Von: apa
Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hat am Mittwoch im Gemeinderat antisemitische und israelfeindliche Tendenzen verurteilt – zugleich aber auch die Subvention an die Wiener Festwochen verteidigt, die zuletzt diesbezüglich mit Kritik konfrontiert waren. Anlass für die Ausführungen war eine von der ÖVP an den Stadtchef gerichtete dringliche Anfrage zu Maßnahmen gegen Antisemitismus.
In dieser wurde Bezug auf die jüngsten Vorfälle bzw. Entwicklungen genommen – also etwa die Debatte um die Festwochen. Auslöser war die Mitwirkung der französischen Schriftstellerin Annie Ernaux und des griechischen Ökonomen Yanis Varoufakis, denen ein problematisches Verhältnis zu Israel bzw. dem Terrorakt vom 7. Oktober vorgeworfen wird. Beide treten nicht persönlich auf. Sie sind Mitglieder eines “Rats der Republik”, eine Art fiktives Festwochen-Parlament.
Literaturnobelpreisträgerin Ernaux unterstützt die Israelboykott-Kampagne BDS, ist aber kein Mitglied. Die Organisation spricht sich in Teilen gegen das Existenzrecht Israels aus. Ökonom Varoufakis hat eine Petition für den Ausschluss Israels von der Venedig-Biennale unterschrieben, im Text wird Israel “Völkermord” vorgeworfen, der Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober dagegen völlig verschwiegen.
Die Politik in Wien hat sich bereits geschlossen ablehnend zu der geplanten Mitwirkung der französischen Autorin geäußert. Kürzlich wurde im Gemeinderat ein entsprechender Resolutionsantrag von allen Parteien unterstützt – also auch von der SPÖ. Der Wiener Gemeinderat sei Repräsentant der Menschenrechtsstadt Wien und stehe in seiner Tradition für die strikte Bekämpfung von Antisemitismus, in welcher Form auch immer, wurde betont. Antisemitismus sei inakzeptabel und dürfe nicht toleriert werden, insbesondere im Zusammenhang mit einer öffentlichen Veranstaltung.
Doch auch auf den Anstieg antisemitischer Vorfälle nach dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 wurde in der Anfrage verwiesen. Das “genozidale Massaker” stelle einen dramatischen Wendepunkt dar, es sei weltweit zu einer Vervielfachung von antisemitischen Vorfällen gekommen. In Österreich sei im Vorjahr ein Anstieg um fast 60 Prozent verzeichnet worden, hieß es.
Kritisiert wird, dass bei “propalästinensischen Kundgebungen” der Hamas-Angriff bejubelt werde. Auch an Universitäten würden Aktivisten das Massaker relativieren. Das jüngste Protest-Camp auf dem Uni-Areal im Alten AKH sei von antisemitischen Gruppierungen veranstaltet worden, wurde in der Anfrage ausgeführt. Es zeige, dass konkrete Maßnahmen dringend notwendig seien. Als besorgniserregend wurden auch die antisemitischen Parolen bewertet, die in Wien auf Hausfassaden gesprüht worden sind.
Ludwig versicherte, dass sich die Stadt gegen jede Form von Antisemitismus und Rassismus zur Wehr setze und jüdisches Leben und jüdische Einrichtungen unterstütze. “Es ist wichtig eine starke jüdische Gemeinde zu haben, nicht nur aus historischen Gründen”, betonte er. Er erinnerte auch an seine Rede bei der Gedenkkundgebung wenige Tage nach dem “verbrecherischen und unmenschlichen Massaker”.
Er sei froh und stolz über die Gespräche mit den Religionsgemeinschaften, die in Wien auch gemeinsame Projekte umsetzen würden. Zudem gebe es ein “gutes Einvernehmen” mit den Städten Jerusalem und Tel Aviv. Antisemitischen Tendenzen gelte es entgegenzuwirken. Er hob hervor, dass etwa Schmierereien auf Häusern der Stadt umgehend von der Gruppe Sofortmaßnahmen unkenntlich gemacht würden.
Die Subvention für die Festwochen verteidigte er, wobei er klarstellte, dass man keinen Einfluss auf das Programm fördernehmender Institutionen nehme – sofern in den Anträgen den geltende Richtlinien entsprochen worden sei. “Milo Rau hat in diversen Statements seine künstlerische Position überzeugend dargelegt”, befand er mit Verweis auf jüngste Aussagen des Festwochen-Intendanten.
Über die Positionierung könne man diskutieren, wichtig sei aber vor allem, dass diskutiert werde, meinte Ludwig. “Generell muss mehr gesprochen werden.” Das sei auch immer wieder von den Wiener Festwochen gefordert worden.” Der “Rat der Republik” sei ein künstlerisches, kein politisches Format. “Es geht hier um eine Spiegelung der Positionen im gesellschaftlichen Spektrum”, betonte der Bürgermeister.