Wird eine Entnahme von Wölfen in Zukunft möglich sein?

Landtag zieht Wolfsgesetz vor

Donnerstag, 08. Juni 2023 | 17:29 Uhr
Update

Von: mk

Bozen – Der Landtag hat heute damit begonnen, das SVP-Gesetz zum Umgang mit Wölfen zu behandeln. Es sieht vor, dass der Landeshauptmann die Möglichkeit bekommt, in bestimmten Fällen eine Entnahme von Wölfen zu ermöglichen. Die Opposition hatte im Vorfeld kritisiert, dass es die SVP plötzlich eilig mit dem neuen Gesetz habe und es unbedingt noch in dieser Amtsperiode durchdrücken wolle. Es bleibe kaum Zeit, den Entwurf für das Gesetz zu studieren.

Nachdem die SVP gestern das Vorziehen des Landesgesetzentwurf Nr. 143/23 Weideschutzgebiete und Maßnahmen zur Entnahme von Wölfen (vorgelegt von den Abgeordneten J. Noggler, A. Schuler, F. Locher und M. Vallazza; ursprünglicher Titel: „Weideschutzgebiete und Maßnahmen zur Entnahme von Wölfen und Schutz der Art vor Hybridisierung“) beantragt hatte, wurde über diesen Antrag abgestimmt; er erhielt die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit der Abstimmenden, sodass der LGE Nr. 143/23 vorgezogen werden konnte.

Im Begleitbericht des Gesetzentwurfs der Einbringer heißt es u.a.: Das Landesgesetz Nr.11/2018 hat der Autonomen Provinz Bozen die Zuständigkeit bei der Umsetzung der Maßnahmen nach Artikel 16 der Richtlinie 92/43 EWG zugesprochen. Demnach könne der Landeshauptmann, nach Einholen des Gutachtens der Höheren Anstalt für Umweltschutz und Forschung (ISPRA), beschränkt auf die Tierarten Ursus arctos und Canis lupus, Maßnahmen zum Fangen oder zum Töten von Exemplaren dieser Arten ermächtigen, falls dies mangels anderer Lösungen für notwendig erachtet wird und vorausgesetzt, dass der Bestand der Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet dadurch nicht beeinträchtigt wird. Ziel dieser Maßnahmen sei der Schutz der charakteristischen wilden Tier- und Pflanzenarten der Almen, die Erhaltung der natürlichen Lebensräume, die Verhütung schwerer Schäden, insbesondere an Kulturen und im Rahmen der Tierhaltung, an Wäldern, Fischgründen und Gewässern sowie am Eigentum, sowohl im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit als auch aus anderen triftigen Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich sozialer und wirtschaftlicher Interessen, oder Interessen im Sinne grundlegender positiver Auswirkungen auf die Umwelt. „Der Verfassungsgerichtshof hat mit Urteil vom 15. Juli 2019, Nr. 215, die Verfassungsbeschwerde des Artikels 1 des Landesgesetzes vom 16. Juli 2018, Nr. 11 für unbegründet erklärt. Zusätzlich werden Maßnahmen zum Schutz der Art Canis lupus vor Hybridisierung ermöglicht“, heißt es im Begleitbericht weiter. „Mit diesem Gesetz werden genaue Bestimmungen erlassen, wie das Landesgesetz Nr. 11/2018 umgesetzt wird.“

Ersteinbringer Josef Noggler (SVP) erklärte, dass der Gesetzentwurf in 13 Artikel gegliedert sei. Gegenstand und Ziel seien die Regelung der Ausweisung von Weideschutzgebieten – vor allem von Almen -, der Möglichkeiten der Entnahme und der Erlass der Möglichkeiten zu vorbeugenden Maßnahmen. Im Folgenden illustrierte der die Inhalte aller Artikel kurz.

Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) merkte an, dass er bereits im Ausschuss auf einige Unklarheiten bezüglich der Durchführungsbestimmungen hingewiesen habe und sich dort deshalb der Stimme enthalten habe. Im Ausschuss habe es aber geheißen, dass man die Punkte klären wolle und diese Klärungen vor der Behandlung des Gesetzentwurfs im Plenum mitteilen. Dies sei nicht geschehen.

Josef Noggler (SVP) antwortete, er könnte diesbezüglich zwar Auskunft geben, doch der Landesrat werde in seiner Stellungnahme Genaueres sagen.

In der Generaldebatte ergriff Riccardo Dello Sbarba (Grüne) als erster Abgeordneter das Wort: Es gebe Besorgnis in der Bevölkerung, bei Landwirten und Züchtern: Über eine mögliche Verstärkung der Ängste durch die Medien wollte er hier nun nicht diskutieren, er sei aber der Meinung, dass das Thema für den Verkauf gut sei. Die Besorgnis gehe einher mit einem Gefühl der politischen Umzingelung des Themas: Landwirte und Presse machten Druck, der Wahlkampf stehe vor der Tür, und er verstehe, dass versucht werde, darauf zu reagieren. Das aggressivste Tier auf der Erde sei der Mensch – der mit anderen Tierarten zusammenleben müsse, die genauso aggressiv sein könnten, wenn es notwendig sei. Das Ziel sei das Zusammenleben aller Tierarten. Dabei sei die Entnahme von Tieren, die als Problemtiere festgemacht würden, eng verbunden mit dem Akzeptieren, dass die Natur rund um den Menschen präsent sei. Ein wolffreies Südtirol aber sei nicht möglich. Doch die Entnahme sei ein Kompromiss, den auch die Grünen inzwischen akzeptieren würden. Er habe im Ausschuss für einige Artikel gestimmt, etwa für den Managementplan, der eigentlich ein alter Vorschlag der Grünen gewesen sei, er habe dazu 2014 zwei Beschlussanträge eingereicht. 2014 habe es keinen Wolf in Südtirol gegeben, das sei die Antwort zu den Beschlussanträgen gewesen. Er glaube, dass das vorliegende kein ernsthaftes Gesetz sein könne, sondern wegen der anstehenden Wahlen gemacht worden sei. Die erste Entnahmeverordnung des LH werde angefochten werden und “ihr werdet verlieren”. Der Gesetzentwurf sei nicht anwendbar. Was besagen die europäischen und staatlichen Normen? Man kann problematische Tiere entnehmen, unter bestimmten Voraussetzungen; entnommen werden dürften nur jene Tiere, die wirklich problematisch seien, diese müssten auch genau identifiziert werden. Das Problem der Prävention solle mit dem LGE übergangen werden, etwa dass in Südtirol die Almen nicht mit Elektrozäunen geschützt werden könnten. Damit soll auf die ersten Wölfe, denen man in der betroffenen Zone begegne, geschossen werden. Doch dies sei aufgrund der geltenden Schutzbestimmungen nicht möglich. Denn an Ispra führe kein Weg vorbei. Man müsste dazu die staatlichen und europäischen Vorgaben ändern. Der Gesetzentwurf sei utopisch, ein Wahlversprechen, eine Möglichkeit, abzuwarten und Konsens zu erhalten und die Polemiken zu stoppen. Dasselbe sei im Juli 2018 schon einmal mit einem Gesetz vor den Wahlen geschehen. Das Problem müsse zweifellos gelöst werden, aber man dürfe der Bevölkerung keine falschen Hoffnungen machen.

Man habe mit dem Gesetz von 2018 gehofft, das Problem in den Griff zu bekommen, so Franz Locher (SVP), Miteinbringer des LGE. Mit dem nun vorliegenden Entwurf wolle man die Schafe und Nutztiere schützen. Das landwirtschaftliche System im Land werde aus historischen Gründen und aus Leidenschaft der Bauern weitergezogen, nicht aus wirtschaftlichen Gründen. Er wolle noch einmal an das Modell Schweden erinnern, auch Schweden sei ein Land der EU, dort sei die Anzahl der Wölfe von 300 auf 150 zurückgegangen. Er wolle betonen, dass auch er selbst bei diesem LGE nicht an ein wolffreies Südtirol glaube oder denke. Man habe lange nicht geglaubt, dass ein Bär einen Menschen töten könne, wie es dann aber im Trentino geschehen sei. Es sei zwar unwahrscheinlich, dass ein Wolf einen Menschen angreife, doch er greife Nutztiere an. Bei der Ispra komme man nicht weiter, das sei typisch Italien. Die einzige Chance und Möglichkeit sei eine eigene Regelung durch Landesgesetz. Es wäre sicher besser gewesen, wenn ein solches bereits vor zwei Jahren verabschiedet worden wäre, doch besser jetzt als noch später. Es gehe auch darum, die Almwirtschaft zu retten; diese seien nicht nur Naherholungsgebiet für die Südtiroler, sondern auch Ziel für zahlreiche Gäste. Es gebe absoluten Handlungsbedarf, alle Kräfte müssten mobilisiert werden. Es gelte ein Zeichen zu geben und zu zeigen, dass man hinter der Landwirtschaft im Land stehe. Auch wenn man die Gesetze wohl nicht auf seiner Seite habe, ebenso wenig die Ispra und das Umweltministerium.

Marco Galateo (Fratelli d’Italia) bemerkte, dass man in Italienisch “in bocca al lupo” sage, wenn man jemandem Glück wünschen wolle. Die Antwort sei “crepa il lupo”, doch immer mehr antworteten mit “viva il lupo”, um daran zu erinnern, dass die Wölfin ihre Jungen im Maul trägt, in Sicherheit. Es handelt sich um eine Art Vermenschlichung des Tieres, das es schwierig macht, objektive Entscheidungen zu treffen. Er sei für den Wolf, dafür dass man ihn schützen müsse – deshalb sei er für den LGE, denn man müsse den Wolf als Ganzes schützen, nicht einzelne Tiere. Er habe viele Interviews gelesen, von Menschen aus der Stadt, die sagten, ihr müsst neben dem Wolf leben – aber diese Menschen wissen über das Leben am Land nicht Bescheid, wie die Menschen dort leben und arbeiten. Es sei eine falsche Darstellung der heimischen Landwirte, wenn man sie als Menschen darstelle, die die Wölfe aus Spaß töten. Man sollte es den landwirtschaftlichen Betrieben ermöglichen, einige Wolfsexemplare zu entnehmen, dort wo sich diese zu nahe an die bewohnten Gebiete wagten. Die Gesetze, die den Wolf beschützen, seien in Zeiten verabschiedet worden, als der Wolf tatsächlich noch bedroht gewesen sei – doch die Zeiten hätten sich verändert.

Der LGE, so Peter Faistnauer (Perspektiven Für Südtirol), habe es im Rekordtempo ins Plenum geschafft. Er frage sich, warum er nicht schon früher gekommen sei – das fragten ihn auch Landwirte. Die Bäuerinnen und Bauern sehen dieses Wahlkampfmanöver als billig an, sie verstehen nicht, warum vier Jahre nichts getan wurde. Die Arbeitsweise bei der Einbringung des Gesetzentwurfes sei eklatant, Beamte seien am Vormittag darüber informiert worden, dass sie am Nachmittag dazu im Ausschuss arbeiten müssten. Nicht einmal Amtsdirektoren verständen bestimmte Formulierungen im LGE? Und wo seien die Durchführungsverordnungen? Sind die schon geschrieben? Das sei die Arbeitsweise der Landesregierung. In Tirol und Kärnten sei es seit einigen Monaten erlaubt, Problemwölfe zu entnehmen, in Tirol sei bis dato keiner entnommen worden, in Kärnten fünf oder sechs. Als Grund dafür sei genannt worden, dass die Arbeitsintensität in Tirol hoch sei, die Leute nicht Zeit hätten, Wölfe zu schießen, in Kärnten dagegen sei die Arbeitslosigkeit hoch. Wenn das tatsächlich so sei, dann werde wohl auch in Südtirol nichts mit den Entnahmen. Bis es zur Umsetzung des Gesetzentwurfes komme werde die Weidezeit 2023 wieder vorbei sein, doch im Oktober seien Wahlen – und “schauen wir mal, was 2024 passiert?”

Man habe Wahlzeit – doch man solle der SVP kein Wort von dem glauben, was sie erzählte, so Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Die Verantwortung werde auf andere abgeschoben, man wolle keine Verantwortung übernehmen und nichts selbst machen. Als ob es nicht unsere Wälder, unsere Berge und unsere Bauern wären. Laut Gesetzentwurf sollen Weideschutzgebiete gemacht werden; das klinge im ersten Moment gut, doch es handle sich dabei nicht um zusammenhängende Gebiete. Im Detail liege der Teufel, auch wenn es um die Streifgebiete gehe; ein solches umfasse bis zu 70 Kilometer und mehr. Doch wenn ein Wolf Tiere in seiner Heimatgemeinde Schenna auf der Streitweider Alm reiße und am nächsten Tag nach Sterzing weitergezogen sei, wie wisse der Jäger in Sterzing, dass der Wolf vor ihm am Tag zuvor in Schenna Tiere gerissen habe – dies zeige, dass die praktische Umsetzung des Gesetzes nicht möglich sei. Mit dem vorliegenden LGE würden auch die Jäger allein gelassen. Irgendwann werde auch die Bild-Zeitung fragen, ob man in Südtirol noch Urlaub machen könne, weil dort – ob der untätigen Landesregierung – Bär und Wolf durch die Gegend streifen. Er erinnerte an einen Dreier-Landtag vor einigen Jahren, als ein Antrag zu den großen Beutegreifern behandelt wurde. Doch der LH bevorzuge es, nach Rom zu verweisen, anstatt sich für Südtirol einzusetzen. Aber der LH habe für die Sicherheit im Land zu sorgen – der Minister in Rom übernehme nicht die Verantwortung, wenn in Südtirol etwas passiere. Das Gesetz sei ein reines Placebo-Gesetz, das keinem einzigen Bauern etwas bringen werde. Er sei nicht dagegen, dass die Thematik geregelt werde; doch dieses Gesetz täusche die Menschen. Die Folge werde sein, dass auch in diesem Jahr auf den Almen wieder Tiere gerissen werden. Dabei gäbe es in diesem Landtag eine große Mehrheit für ein Gesetz mit Hand und Fuß.

Das “Wahlhorn” werde gewaltig geblasen, schickte Helmut Tauber (SVP) voraus. Er wolle in Erinnerung rufen und der Landesregierung ein Kompliment aussprechen, dass sie den Landwirten unter die Arme greifen wolle, die nicht in der Lage wären, den Herdenschutz zu gewährleisten. Südtirol sei eine andere Konstellation als andere Regionen und Provinzen. Man habe das Glück, dass man in einem Land lebe, wo Menschen in der Landwirtschaft mit viel Fleiß aktiv seien. Die Konstellation Tourismus/Landwirtschaft trage dazu bei, die Abwanderung zu beschränken. Das Großraubtiere hätten hier keinen Platz. Es brauche Sicherheit für die Gesellschaft und Rechtssicherheit, nicht das famose SSS – Schauen, Schießen, Schaufeln. Er hoffe, dass der Gesetzentwurf positiv abgestimmt werde.

Es sei interessant, der Entstehungsgeschichte des LGE zu folgen, meinte Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten). Er habe sich im Ausschuss der Stimme enthalten, weil einige Aspekte mangelhaft seien. Die Inhalte des Gesetzes könne er unterstützen: Die Landwirte und Hirten müssten die Möglichkeit haben, ihre Tiere zu schützen. In Artikel 2 dieses Gesetzes gehe es um die Herdenschutzmaßnahmen, die unter bestimmten Voraussetzungen nicht “zumutbar” seien. Doch was bedeute dies? Der LGE werde eine große Mehrheit finden. Tatsache sei, dass man in den Berggebieten ein Problem habe und dieses gelöst werden müsse. In der letzten Fraktionssprechersitzung habe die SVP-Fraktionsvorsitzende gesagt, das Wolfsgesetz werde erst im Juli behandelt, nun wollte man es bereits heute behandelt – er frage sich weshalb? Dennoch werde er für den Vorschlag stimmen, denn das Gesetz sei ein Zeichen, wenn es auch ein Wahlkampfgesetz sei – ethisch betrachtet sei dies nicht korrekt. Das Gesetz werde von Rom sicherlich angefochten werden. Die Natur könne von niemandem kontrolliert werden; am Berg gebe es immer gewisse Gefahren.

Hanspeter Staffler (Grüne) erklärte, er sei überzeugt davon, dass der Gesetzentwurf nicht den gewünschten Effekt haben werde – und womöglich sogar den gegenteiligen. Man müsse sich fragen, weshalb sich die Wolfspopulation in Europa überhaupt ausgebreitet habe: Der Wolf habe einen hohen Schutzstatus, aber auch das Phänomen der Landflucht habe dazu beigetragen; in Südtirol gebe es zwar keine Landflucht, doch habe es in den vergangenen 100 Jahren eine positive Waldentwicklung gegeben. Dies habe zur Wolfsentwicklung im und um das Land herum beigetragen. Der Druck auf den Wald sei vor 150 Jahren im gesamten Alpenraum sehr groß gewesen. Viele Wildarten seien praktisch ausgestorben gewesen, weil nichts gejagt worden sei. Das habe sich durch die positive Waldentwicklung geändert. Nun seien auch die Beutetiere für den Wolf wieder da, der sich zum größten Teil von Wildtieren ernähre, doch mitunter auch von ungeschützten Weidetieren. Man habe rund um Südtirol herum Wölfe, in der Schweiz, im Trentino, im Belluno, und diese Wölfe würden auch immer wieder nach Südtirol kommen, weil sie von den Wildtieren im Land angezogen würden. Deshalb sei ein wolffreies Südtirol nicht möglich. Wenn eine gewisse Anzahl von Wölfen da sei, brauche es Wolfsmanagement – dafür seien auch die Grünen. Auch ein regulierender Eingriff in die Population sei wichtig, wenn diese zunehme, doch aufgrund der derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen sei dies nicht möglich. In der gesamten Problematik gehe es nun um eine Risikobetrachtung: das Gefahrenpotenzial, das vom Wolf ausgehe, das Schadenspotenzial seien die Herden. Wenn beide Potenziale aufeinandertreffen, müsse reagiert werden. Die Möglichkeiten seien mehrere: Den Wolf ein zweites Mal ausrotten, die Tiere nicht mehr auf die Almen bringen, damit gebe es keine Risikokonflikte. Die dritte Möglichkeit wäre es indes, beide Bereiche zu managen – also ein Wolfs- und ein Herdenmanagement aufzubauen, damit werde das Risiko immer kleiner. Es brauche demnach beide Managementpläne, die einen Risikoplan ergäben, mit dem die Schäden minimiert werden könnten. Der vorliegende LGE beziehe sich ausschließlich auf das Wolfsmanagement, der Herdenschutz werde als nicht zumutbar gesehen – dies sei er aber sehr wohl.

Paul Köllensperger (Team K) erklärte, dass er inhaltlich kein großes Problem mit dem LGE habe – es brauche eine Lösung, die Landwirte müssten eine Möglichkeit haben, ihre Tiere zu schützen. Er sei der Meinung, dass der hohe Schutzstatus des Wolfes heute keine Berechtigung mehr habe. Was es aber nicht brauche sei: Gesetze, von denen alle – alle hier – wüssten, dass sie angefochten würden. Das bedeute “an der Nase herumführen” für Wahlkampfzwecke. In den fünf Jahren seit dem letzten erfolglosen Versuch sei nichts passiert, jetzt vor den nächsten Wahlen bekomme man es eilig. Projekte, die LR Schuler vorgesehen hatte, seien nicht umgesetzt worden, aber man habe nun ein Gesetz, von dem man wisse, dass es nicht halte – so ehrlich müsse man sein. Auch die Durchführungsverordnungen, die es für das Gesetz bräuchte, habe man nicht. Wenn er etwas Ähnliches machen würde, würde die Mehrheit sagen, er sei unseriös, unkompetent und populistisch. Die Art und Vorgehensweise, das “an der Nase herumführen” der Wähler – damit könne er sich nicht anfreunden.

Schuler verweist auf gestiegene Erwartungshaltung

LR Arnold Schuler erklärte, es gebe kaum ein anderes Thema, das so viel Zeit und Energie in Anspruch genommen habe wie der Wolf. Die Erwartungshaltung sei gestiegen. Es sei der Landesregierung Untätigkeit vorgeworfen worden, doch man habe sehr wohl reagiert, bereits bevor es Wölfe im Land gegeben habe. Bereits im Frühjahr 2014 sei eine Studie vorgestellt worden, die sich mit den Möglichkeiten des Herdenschutzes auf Almen im Meraner Raum beschäftigt habe. Mit den ersten Rissen habe sich das Klima geändert. Es habe unzählige Treffen auf nationaler und internationaler Ebene gegeben, um Druck zu machen. Es werde immer wieder gefragt, warum keine grenzübergreifenden Lösungen gemacht würden; das sei aber nicht möglich. Zum genannten Beispiel Schweden wolle er sagen, dass es vonseiten des Europäischen Gerichtshofes schon zwei Mal Interventionen gegeben habe. In Südtirol habe man nicht nur den Europäischen Gerichtshof, sondern auch den Staat und das Verwaltungsgericht. Die Voraussetzung sei deshalb eine andere als in anderen Ländern. Die Stimmung – auch im Landtag – sei eine andere als noch vor einigen Jahren, ebenso in der Agrarkommission. Man habe in dieser vor einiger Zeit einen Wolfsmanagementplan vorgelegt, er habe damals als einziger dagegen gestimmt, weil die Entnahme nicht vorgesehen war. Inzwischen sei der Plan angepasst worden, doch er werde blockiert, weil die Entnahme drin sei. Das Landesgesetz von 2018 sei angefochten worden, doch man habe vor dem Verfassungsgericht recht bekommen – aber in der Umsetzung habe es gehapert. Man habe monatelang auf die Ispra-Gutachten gewartet. Mittlerweile habe sich das politische Klima geändert, die Anzahl der Risse habe zugenommen. Der staatliche Wolfsmanagementplan habe ein Pilotprojekt für die autonomen Provinzen vorgesehen, aber um eine neue Rechtsgrundlage zu schaffen müsse proaktiv gehandelt werden. Der vorliegende Gesetzentwurf habe gute Chancen zu halten; er sei gemeinsam mit Vertretern des Bauernbundes erarbeitet worden: Zusammen habe man nach Spielräumen gesucht. Es seien aber noch weitere Maßnahmen notwendig. Er sei jedoch überzeugt davon, dass mit dem vorliegenden Entwurf wichtige Schritte gemacht würden. Zu den fehlenden Durchführungsverordnungen wolle er sagen, dass die zur Verfügung stehende Zeit kurz gewesen sei und das Thema dazu ein besonderes. Doch es werde so sein, dass ein großer Teil dessen übernommen werde, was im Beschluss der Landesregierung bereits drinnen sei. Er werde sich bemühen, die Verordnungen bald vorzulegen.

LR Waltraud Deeg, die von den Bänken der Abgeordneten sprach, sagte, wenn man mit Menschen unterwegs sei, die in den Wald gingen, dann spüre man, dass das Thema Sicherheit ein großes sei – dieses gelte es, sehr, sehr ernst zu nehmen. Denn mit dem Gefühl der fehlenden Sicherheit einher gingen mitunter Radikalisierungen oder Selbstschutz. Die Aufgabe des Gesetzgebers sei es, für Sicherheit zu sorgen und die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Menschen leben, arbeiten und ihre Freizeit haben können. Es gelte Lösungen zu finden, nichts tun gehe nicht. Man müsse aufeinander zugehen und Lösungen finden. Sie hoffe, dass das Gesetz halte und dass auch auf EU-Ebene etwas getan werde. Dies sei notwendig, denn sonst verlören die Menschen das Vertrauen in Rechtsstaatlichkeit und demokratische Systeme.

Bezirk: Bozen