Von: luk
Bozen – Der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher führt die vom Verteidigungsministerium eingeleiteten Vorbereitungen für Grenzkontrollen am Brenner auf das Wahlkampf-Klima in Österreich zurück. Die Aktivierung der Grenzkontrollen am Brenner sei eine “interne Botschaft” an die Wählerschaft, sagte Kompatscher nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur ANSA.
Österreichs Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil hat am gestrigen Montag angekündigt, dass angesichts zunehmender Flüchtlingsankünfte in Italien die Grenzkontrollen zu Italien aktiviert werden und das Bundesheer zum Einsatz kommen soll. „Diese Meldung ist nichts Neues“, erwidert Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher, „Österreich hat bereits in der Vergangenheit öfters mitgeteilt, dass man alle Vorbereitungen trifft, um ein rigides Grenzmanagement zur Anwendung bringen zu können.“
Dass das Thema nun wieder aktuell ist, habe sicher mit dem gestiegenen Flüchtlingszustrom aus dem Mittelmeer und der vehementen Aufforderung Italiens zu europäischer Solidarität zu tun, erklärt Landeshauptmann Kompatscher. Die Lage am Brenner sei nach wie vor ruhig und stabil. Zudem habe die EU Kontrollen am Brenner, die über das Schengen-Regime hinausgehen bisher nicht zugestimmt.
Kompatscher berichtete, er habe Kontakt zu Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) aufgenommen, um sich ein Bild der Lage zu machen. Man müsse gemeinsam für eine Lösung der Flüchtlingsproblematik im internationalen Rahmen arbeiten. Dies müsse im “Geist europäischer Solidarität unter allen EU-Mitgliedsstaaten” erfolgen. Italien dürfe im Umgang mit der Flüchtlingsproblematik nicht allein gelassen werden.
Die Südtiroler Parlamentarierin der rechtskonservativen Oppositionspartei Forza Italia, Michaela Biancofiore, warnte vor der Gefahr, dass der Brenner zu einem “enormen Flüchtlingslager nach Calais-Vorbild” werden könnte. “Die Schäden für den Südtiroler Tourismus wären enorm”, so die Parlamentarierin.
Biancofiores Parteikollege, der Fraktionschef der Forza Italia im Senat, Paolo Romani, meinte, dass die EU keinerlei reale Absicht hege, Italien bei der Bewältigung der Flüchtlingsproblematik zu unterstützen. “Österreichs Verhalten bezeugt wieder einmal, dass Italien ganz sich selbst überlassen ist”, klagte Romani.
Der Sekretär der Lega Nord im Trentino, Maurizio Fugatti, kritisierte die “Unfähigkeit” der italienischen Regierung im Umgang mit dem Flüchtlingsnotstand. Österreich schließe seine Grenzen, da Italien den EU-Partnern keine Garantien gebe, dass die Flüchtlingswelle gestoppt werde. “Wenn Italien nicht so rasch wie möglich seine Häfen schließt, droht der Brenner angesichts der österreichischen Grenzschließung zum Lampedusa des Nordens zu werden”, so Fugatti.
Für Tirols Polizeichef Brenner-Kontrollen “kein Thema”
Für den Tiroler Landespolizeidirektor Helmut Tomac sind Grenzkontrollen am Brenner derzeit “kein Thema”. Die Vorbereitungen des Verteidigungsministeriums seien “aufgrund der Entwicklung auf der Brennerroute in keiner Weise nachvollziehbar”, sagte Tomac im Gespräch mit der APA. Selbstverständlich sei es aber “Angelegenheit des Bundesheers auch allfällige Vorlaufzeiten” zu berücksichtigen.
Derzeit sei für die Schengen gemäßen Hinterlandkontrollen eine Gruppe von rund hundert Mann im Einsatz. Die Aufgriffszahlen würden sich dabei im langfristigen Trend bewegen, also zwischen 15 bis 25 illegale Migranten pro Tag. Am Wochenende würden bis zu 40 registriert. “Derzeit gibt es auf der Brennerroute keine Auffälligkeiten”, betonte Tomac. Beispielsweise seien in der Kalenderwoche 25 im vergangenen Jahr 168 Aufgriffe verzeichnet worden, heuer waren es in derselben Woche 86.
Freilich sei die gestiegene Zahl der Anlandungen in Italien ein Alarmsignal. Es gebe zur Zeit aber keine Informationen von den italienischen Verbindungsbeamten, dass sich eine große Zahl von Menschen vom süditalienischen in den norditalienischen Raum bewege, so der Landespolizeidirektor.