Anträge von Grünen und Freiheitlichen im Landtag

Männer in der Schule, Literatur und Hausmeister

Mittwoch, 05. April 2017 | 12:15 Uhr

Von: mk

Bozen – Der Südtiroler Landtag hat sich heute mit dem Beschlussantrag Nr. 503/15: Literarische Vor- und Nachlässe zeitgerecht sichern! (eingebracht von den Abg. Heiss, Dello Sbarba und Foppa am 5.11.2015) befasst. Die Landesregierung soll beauftragt werden: 1) In Zusammenarbeit mit dem Brennerarchiv Innsbruck, dem Südtiroler Künstlerbund, den Landesbibliotheken „Tessmann“ und „Claudia Augusta“ Bozen und der Freien Universität Bozen sowie den Kulturabteilungen ein Konzept zur Sicherung literarischer Vor- und Nachlässe unter den Gesichtspunkten von Zielen, Prioritäten, Trägern, Kosten- und Zeitrahmen erarbeiten zu lassen. 2) Das Konzept in relativ kurzer Frist zu überprüfen, zu verabschieden und für seine Umsetzung Sorge zu tragen.

“Aus sprach- und literaturgeschichtlichen Gründen sowie zur Dokumentation von Zeit- und Kulturgeschichte erscheint in Südtirol eine systematische, nicht dem Zufall überantwortete Aktion zur Sicherung literarischer Vor- und Nachlässe zunehmend angebracht”, erklärte Hans Heiss (Grüne), der auf Südtiroler Schriftsteller wie Josef Zoderer, Gerhard Kofler oder Maria Veronika Rubatscher verwies. “Denn zum einen erreicht eine Generation von Autorinnen und Autoren ein Lebensalter, in dem sich die Frage der Sicherung verstärkt stellt, zum anderen erschließt die Digitalisierung neue Möglichkeiten, um Nachlässe besser zu erfassen, auszuwerten und zugänglich zu machen. Mit relativ geringem Aufwand und überschaubaren Kosten könnten aktuell noch Vor- und Nachlässe gesichert werden, die in späterer Zeit u. U. entweder nicht mehr vorhanden sind oder nur zu teurem Preis erstanden werden könnten. Zudem steht das Brennerarchiv in Innsbruck als universitäres Forschungsinstitut als kompetente und bereitwillige Aufnahme und Bearbeitungsstelle mit bereits über 230 Nachlässen zur Verfügung.” Heiss erinnerte auch an die Anerkennung, die N.C. Kaser derzeit in seiner Heimatstadt Bruneck erfährt. Auch im italienischen und im ladinischen Kulturkreis würde man fündig werden.

Ulli Mair (Freiheitliche) hatte grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden. Schwierig werde es bei der Festlegung der Träger und der Prioritäten. Die Auswahl sollte nicht persönlichen Vorlieben folgen, es sei eine delikate Angelegenheit, die nach transparenten Kriterien erfolgen müsse.

Andreas Pöder (BürgerUnion) betonte, dass auch der geistig-kulturelle Wohlstand Südtirols in die Zukunft hinüberzuretten sei. Die Ausgaben dafür würden auch vom Bekanntheitsgrad des Autors abhängen, es sollte aber nicht zu einer versteckten Förderung werden. Pöder kündigte seine Unterstützung für den Antrag an.

Literatur sei leider meist ein Randthema, meinte Brigitte Foppa (Grüne), aber in den letzten Jahren habe sich viel getan, auch mit Autoren, die über Südtirol schreiben. Andererseits habe Südtirol einen Standortnachteil beim Verkauf literarischer Werke. Der Kauf von Vorlässen könne manchen auch das wirtschaftliche Überleben sichern. LR Philipp Achammer wies auf die Möglichkeiten des geltenden Gesetzes hin, aber auch auf Probleme, die bei solchen Ankäufen auftauchen, etwa die Frage, warum man einen Nach- oder Vorlass kaufe und einen anderen nicht. Es gebe eine Reihe von Kriterien, die aber teilweise nicht mehr dem heutigen Stand entsprächen. Vor allem mit dem Brennerarchiv arbeite man hervorragend zusammen und bekomme von dort immer wieder nützliche Hinweise. Derzeit arbeite man an neuen Kriterien, in Durchführung des Landeskulturgesetzes. Achammer lud Heiss an, daran mitzuarbeiten und den Antrag inzwischen auszusetzen. Hans Heiss nahm den Vorschlag an und beantragte die Vertagung. Er betonte, dass man ein Netzwerk aufbauen müsse, das über das Brennerarchiv hinaus gehe.

Beschlussantrag Nr. 565/16: Hausmeister – Anpassung der Funktionsebene (eingebracht von den Abg. Blaas, Leitner, Mair, Tinkhauser, Stocker S. und Oberhofer am 5.2.2016). Der Landtag möge die Landesregierung auffordern, sämtliche rechtlichen und verwaltungstechnischen Schritte einzuleiten, damit all jene Hausmeister der II. Funktionsebene, welche mittels regulären Landeswettbewerb das Berufsbild des Hausmeisters ausüben und die Befähigung als Heizkesselwärter und ein effektives Dienstalter von vier Jahren im Berufsbild Raumpfleger oder die Zugehörigkeit zu einem Berufsbild der II. Funktionsebene vorweisen, in die III. Funktionsebene übernommen werden.

“Im Jahr 2005 ist das an den Schulen tätige Gemeindepersonal an das Land übergegangen”, erklärte Walter Blaas (Freiheitliche). “Die Hausmeister, welche damals vom Land übernommen wurden, wurden sofort in die III. Funktionsebene übernommen. Hingegen wurden die Hausmeister, welche mittels regulären Landeswettbewerbs das Berufsbild des Hausmeisters ausübten, lediglich in der zweiten Funktionsebene beschäftigt. Obwohl diese die Befähigung als Heizkesselwärter und ein effektives Dienstalter von vier Jahren im Berufsbild Raumpfleger oder die Zugehörigkeit zu einem Berufsbild der II. Funktionsebene vorweisen mussten. Durch den Übergang des Personals an das Land wurden somit ungleiche Einstufungen bei gleichem Berufsbild geschaffen. In der Vergangenheit wurde zwar versucht dieses Ungleichheit mittels Zulage zu kompensieren, was leider überhaupt nicht sinnvoll und im Sinne der Arbeitnehmerschaft des betroffenen Berufsbilds geschah.” Es gehe hier um ein Stück Gerechtigkeit, um die Beseitigung der Folgen einer Flurbereinigung und eine überschaubare Anzahl von Personen, meinte Blaas.

Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) unterstützte den Antrag und verwies auf ein ähnliches Problem bei den Straßenwärtern. LR Waltraud Deeg erklärte, dass die Übernahme mit den Gewerkschaften verhandelt wurde. Laut Gesetz müsse der Übergang von einer Funktionsebene in die andere immer mit Wettbewerb erfolgen. Es gehe konkret um 13 Betroffene, und es würden Jahr für Jahr weniger. Die Lösung müsse im Verhandlungswege mit den Tarifpartnern erfolgen, nicht mit Beschlussanträgen. Für 13 Personen würden sich auch die Gewerkschaften nicht groß einsetzen, meinte Walter Blaas, der davor warnte, das Problem einfach auszusitzen. Für die Arbeit sei das nicht motivierend. Der Antrag wurde mit 13 Ja und 14 Nein abgelehnt.

Beschlussantrag Nr. 657/16: Männer gesucht – Mehr Lehrer in Schule und Kindergarten! (eingebracht von den Abg. Foppa, Heiss und Dello Sbarba am 22.8.2016). Die Landesregierung soll beauftragt werden: 1. Eine Werbekampagne, etwa nach den genannten Vorbildern, zu starten, mit dem Ziel, Männer und Jungen umfassend über eine Karriere im Kindergarten oder Grundschule zu informieren und Klischees zu korrigieren. Dabei soll eine Zusammenarbeit der Schulämter mit der Freien Universität Bozen, dem Beirat für Chancengleichheit und der Abteilung Bildungsförderung angestrebt werden. 2. Mit den in Südtirol tätigen BerufsberaterInnen und Organisatoren von Orientierungsprogrammen eine Strategie auszuarbeiten, um Jungen noch eingehender über die Arbeit in Kindergarten und Grundschulen zu informieren und spezifische Praktika für Jungen in diesen Einrichtungen besonders zu fördern. 3. Mit der Freien Universität Bozen Wege zu finden, um die Südtiroler Lehrerausbildung verstärkt an die Bedürfnisse und Interessen männlicher Studenten anzupassen. 4. Curricula und Rahmenrichtlinien darauf zu prüfen, ob Anpassungen zur Förderung der männlichen Präsenz in Kindergarten und Grundschule nötig bzw. möglich sind.

“Der Bildungsbereich in unserem Land ist bis zum Ende der Grundschule fest in weiblicher Hand”, stellte Brigitte Foppa (Grüne) fest. “In Kindergärten ist der Anteil männlicher Erzieher mit bloßem Auge kaum erkennbar und an unseren Grundschulen sind nur 293 der insgesamt 4.017 Lehrer Männer. Diese Daten gehen aus Erhebungen der ASTAT hervor. Dabei wäre es für die Kinder eine große Bereicherung, in diesen frühen Jahren sowohl weibliche und männliche Lehrkräfte als Rollenvorbilder zu erleben, da heutzutage immer mehr Heranwachsende das ganze erste Jahrzehnt ihres Lebens und teilweise darüber hinaus hauptsächlich mit Frauen zu tun haben: Mutter, Kindergartenerzieherin, Lehrerin. Gerade den Jungen fehlt dann ein komplementäres männliches Leit- und Gegenbild. Ein Hauptgrund, weshalb besonders junge Männer kaum Anreiz sehen, einer pädagogischen Ausbildung nachzugehen, dürften negative Vorurteile gegenüber dem Lehrberuf sein. Die Vorstellung von der bastelnden und malenden Lehrerin hält sich hartnäckig. Dabei ist es nach Auskunft vieler, die als Lehrpersonal in Schulen und Kindergärten arbeiten, ein anspruchsvoller, verantwortungsvoller und abwechslungsreicher Beruf.” Foppa verwies auf Werbekampagnen in Deutschland, Irland und der Schweiz, um Männer für diesen Beruf zu gewinnen. Ein Grund für das spärliche Interesse der Männer dürfte auch die geringere Entlohnung sein.

Andreas Pöder (BU) fand den Vorschlag grundsätzlich gut. Das genannte Defizit sei Tatsache, die Ursachen seien vielfältig. Wie man das beheben könne, sei schwer zu sagen.

Dieter Steger (SVP) sah das Männerdefizit in der Schule ebenfalls als Problem. Die Schlussfolgerungen in Foppas Antrag seien aber die falschen. Kompetenzen und Bedingungen seien nicht geschlechtsspezifisch. Man sollte stattdessen bei den Männern um mehr Verständnis für diesen Beruf werben.

Foppa habe ein wichtiges Thema angesprochen, das anderswo bereits breit diskutiert werde, bemerkte Veronika Stirner (SVP). Die Kinder seien derzeit vorwiegend mit weiblichen Bezugspersonen konfrontiert. Früher habe es viele männliche Volksschullehrer gegeben, heute nicht mehr. Dazu werde das Rollenbild beigetragen haben, noch mehr aber die Entlohnung, wobei diese in Südtirol durch die Landeszulage besser sei als in anderen Regionen Italiens. Aber wenn man die besten Lehrer haben wolle, müsse man auch für die entsprechende Bezahlung sorgen.

Das Anliegen sei berechtigt, meinte Ulli Mair (F). Die Erziehung sei heute fast ausschließlich in weiblicher Hand. Sie sprach sich aber dagegen aus, dass die öffentliche Hand den Männern sage, welchen Beruf sie zu ergreifen hätten.

Früher sei die Schule eher männerlastig gewesen, meinte Sven Knoll (STF), der “Herr Lehrer” habe auch ein gewisses Ansehen in der Gesellschaft gehabt, was heute nicht mehr der Fall sei. Im Kindergarten gebe es besondere Probleme, die Männer von diesem Beruf abhielten, wie eine Studie in Deutschland ergeben habe, etwa die ständige Gefahr, sich bei engem Kontakt mit Kindern gewissen Verdächtigungen auszusetzen. Man sollte am Ansehen des Berufsbilds und an der Überwindung von Stereotypen arbeiten.

Für Tamara Oberhofer (F) liegt die Ursache nicht so sehr in der Entlohnung, man müsse an den Lehrplänen und an der Didaktik arbeiten. Kinder hätten das Recht auch auf männliche Bezugspersonen.

In jüngerer Zeit seien Männer häufig negativ dargestellt worden, als gewalttätig und sexistisch, bemerkte Sigmar Stocker (F), jetzt würde man feststellen, dass sie fehlten. Die Männer hätten die Schnauze voll von diesem linken Palaver.

Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) sprach sich gegen Diskriminierungen und Quoten aus. Das Bild, das Foppa von der Schule zeichne, sorge ihn nicht, und er sehe keinen Anlass, künstlich nachzuhelfen. Die Berufswahl sei frei. Riccardo Dello Sbarba (Grüne) berichtete von seiner Schulzeit in der Toskana, wo der einzige männliche Lehrer an seiner Schule auch der beliebteste war. Es wäre für die Kinder nur von Vorteil, wenn sie mit beiden Geschlechtern zu tun hätten. Ob die Berufswahl wirklich spontan erfolge, sei erst zu überprüfen. Er erinnerte Stocker daran, dass in der linken Hälfte des Landtags die Männer noch weit in der Mehrheit seien. LR Philipp Achammer verwies auf die Ursachenforschung in Deutschland, wonach vor allem das Rollenverständnis und die Entlohnung als Problem gesehen würden – die Kindergärtnerin als “Basteltante” und der Lehrberuf als “zu wenig intellektuell und zu schlecht bezahlt”. Daher seien geschlechterspezifische Maßnahmen, wie im Antrag gefordert, nicht besonders sinnvoll. Eine Imagekampagne würde dagegen zu kurz greifen. In Deutschland hätten geschlechterspezifische Maßnahmen wenig gegriffen, man sollte dagegen mehr als Berufsbild arbeiten. Achammer bot an, den Antrag gemeinsam mit den Einbringern neu zu formulieren.

Es gehe bei diesem Thema auch um die Zukunft der Gesellschaft, betonte LR Christian Tommasini. Man müsse schon bei der Lehrerausbildung mehr auf die erzieherische Rolle Wert legen, und gerade unter diesem Aspekt sei ein Ausgleich unter den Geschlechtern wichtig. Tommasini schlug vor, den Antrag zu überarbeiten. Brigitte Foppa freute sich über den breiten Konsens zum Thema. Man müsse sich fragen, ob der Lehrberuf heute nicht mehr das frühere Ansehen habe, weil er vor allem von Frauen ausgeübt werde. Maßnahmen gegen Stereotype seien durchaus Aufgabe des Landes. Foppa nahm den Vorschlag auf, eine Arbeitsgruppe zum Thema zu bilden. Die Behandlung des Antrags wurde vertagt.

Bezirk: Bozen