Soldaten durchkämmten das Spital

Laut Israel Geisel-Leiche beim Shifa-Krankenhaus geborgen

Donnerstag, 16. November 2023 | 22:49 Uhr

Von: APA/dpa

Die israelischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben die Leiche einer Geisel aus einem Nachbargebäude des Shifa-Krankenhauses im Gazastreifen geborgen. Militärangaben zufolge wurde die Frau von Terroristen der Hamas ermordet. Die Streitkräfte hätten die Frau nicht rechtzeitig erreicht, sagte Armeesprecher Daniel Hagari Donnerstagabend. Wie genau die Entführer sie getötet haben, teilte er nicht mit. Die Leiche der Frau wurde nach Israel gebracht und dort identifiziert.

Sie sei am 7. Oktober bei dem Massaker der Hamas aus dem israelischen Grenzort Beeri entführt worden. Für ihre Familie sei es jetzt zu spät, sagte ihre Tochter israelischen Medien zufolge. Aber damit die anderen Geiseln nicht ein ähnliches Schicksal ereilt, müssten sie nun nach Hause gebracht werden, forderte sie demnach.

In dem Gebäude, in dem Streitkräfte die Leiche entdeckten, fanden sie den Angaben nach auch militärische Ausrüstung wie Maschinenpistolen vom Typ Kalaschnikow und Panzerfäuste. Die Armee habe die Familie der Toten am Donnerstag informiert. Israelischen Medien zufolge ist sie 65 Jahre alt. Den Angaben nach wurde ihr Mann nach dem Massaker der Hamas am 7. Oktober erschossen im Schutzraum des Hauses des Paares gefunden. Die beiden haben demnach fünf Kinder.

Israels Armee ist derzeit mit Einsatzkräften in der größten Klinik des Gazastreifens. Soldaten fanden dort Kommandozentren, wie ein Militärvertreter sagte. Hunderte Patienten und Mitarbeiter halten sich demnach noch dort auf. Wie Donnerstagabend bekanntgegeben wurde, legte Israels Armee einen Hamas-Tunnel auf dem Spitalsgelände frei. Das Militär veröffentlichte ein Video, das den Schacht zwischen Gebäuden des Krankenhauses zeigen soll.

Außerdem sei auf dem Gelände ein mit Sprengfallen versehenes Fahrzeug mit einer großen Menge an Waffen, Munition und Handschellen entdeckt worden. Es sei für das Hamas-Massaker in Israel und die Geiselnahmen vorbereitet worden, vermutet die Armee diesen Angaben nach.

Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu sieht einem US-Medienbericht zufolge “starke Hinweise” darauf, dass Geiseln von der Hamas im größten Krankenhaus des Gazastreifens festgehalten wurden. Das sei einer der Gründe für den Einmarsch israelischer Soldaten in die Shifa-Klinik gewesen, sagte der Ministerpräsident am Donnerstag (Ortszeit) dem amerikanischen Fernsehsender CBS. Falls sie in dem Krankenhaus gewesen seien, seien sie herausgeholt worden.

Auch im Rantisi-Krankenhaus sei ein Tunnel entdeckt worden, berichtete das israelische Militär weiter. Zudem seien im Al-Kuds-Krankenhaus Waffen und Munition aufgespürt worden. Das Militär veröffentlichte Fotos der Funde. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Israel steht international wegen des Einsatzes im Shifa-Krankenhaus, dem größten Klinik-Komplex des Gazastreifens, in der Kritik. Einige Staaten werfen dem Land Kriegsverbrechen vor. Laut humanitärem Völkerrecht sind Angriffe auf zivile Ziele wie Krankenhäuser verboten. Wenn zivile Objekte allerdings für militärische Zwecke missbraucht werden, gilt dies nach Ansicht von Völkerrechtlern nicht mehr zwangsläufig.

Laut Verteidigungsminister Joav Galant übernahm Israel unterdessen die Kontrolle über den westlichen Teil der Stadt Gaza. “Die nächste Phase hat begonnen”, sagte Galant am Donnerstag nach Angaben seines Büro. Wie diese Phase des Gazakriegs konkret aussehen soll, ließ der Verteidigungsminister offen. “Die Streitkräfte gehen präzise und entschlossen vor.” Soldaten hätten den Westteil von Gaza-Stadt innerhalb der vergangenen 24 Stunden unter Kontrolle gebracht, hieß es.

Terroristen der islamistischen Hamas und anderer Gruppierungen waren am 7. Oktober in einem beispiellosen Überraschungsangriff über die Grenze nach Israel gekommen und hatten dort rund 1.200 Menschen getötet. Sie zogen mordend durch israelische Ortschaften im Grenzgebiet und griffen ein Musikfestival an. Rund 240 Menschen wurden in den Gazastreifen verschleppt und dort als Geiseln festgehalten.