Von: mk
Bruneck – Unlängst fand in Bruneck auf Einladung des Beirats für Integration und Migration der Stadtgemeinde Bruneck eine spannende Gesprächsrunde statt, bei der Kandidatinnen und Kandidaten verschiedenster Parteien im Vorfeld der anstehenden Landtagswahlen zu den Herausforderungen, den akuten Baustellen und den Chancen in Bezug auf Migration in Südtirol Stellung beziehen konnten.
In seiner Begrüßung unterstrich der Vorsitzende des Beirats für Integration und Migration, Leon Pergjoka, das stetige Bemühen des Beirats, die Diskussion rund um Integration und Migration in den Fokus der Gesellschaft zu rücken und sie zu fördern. Pergjoka, ursprünglich aus dem Kosovo stammend und seit vielen Jahren in Bruneck ansässig, wo er als Lehrer arbeitet und sich ehrenamtlich in verschiedensten Bereichen engagiert, weiß um die Schwierigkeiten einer gelungenen Integration, denn nach wie vor gebe es Vorurteile und Missstände.
Umso wichtiger ist die Arbeit des zehnköpfigen Beirats, den es in Bruneck seit nunmehr acht Jahren gibt, entsprechende Sensibilisierungsarbeit zu leisten – in diesem Fall in Form einer Podiumsdiskussion, bei der sich die Vertreterinnen und Vertreter der unterschiedlichen Parteien zu ihrer jeweiligen Position in punkto Migration erklären konnten. Eine Initiative, welche der Beirat bereits im Zuge der Landtagswahlen 2018 ins Leben gerufen hatte, und die auch in der aktuellen Auflage vom Brunecker Bürgermeister Roland Griessmair und vom Vizebürgermeister Antonio Bovenzi begrüßt wurde. Schließlich gebe es kein Thema, bei welchem, gerade in Wahlzeiten, mit populistischen Parolen so um sich geworfen würde, als bei diesem, so Griessmair.
Die Diskussion mit Moderatorin Judith Steinmair und Leon Pergjoka gestaltete sich dann auch intensiv und drehte sich beispielsweise um Fragen, ob und inwiefern die jeweiligen Parteien das Thema der Migration auf ihrer Agenda haben, wie wir als Gesellschaft ganz allgemein mit dem Thema sachgerecht umgehen können, wo die Gründe für Ängste und Ablehnung liegen oder welche Rolle Aufklärung und dementsprechend auch die Verantwortung der Politik und der Medien spielen. Und wo es ganz konkret Verbesserungsbedarf gibt beziehungsweise sich durch die Vielfalt auch neue Möglichkeiten eröffnen.
Denn wenn wir heute von sprachlicher und kultureller Vielfalt in Südtirol sprechen, so hat sich deren Bedeutung in den vergangenen 30 Jahren stark verändert. Einst auf die drei Sprachgruppen bezogen, ist die Bevölkerung mit Migrationshintergrund im stetigen Wachstum begriffen, die mittlerweile knapp 60.000 Bürgerinnen und Bürger mit Migrationsgeschichte entsprechen fast zehn Prozent der Gesamtbevölkerung in Südtirol.
Diese neue Realität spiegelte sich auch in der Zusammensetzung der Gesprächsrunde wider. Drei der insgesamt acht teilnehmenden Parteien wurden von Kandidatinnen und Kandidaten mit Migrationshintergrund vertreten – Fatnassi Chafai (Verdi Grüne Vërc), Bassamba Diaby (PD), Dhurata Tusha (La Civica) -, die sehr eindrucksvoll die Sachlage in Südtirol aus ihrer eigenen Sicht schildern konnten und sich allesamt für einen menschenwürdigen Umgang und für eine Differenzierung der Thematik aussprachen. Eine Forderung, der sich im Grunde auch die restlichen Kandidatinnen und Kandidaten anschlossen, Dieter Mayr (SVP), Maria Elisabeth Rieder (Team K), Thomas Franz (Süd-Tiroler Freiheit), Davide Barbieri (Movimento 5 Stelle) und Christian Bianchi (Lega – Uniti per l’Alto Adige).
Der Grundtenor: Es braucht gegenseitigen Respekt und Verständnis, Dialog und Zusammenhalt, um etwaige Probleme zu lösen. Die wichtigste Grundlage für eine gelungene Integration sei die Bildung und die Sprache, angefangen bei den Kindern. Es gab aber auch kritische Töne, etwa in Bezug auf ebendieses derzeitiges Bildungssystem (5 Stelle und STF), auf die institutionelle Diskriminierung und die ausufernde Bürokratie (PD, La Civica, Grüne), den mangelnden Zusammenhalt der Gemeinden (Lega), die Sicherheit (STF) oder die Rolle der Medien, deren Berichterstattung viel zu häufig nur mit Negativbeispielen behaftet sei. Einig im Grunde waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aber auch über den Mehrwert der neuen Bürgerinnen und Bürger, nicht zuletzt in Bezug auf den Arbeitsmarkt.
Alles in allem eine sehr moderate Auseinandersetzung mit dem Thema, ohne jedoch konkrete Visionen zu entwickeln. In seinen Abschlussworten zeigte sich der Beirats-Vorsitzende Leon Pergjoka dann auch ein wenig ernüchternd, in den vergangenen fünf Jahren würden sich das Thema Integration und Migration keine wirklichen Fortschritte, sondern ehr Rückschritte zeigen.