Kommentar

Männer, Macht und Übergriffe

Dienstag, 24. Oktober 2017 | 09:59 Uhr

Von: mk

BozenSeit Wochen füllt der Fall des Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein die Schlagzeilen. Dabei stellt sich die Frage: Warum ließ man die Übergriffe jahrelang geschehen? Die Antwort scheint zu lauten: Hollywood ist überall.

So kamen erst kürzlich immer mehr Berichte über schwere sexuelle Belästigung im EU-Parlament ans Tageslicht. Insgesamt 87 Frauen und Männer berichteten bisher über EU-Arbeitsverträge als Gegenleistung für Sex, über Frauen, die zu Männern geschickt worden seien, um mit sexuellen Gefälligkeiten Entgegenkommen bei Gesetzestexten zu erwirken, und dergleichen mehr.

Erigierte Zigarren, bellendes Gelächter, anzügliche Anspielungen, ein Klaps auf den Po und vielleicht noch Schlimmeres – Männer mit Macht genießen offenbar immer noch eine Art Freifahrtschein.

Eine Studie der EU-Kommission aus dem Jahr 2016, bei der 27.818 Personen befragt wurden, zeigt auf erschreckende Weise, wie leicht es den Tätern oft gemacht wird.

27 Prozent gaben an, dass Geschlechtsverkehr ohne Einwilligung in mindestens einer der beschriebenen Situationen gerechtfertigt sein kann. Am häufigsten meinten die Befragten dies von Situationen, in denen die Betroffenen betrunken sind oder Drogen genommen haben (zwölf Prozent), freiwillig zu jemandem nach Hause mitgegangen sind (elf Prozent), provozierende oder sexy Kleidung tragen bzw. nicht deutlich Nein sagen oder sich körperlich nicht deutlich wehren (beide zehn Prozent).

Aufarbeitung im Fall Weinstein ist sicher nötig, doch man sollte nicht vergessen: Es handelt sich um keinen Einzelfall.

Bezirk: Bozen