Von: mk
Bozen – Das Ringen um die Zusammensetzung der neuen Landesregierung geht auch am Wochenende weiter. Weil noch immer unklar ist, wer von den italienischen Vertretern Landesrat wird, hat sich Rom nun direkt eingeschaltet. In einem Telefongespräch mit Arno Kompatscher sprach sich Regionenminister Roberto Calderoli am Samstag für ein Zweigespann aus Fratelli d’Italia und Lega in einer elfköpfigen Landesregierung aus.
In dieselbe Kerbe schlug auch Landwirtschaftsminister Francesco Lollobrigida. In der Zwischenzeit scheint der langjährige Politiker und aktueller PD-Senator Pier Ferdinando Casini auf Angelo Gennaccaro einzuwirken, damit dieser einen Schritt zur Seite macht.
Kompatscher hatte sich mit Casini bereits vor einigen Tagen ausgetauscht. Der Landeshauptmann möchte eine elfköpfige Landesregierung und eine 19-köpfige Mehrheit. Doch anstatt Fratelli d’Italia und Lega gemeinsam mit ins Boot zu holen, wäre ihm eine Kombination aus FdI und La Civicia mit Gennaccaro lieber. Dadurch wäre die Koalition weniger rechtslastig. Außerdem scheint die Chemie zwischen Kompatscher und Gennaccaro zu stimmen.
Doch Kompatscher muss auch die Rechnung mit Rom machen, wenn er seine Pläne vorantreiben will, verlorene Kompetenzen für Südtirols Autonomie zurückzuholen. Im Gespräch mit Calderoli brachte Kompatscher seine Argumente vor, doch das Lega-Urgestein blieb offenbar hart. Calderoli besteht darauf, dass neben Marco Galateo (FdI) auch Christian Bianchi Landesrat wird, der für die Lega in den Landtag gewählt wurde.
Obwohl von den Gesprächen hinter den Kulissen derzeit nur wenig an die Öffentlichkeit dringt, scheint sich beim Minister auch eine gewisse Ungeduld breit zu machen, zumal niemand damit gerechnet hat, dass sich die Frage der italienischen Vertretung in Südtirols neuer Landesregierung derart in die Länge zieht.
In Rom versteht man offenbar nicht, wohin Kompatscher eigentlich will, schreibt die Zeitung Alto Adige. Aus römischer Sicht wäre die Kombination aus Fratelli d’Italia und Lega eine ideale Spiegelung der Machtverhältnisse auf Staatsebene. Für Südtirol geht es etwa nicht nur um das Abkommen mit Wirtschaftsminister Giancarlo Girogetti zu den Landesfinanzen, sondern auch um eine endgültige Lösung in Zusammenhang mit der A22-Konzession und um die Arbeit, die in den paritätischen Kommissionen vorangebracht worden ist.
Immerhin ist in der Zwischenzeit die gemeinsame Regierungsvereinbarung der Mitterechts-Fünferkoalition von allen Partnern unterschrieben worden. Am 18. Jänner soll im Landtag der neue Landeshauptmann gewählt werden.
Die SVP-Granden rund um Kompatscher und Parteiobmann Philipp Achammer hatten zunächst klargemacht, dass der Ball nun bei den italienischsprachigen Partnern liege. Weil diese sich auf keine Personallösung einigen konnten, spielten Lega und Fratelli den Ball wieder an die SVP zurück.
Platzen die Verhandlungen, könnte es im schlimmsten Fall zu Neuwahlen kommen. Von den fünf Partnern will das allerdings niemand riskieren, da sich alle davor fürchten, an der Urne für ein Scheitern der Gespräche abgestraft zu werden. Insbesondere die SVP könnte weiter Stimmen an andere deutschsprachige Parteien verlieren.
Auch die Freiheitlichen sprechen sich inzwischen für eine elfköpfige Landesregierung aus – ebenso wie der SVP-Europaparlamentarier Herbert Dorfmann oder der Bozner SVP-Bezirksobmann Dieter Steger. Das Argument: Ist die Landesregierung größer, werden die Aufgaben besser verteilt. Auch wenn die Kosten höher ausfallen, profitiert davon letztendlich die öffentliche Verwaltung.
Von Kompatscher wird nun eine Entscheidung erwartet, um das Dilemma zu lösen und den Stillstand bei den Verhandlungen zu überwinden. Dies gilt nicht nur für die italienische Vertretung in der neuen Landesregierung, sondern auch für die Wahl der Landesräte aus den eigenen Reihen.