Anträge

Leere Wohnungen und eigene Post als Themen im Landtag

Mittwoch, 05. Juni 2019 | 19:03 Uhr

Von: luk

Bozen – Anträge der Freiheitlichen, der Demokratischer Partei und der Süd-Tiroler Freiheit zu den Themen “Leere Wohnungen, Bozner Gefängnis und eigene Post”, sind am Mittwochnachmittag im Landtag behandelt worden.

Beschlussantrag Nr. 78/19: GIS-Anpassung – Vorhandenen Wohnraum nutzen (eingebracht von den Abg. Leiter Reber, Mair am 29.03.2019). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, im Landesgesetz Nr. 3/2014 eine Erhöhung der Gemeindeimmobiliensteuer für länger leerstehende Wohnungen auf 15 Promille sowie eine Herabsetzung des GIS-Satzes für die Vermietung von Wohnungen an Einheimische auf zwei Promille vorzusehen.

“In Südtirol stehen landesweit Tausende Wohnungen leer”, bemerkte Andreas Leiter Reber (Freiheitliche). “Schätzungen zufolge sind allein in der Landeshauptstadt Bozen rund 4.000 Wohnungen vom spekulativen Leerstand betroffen. Um in Anbetracht der großen Nachfrage nach Wohnraum einem weiteren Preisanstieg entgegenzuwirken und gleichzeitig eine Reduktion des Bodenverbrauchs sicherzustellen, müssen leerstehende Wohnungen in Privatbesitz gezielt dem Mietwohnungsmarkt zugeführt werden. Um bereits bestehenden Wohnraum nicht der Spekulation zu überlassen, müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die das Vermieten attraktiver machen. Eine Senkung des GIS-Steuersatzes auf leerstehende Wohnungen, welche als Erstwohnung an Einheimische vermietet werden, würde einen entsprechenden finanziellen Anreiz für Vermieter darstellen. Parallel dazu könnten höhere Steuersätze auf nicht vermietete Zweitwohnungen angewandt werden, um zu deren Vermietung anzuregen.”
Gerhard Lanz (SVP) wies darauf hin, dass das Anliegen bereits in Umsetzung sei.

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) unterstützte den Antrag, bat aber um Klärung, was man alles unter Einheimischen verstehe.
Auch Peter Faistnauer (Team Köllensperger) bat um Klärung zum Begriff.

Riccardo Dello Sbarba (Grüne) kündigte Unterstützung an. Er habe aber Bauchweh, wenn man die Landeregierung auffordere, einen Gesetzesvorschlag einzubringen. Jeder Abgeordnete habe das Recht, Gesetzentwürfe einzureichen, und sollte dieses Recht nicht an die Landesregierung abgeben.

Der entsprechende Gesetzentwurf sei schon seit langem vorbereitet, erklärte LH Arno Kompatscher, das sei sein persönliches Wahlkampfthema gewesen. Im Landtag scheine Einhelligkeit dazu zu bestehen, aber es gebe auch Widerstand, etwa von den Wohnungseigentümern. Es gebe bereits Gespräche mit dem Gemeindenverband, der das Ganze abwickeln müsse. Mit “Einheimischen” würden man in die Diskriminierungsfalle tappen, man müsse, wenn schon, von Ortsansässigen sprechen, auch wenn sie von außen zugezogen seien. Der Gesetzentwurf sehe eine Förderung für jene vor, die freiwillig zum günstigen Zins vermieteten.
Andreas Leiter Reber stellte klar, dass er mit Einheimischen die Ansässigen gemeint habe.
Der Antrag wurde mit 15 Ja und 16 Nein abgelehnt.

Beschlussantrag Nr. 104/19: Bozner Gefängnis (eingebracht vom Abg. Repetto am 20.05.2019). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, den Bau des Bozner Gefängnisses als prioritär zu behandeln und umgehend ein Verwaltungs- und Rechtsetzungsverfahren in die Wege zu leiten, damit die für 2019 geplanten Bauarbeiten endlich in Angriff genommen werden können.

“Seit Jahren ist das Bozner Gefängnis ein Gebäude am Rande des Zusammenbruchs, das völlig unzulänglich und ungeeignet ist, um die Würde sowohl der dort beschäftigten als auch der inhaftierten Personen zu gewährleisten”, erklärte Sandro Repetto (Demokratische Partei). “Nach einem Besuch im Gefängnis bezeichnete es Landeshauptmann Arno Kompatscher als eine Schande für unsere Gemeinschaft. Der Bau des neuen Bozner Gefängnisses hätte im Juni 2016 abgeschlossen werden sollen, doch trotz des dringenden Bedarfs, der von mehreren Behörden und von der Gefängnisdirektorin selbst signalisiert wurde, steht ein Bauabschluss noch in weiter Ferne.” Es gehe vor allem darum, zu verstehen, wie prioritär der Landesregierung das Anliegen sei.

Brigitte Foppa (Grüne) berichtete von ihrem letzten Besuch im Bozner Gefängnis, das wirklich so sei, wie sich ein Kind ein Gefängnis vorstelle. Die Häftlinge dürften nur wenige Stunden im Freien verbringen, d.h. in einem engen Hof mit hohen Mauern, in dem die Luft stehe, und müssten die meiste Zeit in der Zelle verbringen, auch im Sommer.
In diesem Staat riskiere man leicht einen Aufenthalt im Gefängnis, meinte Josef Unterholzner (Team Köllensperger), umso mehr sollte man sich um humane Haftbedingungen kümmern. Die Firma Condotte sei bekanntlich in Schwierigkeiten, und man sollte überlegen, den Auftrag an den Wettbewerbszweiten zu erteilen.
Ulli Mair (Freiheitliche) bezeichnete das Gefängnis als menschenunwürdig, auch für jene, die dort arbeiten müssten.

Das eigentliche Problem sei die Überfüllung, meinte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Ein Gefängnisaufenthalt sei kein Wellnessurlaub, das sei auch zu sehen. Gefängniswärter hätten ihm berichtet, dass ein strukturierter Alltag in diesem Ambiente sehr wichtig sei. Gefängnisse erfüllten aber nicht den Zweck, den wir gerne hätten, nämlich dass die Häftlinge das Gefängnis geläutert verlassen. Es bleibe im Grunde eine Bestrafung, und es solle ja auch eine abschreckende Wirkung haben. Nichtsdestoweniger sei er für eine Erneuerung dieses Gefängnisses.

LR Massimo Bessone teilte die vorgebrachten Stellungnahmen. Eine Überfüllung gebe es in den meisten Gefängnissen. Er erinnerte an die Vorgeschichte zum Neubau bis zur Vergabe an Condotte AG. Innerhalb 2019 werde die Dienststellenkonferenz alle Unterlagen prüfen, dann werde man prüfen, ob die Firma die rechtlichen Voraussetzungen erfülle. Nur bei einem positiven Urteil erhalte sie den Auftrag.

Ein Gefängnis sei natürlich kein Urlaubsort, meinte LH Arno Kompatscher, verwies aber auch auf Cesare Becaria, der als erster auf den Erziehungsauftrag der Gefängnisse hingewiesen habe. Diese Funktion müsse gewährleistet sein, sei heute aber nicht gegeben.
Der Antrag wurde mit 15 Ja und 18 Nein abgelehnt.

Beschlussantrag Nr. 105/19: Post in Südtirol. (eingebracht von den Abg. Atz Tammerle und Knoll am 20.05.2019). Der Landtag fordert ein funktionierendes und zuverlässiges Postwesen für Südtirol und beauftragt die Landesregierung daher, den Vertrag mit der italienischen Post aufzukündigen und mit den Postunternehmen der benachbarten Staaten in Verhandlungen zu treten, um einen Kooperationsvertrag für die gesamte oder teilweise Briefabwicklung in Südtirol abzuschließen.

Der Postdienst in Südtirol habe sich weiter verschlechtert, erklärte Myriam Atz Tammerle, ein Brief von Innsbruck nach Südtirol sei billiger als innerhalb Südtirols. “Durch die Liberalisierung des Postwesens besitzt die italienische Post kein Monopol mehr auf die Briefzustellung, das heißt, das Land hätte zwei Möglichkeiten, um unabhängig von der italienischen Post die Briefzustellung zu organisieren: 1. Das Land schließt mit dem Postunternehmen eines anderen Staates einen Vertrag für die Übernahme der gesamten Briefabwicklung ab. Als Beispiel sei das Fürstentum Liechtenstein genannt, dessen Postabwicklung über viele Jahrzehnte hinweg zuerst von der österreichischen Post und dann von der schweizerischen Post organisiert wurde. 2. Das Land organisiert die Annahme und Verteilung der Post innerhalb Südtirols eigenständig und schließt mit einem ausländischen Postpartner einen Vertrag für die internationale Briefabwicklung ab. In Europa gibt es viele Beispiele für autonome Gebiete, die ihre Post selbst verwalten und auch eigene Briefmarken drucken können.”

Laut Alex Ploner (Team Köllensperger) ist das Abkommen mit der Post das Papier nicht wert. Der Landeshauptmann sei aber am Verhandeln, und diese Zeit wolle man ihm zugestehen. Eine Vergabe an einen ausländischen Dienst sei schwierig, weil verschiedene Zustellungen vertraglich oder gesetzlich gebunden seien, etwa die Zustellung von Bescheiden. Das Schweigen der Post-Personalchefin sei unverständlich angesichts der Arbeitsbedingungen. Ploner schlug eine Vertagung vor. Wenn die Verhandlungen nicht fruchteten, dann sollte man einen Schnitt machen.

Die Konfusion bei der Post sei größer geworden, meinte Franz Locher (SVP). Südtirol wäre imstande, den Dienst zu organisieren, das Land oder die Gemeinden. Den Postbediensteten gebühre Respekt, ohne sie wäre alles längst zusammengebrochen.

Sven Knoll (STF) präzisierte, dass es bei Briefen und Paketen bereits eine Liberalisierung gegeben habe, und auch das Mailänder Abkommen ermögliche eine Übernahme des Postdienstes. Die Verteilung sei ohne weiteres möglich. Für internationale Post brauche es hingegen internationale Verträge, daher sollte wenigstens diese Post einem ausländischen Dienst übergeben werden.

Dem Antrag fehle ein Schritt, erklärte LH Arno Kompatscher. Im Mailänder Abkommen stehe nichts von der Übernahme der Post, sondern der Kosten dafür, man müsste erst mit der Regierung den rechtlichen Rahmen verhandeln. Auch die von den Einbringern genannten Beispiele (Aland, Färöer usw.) beruhten auf Abkommen mit den jeweiligen Staaten. Derzeit verhandle man über einen neuen Vertrag. Bisher habe man nichts bezahlt, weil der Vertrag noch nicht umgesetzt wurde. Man wolle zweisprachiges Personal mit unbefristeten Beträgen, eine Zustellung bis 13.00 Uhr von Montag bis Samstag und eine Qualitätsmessung. Der heutige Vertrag sei gescheitert, weil die Post vieles auf die leichte Schulter genommen habe und weil sie zu ihren Bedingungen kein Personal finde. Wenn der neue Vertrag nicht zustande komme oder nicht umgesetzt werde, müsse man neue Wege gehen. Aber auch das seien keine kurzen Wege. Kompatscher teilte auch mit, dass das Land die Übertragung der Rai übernehmen wolle, die derzeit schlecht empfangen werde. Aber die römische Bürokratie bremse das Vorhaben.

Die Debatte wird morgen wieder aufgenommen.

Bezirk: Bozen