol oder in Norditalien. Hier gebe es noch in allen Dörfern ein Geschäft. Man dürfe aber nicht alles regeln wollen und das marktwirtschaftliche Prinzip außer Acht lassen. In der Stadt gebe es andere Voraussetzungen als am Land, wo oft die kritische Masse fehle. In der Stadt seien oft die Anrainer das Problem für die Lokale, da es Proteste wegen der Lautstärke gebe. Bei der Nahversorgung brauche es auch Maßnahmen für die Stadtviertel, aber mit anderen Strategien.
Helmut Tauber zeigte Verständnis für die Situation in den Städten, wo die Betriebe fast täglich mit Protesten und Anzeigen konfrontiert seien. Die Verbände täten viel, um die kleinen Betriebe zu unterstützen, durch Initiativen, Beratung, Motivation der Mitarbeiter. Sein Antrag wolle jenen Betrieben helfen, die an der Schwelle zum Zusperren seien. Das Gesamtproblem löse man damit nicht. Ihm schwebten kleine Summen vor, die gezielt eingesetzt würden. Einen Änderungsantrag zur Einbindung der Stadtviertel nahm Tauber nicht an. Der Antrag wurde mit 20 Ja, neun Nein und drei Enthaltungen angenommen.